Die Mensa des MGG wurde bei der Ausstellungseröffnung zu einem Plenum der Erinnerung und Mahnung Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausstellung "Mein Herz gab ich dem Vaterland" eröffnet / Wolfgang Schneiderhan schildert geschichtliche Hintergründe

Von Peter Morlok

Horb. Bewegende Worte, die von unsäglichem Leid während des Ersten Weltkriegs berichteten, vorgetragen von Schülern des Martin-Gerbert-Gymnasiums, gehörten am Sonntagnachmittag sicher mit zu den eindringlichsten, tiefgreifendsten Momenten bei der Eröffnungsfeier zur Ausstellung "Mein Herz gab ich dem Vaterland", die im Jüdischen Betsaal in Horb zu sehen ist.

Die Schülerinnen und Schüler zitierten Passagen aus Feldpostbriefen, die jüdische Soldaten in einer Zeit, als der Kugelhagel von vorne und die Ordensflut von hinten kam, geschrieben haben. Eine Zeit, in der auch die jüdischen Soldaten aus Horb, Rexingen, Mühringen, Nordstetten und Mühlen vom Krieg längst genug hatten und Freund neben Feind im Tod vereint war.

125 Männer aus der Raumschaft dienten dem Vaterland, gaben ihm ihr Herz und ernteten, wenn sie diesen schrecklichen Krieg überhaupt überlebten, anstatt der Integration, auf die sie durch ihren Kampf an der Front hofften, nur Enttäuschung. Was die Gewehrkugeln der Kriegsgegner in den Jahren zwischen 1914 bis 1918 nicht schafften, das holten später die Häscher des Naziregimes nach.

16 dieser Weltkriegsveteranen wurden samt ihrer Familien im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Zwei starben an den Folgen der Misshandlungen. Von diesen 125 Schicksalen zeugt die Ausstellung, die jeden Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr zu sehen ist. Akribisch aufgelistet sind die Lebensläufe – sofern nachvollziehbar – dokumentiert.

Erniedrigung, der Verlust aller bürgerlichen Ehrenrechte und die bittere Erkenntnis, dass ihr Einsatz während des Krieges nicht gewürdigt und anerkannt wurde, das war der Lohn für diese Männer. "Zurück bleibt eine verlorene Generation. Traumatisiert durch die Kriegserlebnisse im Schützengraben, konfrontiert mit Leid, Verlust und Elend an der "Heimatfront", so stand es in der Einladung zu dieser Ausstellungseröffnung.

"Die jüdischen Soldaten, die in beiden Weltkriegen die deutsche Uniform trugen, fristen in vielen Geschichtsbüchern ein Schattendasein." Zu dieser Erkenntnis kam einer der profiliertesten Militärexperten des Landes, der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhahn. Der ehemalige Vier-Sterne-General, der insbesondere den Verantwortlichen des Träger- und Fördervereins der Ehemaligen Synagoge Rexingen, allen voran Barbara Staudacher und Heinz Högerle, für diese besondere Art der staatbürgerlichen Bildungsarbeit dankte, ging in seinen Betrachtungen dezidiert auf das Thema "Deutsche Soldaten Jüdischen Glaubens im Ersten Weltkrieg" ein. Er beschrieb ihr historisches und erfolgloses Streben, von der Gesellschaft anerkannt zu werden. "Wer dieses Buch der Geschichte aufschlägt, taucht in eine lange Erzählung ein. Eine Erzählung von Hoffnung auf Emanzipation und Integration auf der einen Seite und von Enttäuschung, Entbehrung und Verrat auf der anderen Seite", wusste Schneiderhahn. Den Dienst an der Waffe sahen viele der jüdischen Mitbürger als Chance für rechtliche, politische und bürgerliche Gleichstellung an.

Die Wehrpflicht war damals höchster Ausdruck staatsbürgerlicher Anerkennung, und deshalb zogen sie voller Hoffnung in diesen unsäglichen Krieg. Selbst die jüdischen Verbände riefen 1914 die deutschen Juden auf, sich "im Sinne des alten jüdischen Pflichtgebotes mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und dem ganzen Vermögen dem Dienst am Vaterland hinzugeben".

Gedankt hat es ihnen Niemand. Im Gegenteil. Sie waren weiterhin der Polemik und der Verhetzung ausgeliefert. Für den Gastredner ist es deshalb umso wichtiger, die weißen Flecken in den Geschichtsbüchern zu füllen. "Und dies tun wir auch heute – und zwar öffentlich". An die MGG-Schüler gewandt, sagte er: "Ich bitte euch, setzt euch mit unserer Geschichte auseinander. Es ist eine Geschichte um die rechtliche Gleichstellung der jüdischen Mitbürger und das Ringen um die Menschenwürde."

Der Vorsitzende des Synagogenvereins, Michael Theurer, durfte zu dieser Feierstunde neben viel Lokalprominenz aus dem ganzen Kreis Freudenstadt auch den Landesrabbiner von Baden-Württemberg, Netanel Wurmser, sowie Gila und Amos Fröhlich, die extra aus Israel herkamen, begrüßen. 100 Jahre nach Ausbruch des ersten Weltkriegs ging Theurer in seinen Grußworten auf die aktuelle Lage in den Kriegsgebieten dieser Welt ein und betonte, wie wichtig die EU ist. Die Chance auf Aussöhnung mit den ehemaligen Feinden nach dem zweiten Weltkrieg sieht er voller Dankbarkeit.

Die Ausstellung "Mein Herz gab ich dem Vaterland" ist jeden Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Museum Jüdischer Betsaal Horb, Fürstabt-Gerbert-Straße 2, beim Ihlinger Tor in Horb. Der Eintritt ist frei. Anmeldung für Gruppen auch unter der Woche über verlagsbuero@t-online.de oder Telefon 07451/62 06 89.