Die Kinder im "Tüpfelchen" und Erzieherin Ruth Göttler werden bald neue Kinder kennenlernen, deren Eltern trotz Sommerferien arbeiten müssen. Foto: Müssigmann

Pilotprojekt in Horb: Stadt und Kirchen bieten berufstätigen Eltern eine Alternative, wenn Kindergarten geschlossen ist.

Horb - Jeder Kindergarten verordnet im Sommer drei Wochen Ferien. Wenn die Eltern bei der Arbeit nicht freinehmen können, haben sie ein Problem. Die Stadt Horb zündet die dritte Stufe ihres Konzepts zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Eltern können ihr Kind während der Ferien in einem der geöffneten Kindergärten unterbringen.

Oberbürgermeister Peter Rosenberger hat das Pilotprojekt gestern vorgestellt. 35 Kinder können während der Ferien ihres Kindergartens in einem anderen Kindergarten im Stadtgebiet unterkommen. Die Eltern müssen dafür eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers vorlegen, die belegt, dass sie während der Kindergartenferien keinesfalls freinehmen können. Wer den Bedarf bis 31. Mai bei der Stadt anmeldet, hat gute Chancen, dass das Kind während der Ferien des eigentlichen Kindergartens anderswo betreut wird.

Tageselternverein springt für unter Dreijährige ein

"Diese Neuerung ist eine wichtige Säule für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie", sagt Rosenberger. Bislang sei es vorgekommen, dass Familien zu Beginn der dreiwöchigen Sommerferien im Rathaus standen und nicht wussten: Wohin mit den Kindern? Dann wurde auf dem kurzen Dienstweg ein Kindergartenplatz oder eine Tageselternbetreuung organisiert, heißt es aus dem Rathaus. Künftig soll das geordneter ablaufen, mit Anmeldung, so dass die Betreuung geplant werden kann.

Wer sein Kind für das Pilotprogramm anmeldet, darf den für die Ferienzeit zugewiesenen Kindergarten vorher für Schnuppertage besuchen, damit im Ernstfall dann alles klappt. Die Schnuppertage halten Erzieherinnen für wichtig, damit die Kinder Gebäude und Erzieherinnen kennenlernen.

Für unter dreijährige Kinder springt der Tageselternverein in die Bresche und stellt im Sommer Tagesmütter für zu betreuende Kleinkinder zur Verfügung.

Das Projekt wird von allen Kindergärten im Stadtgebiet mitgetragen. Das Konzept haben Kindergärtnerinnen in Zusammenarbeit mit der Stadt zusammengestellt. Mit dabei war Ruth Göttler, Leiterin des Bildechinger Kindergartens "Tüpfelchen". Sie hält das Angebot für wichtig: "Die eine Familie hat noch eine Oma, die auf das Kind auf passen kann, die andere Familie nicht." Bei 25 Schließtagen des Kindergartens pro Jahr reiche der Jahresurlaub bei manchen Eltern nicht aus.

Allerdings warnt Göttler davor, ein Kind permanent betreuen zu lassen, was künftig theoretisch möglich wäre: "Auch Kinder haben ein Recht auf Urlaub, nicht nur einen Tag, sonder auch mal zwei bis drei Wochen am Stück. Eltern gehen anders um mit dem Kind, wenn sie keinen Stress haben. Das Kind spürt das." Auch Rosenberger sagt, dass Kinder nicht permanent in Betreuung sein sollen: "Wir wollen Familien unterstützen, nicht Kinder belasten."

Eltern bezahlen wochengenau für die zusätzliche Leistung

Die Kosten werden wochengenau abgerechnet. Bislang zahlen Eltern elf Monate Kindergartenbeiträge. Wird ein Kind in den Ferien weiterbetreut, zahlen die Eltern von Kindergartenkindern maximal 26,25 Euro pro Woche und von U3-Kindern maximal 39,50 Euro.

Die Eltern haben allerdings kein Recht darauf, sich einen Kindergarten auszusuchen. Gegebenenfalls müssen sie Fahrtwege akzeptieren und ihr Kind aus Talheim etwa nach Bildechingen bringen. Auch darüber, ob die Ferienbetreuung in einem katholischen, evangelischen oder städtischen Kindergarten stattfindet. Möglich ist die Ferienbetreuung, weil während der sechswöchigen Sommerferien der Schulen auch manche Kindergartenkinder daheim bleiben.

Im Herbst wird die Pilotphase ausgewertet. Wenn die Erfahrung aus dem Kindertausch positiv sind, soll es auch in anderen Ferien als den großen Sommerferien angeboten werden.

Weitere Informationen: Anträge für die Betreuung in den Kindergartenferien werden ab Mitte März in den Kindergärten ausliegen und auf der Internetseite der Stadt Horb herunterzuladen sein.