Bei manchem Wortbeitrag bei der Auftaktveranstaltung der 19. Horber Friedenstage sah man betretene Gesichter. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Auftaktveranstaltung: 19. Horber Friedenstage finden großen Anklang / Motto trifft den Nerv der Zeit

Die "Horber Initiative für den Frieden" und das "Projekt Zukunft" hatten am Samstagabend zur Auftaktveranstaltung der 19. Horber Friedenstage ins Foyer des Kulturhauses Kloster eingeladen.

Horb. Hielt sich der Besucherandrang bei der letztjährigen Veranstaltung in Grenzen, so scheinen die Macher dieser Horber Traditionsveranstaltung in diesem Jahr voll den Nerv der Zeit getroffen zu haben. "Für Frieden und Freiheit. Keine Chance dem Populismus" steht als Überschrift über der Veranstaltungsreihe, die in diesem November überwiegend im Horber Kloster, jedoch auch in Remigiuskirche in Mühlen angeboten wird.

"Heftiger Einstieg" überrascht die Besucher

Das Foyer des Klosters war bereits gegen 19 Uhr mehr als gut gefüllt und die zahlreichen Besucher, darunter neben Oberbürgermeister Peter Rosenberger auch einige Gemeinderäte, wurden von einem "heftigen Einstieg", wie es Helmut Loschko hinterher nannte, überrascht. Einige Mitglieder des Projektteams, die im Raum verteilt standen, lasen abwechselnd aus dem offen zugänglichen Protokoll eines Facebook-Verlaufs vor. "Sollen diese Hunde doch verrecken. Wer Dreck ist, soll wie Dreck behandelt werden. Vergasen – ich empfang sie an der Laderampe", so nur drei Protokollfragmente, die verdeutlichen, wie populistische Minderheiten Flüchtlinge und Hilfesuchende sehen. Als Störenfriede, die vernichtet gehören. Die Willkommenskultur eines ganzen Volks werde hier mit Worten – denen bereits auch Taten folgten – in den Dreck getreten.

Lizzy Schmid betonte in ihrer anschließenden Begrüßung, wie schwer es dem gesamten Team fiel, gerade diesen Chatverlauf vorzulesen, der so voller Hass und Menschenverachtung ist und sehr direkt an die Hitler-Diktatur und die SS-Vergangenheit erinnert.

Anja Dargatz von der Friedrich-Ebert-Stiftung Stuttgart, die bei dieser Eröffnungsveranstaltung in die Ausstellung: "Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen. Baden-Württemberg für Toleranz und Menschlichkeit" einführte, erinnerte sich, dass sie nach langem Auslandsaufenthalt vor einem Jahr wieder zurück nach Deutschland kam und ein Land vorfand, das sie nicht mehr wiedererkannte. "Wir führen heute wieder Diskussion, von denen man glaubte, dass man sie nie wieder führen muss."

Für sie wird das hinter der bürgerlichen Maske verborgene Gesicht des Rechtsextremismus immer deutlicher. "In immer mehr Nuancen werden die Aussagen und Forderungen der Rechten sicht- und hörbar. Dagegen muss man sich wehren – nichts machen ist falsch. Widerworte sind wichtig – wir müssen jeden Tag um unsere Demokratie kämpfen", so Dargatz, die anfügte, dass das Anzünden von Asylantenheimen nicht die Sprache einer stummen Mehrheit sei.

Mit aus diesem Grund freute sie sich, dass die Ausstellung allein in diesem Jahr 120 mal ausgeliehen und im öffentlichen Raum gezeigt wurde. Auf 15 Tafeln werden die Gefahren und die Bedrohung für Demokratie und Menschenwürde aufzeigt, die vom Populismus ausgehe, der langsam, aber sicher in den Rechtsextremismus übergehe.

Auch Oberbürgermeister Peter Rosenberger appellierte, dass man vernünftig, tolerant und bunt den Weg zu einer freiheitlichen Grundhaltung gehen sollte. Er erinnerte an die spontane Gegendemonstration zum AfD-Parteitag in der Hohenberghalle. Aber auch an die Anzeige, die ein bekannter Horber Kommunalpolitiker nach Rosenbergers Ansprache auf dieser Kundgebung beim Regierungspräsidium stellte. "Darf ein Oberbürgermeister so deutlich seine Meinung gegen Populismus kundtun?", fragte der Anzeigensteller damals. "Ja, er darf", so die Antwort aus Karlsruhe.

Rosenberger mit deutlichen Worten

Der OB erinnerte auch an die Reaktionen auf die Plakataktion zum diesjährigen Mini-Rock-Festival. Sich küssende Frauen und Männer brachten da ein paar selbst ernannte Wertkonservative auf die Barrikaden. "Ihre Aussage zu diesem Vorfall ist die dümmste Aussage eines Oberbürgermeisters in den letzten 1000 Jahren", las Rosenberger die Mail eines Bürgers vor, der fragte: "Seit wann sind Schwule und Lesben normale Bürger?" Das Stadtoberhaupt sprach außerdem die Umarmung der Geflüchteten und die großartige Reaktion vieler Horber an, die diesen Menschen Wohnraum und mehr anboten.

Aber auch das Ergebnis der letzten Bundestagswahl, bei dem die AfD in manchen Ortsteilen bis zu 20 Prozent der Wählerstimmen erhielt, sprach er an. "Was haben wir falsch gemacht", fragte sich Rosenberger selbst. Vielleicht liegt dieser Trend zum Rechtsextremismus tatsächlich auch mit daran, dass die Zeitzeugen des Naziregimes langsam wegsterben, dass die mahnenden Stimmen verstummen, überlegte der OB.

Die "Horber Initiative für den Frieden" werde nicht verstummen, und solange es viele couragierte Bürgerinnen und Bürger gebe, die "Dritter-Weg-Aufkleber" von den Laternenmasten kratzen, die für die Demokratie auf die Straße gehen, solange lebe die Hoffnung auf eine facettenreiche, oft auch streitbare, Demokratie.

Die Horber Friedenstage 2017 sind eröffnet und auf die Besucher wartet ein interessantes, abwechslungsreiches Programm. (www.pz-horb.de)

Die Ausstellung "Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen. Baden-Württemberg für Toleranz und Menschlichkeit" kann bei der Friedrich-Ebert-Stiftung Stuttgart ausgeliehen werden. Schulen erhalten zudem einen zweitägigen Workshop, in dem Mentoren ausgebildet werden, die ihre Schulkameraden dann in die Thematik einweisen.