Ferienprogramm öffnet Tür zu einem Kapitel Dorfgeschichte: Hans-Josef Ruggaber zeigt Kindern Friedhof

Von Marion Tischbein

Horb-Mühringen. Dass auch Kinder schon wissbegierig sind, wenn es um die jüdischen Vergangenheit ihres Heimatortes geht, weiß Hans-Josef Ruggaber von seinen Schulklassen-Führungen. Im Rahmen des Sommerferienprogramms machte er sich jetzt mit zehn Kindern auf den Weg zum jüdischen Friedhof.

Das war für die zehn Kinder schon ein etwas längerer Spaziergang vom Mühringer Rathaus bis zum jüdischen Friedhof, denn diese Friedhöfe lagen stets außerhalb eines Ortes. Dort gab es genug Platz, da ein jüdisches Grab nur einmal vergeben wird und dann für immer bestehen bleibt.

Auf dem jüdischen Friedhof in Mühringen, der der älteste und zweitgrößte in Württemberg ist, stehen noch 807 Grabsteine. Man rechnet aber damit, dass hier 1200 bis 1300 Begräbnisse stattgefunden haben, schließlich gibt es Lücken zwischen den Gräbern. Einige Steine sind offensichtlich verschwunden. Außerdem konnte sich die ärmere Bevölkerung keinen Stein leisten und das Brett, das stattdessen angebracht wurde, verwitterte mit der Zeit. Der älteste Grabstein stammt aus dem Jahr 1697. Aus Daten des Gemeindearchivs geht hervor, dass es hier aber bereits 1579 Beerdigungen gab. Das letzte Begräbnis fand 1940 statt.

Aufmerksam und interessiert lauschten die Kinder den Ausführungen von Hans-Josef Ruggaber über den Unterschied von Judentum und Christentum oder über die Symbole, die auf den Grabsteinen zu entdecken sind, wie zum Beispiel eine Kanne oder ein Horn. Sie zeigen, welchen Stand oder welcher Familie der Verstorbene angehörte.

Besonders spannend war für die Kinder, dass sie in das kleine Häuschen mitten auf dem Friedhof schauen durften. Es wurde damals als Gerätehaus für Stefan Schlatter gebaut, dem ersten Friedhofsgärtner. Er sei in gewisser Weise ein Einsiedler gewesen und habe auch öfter in dem Häuschen übernachtet, wusste Hans-Josef Ruggaber zu berichten.