Es sprießt und gedeiht in Horb: Josefine Hertkorn (81) aus Mühringen freut sich über Sonnenblumen, die bis zu vier Meter Höhe erreicht haben. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Luftfeuchtigkeit schiebt Pflanzenwuchs an

Von Jürgen Lück

Horb. Josefine Hertkorn (81) aus Mühringen freut sich: Ihre Sonnenblumen sind so gewachsen, dass sie sogar vom Balkon aus im ersten Stock direkt auf die Blüten gucken kann. Dreht das Wetter in der Großen Kreisstadt durch?

Die Ruheständlerin freut sich: "Im Frühling sind wild ein paar Blumen aus der Erde gesprießt. Wir haben fleißig gegossen und gedüngt – jetzt sind die Sonnenblumen 3,80 Meter hoch!" Auch das Maislabyrinth in Rexingen meldet: So hoch waren die Pflanzen noch nie.

Was ist da los? Welche Rolle spielt das Wetter? Holger Dopp aus Empfingen ist einer der Kakteen- und Pflanzen-Experten Deutschlands. Er sagt: "Fakt ist, dass wir in diesem Jahr nach langer Hitze und Trockenheit von gewaltigen Niederschlägen geplagt werden, die aber durchaus notwendig sind, um die Wasserreserven wieder zu ergänzen. Nicht alle Pflanzen machen dieses Wetterprozedere klaglos mit."

Jörg Kachelmann, Inhaber von Metomedia und bekannter Wettermann, sieht im Sommer 2014 einen neuen Trend. Im Spiegel-Interview spricht er von einer Schwüle wie in den Tropen. Kachelmann: "Je höher der Taupunkt liegt, desto mehr Feuchtigkeit und Energie befinden sich in der Atmosphäre, um dann in Form von Unwettern die Sau rauszulassen. In einem normalen trockenen Sommer liegt dieser Taupunkt bei 12,13 Grad. In diesem Sommer wurden an der Ostsee Taupunkte von bis zu 23 Grad gemessen – das war heftiger als in Brasilien während der Fußball-WM. So viel Dampf in der Luft gibt es auf Karibikinseln."

Und dieses Phänomen hat Dopp auch im Horber Kakteengarten und bei sich in Empfingen beobachtet. Er sagt: "Wir haben den von Herrn Kachelmann so sehr hervorgehobenen Taupunkt bereits sehr oft in diesem Sommer erreicht."

Das hat der Kakteenexperte im eigenen Garten beobachtet: "Diese deftigen Temperatur- und Klima-Sprünge sind auch für viele Kakteen ausgezeichnet und sorgen für Wachstum und gesunde Pflanzen, wenn man das ebenso oder noch rascher wachsende Unkraut beziehungsweise unerwünschte Pflanzen in den Griff bekommt. Ungewöhnlich gut gedeihen in meinen Sammlungen bei mildem und feuchtem Wetter mit kräftigen Niederschlägen die sogenannten epiphytisch wachsenden Kakteen, die dieses Klima ja aus ihren brasilianischen Standorten auf Bäumen bestens kennen, schätzen und auch lieben. Eine Rhipsalis houlletiana oder ein Selenicereus grandiflorus (Königin der Nacht) kann bei diesem Klima pro Jahr durchaus 80 bis zu 100 Zentimeter wachsen."

Doch dieses Tropen-Klima sorgt nicht nur für Riesen-Sonnenblumen oder Riesen-Mais, sondern auch für jede Menge Probleme. Dopp: "Ich gehe davon aus, dass wir uns in den kommenden Jahren an weitere Witterungsunbilden gewöhnen müssen, was sich wiederum in unseren Wäldern und auch in unseren Gärten deutlich bemerkbar machen wird. Im Schwarzwald sind bereits seit Jahren deutliche Veränderungen bemerkbar, und Bäume, die als schwarzwaldtypisch galten werden sich nach und nach verabschieden, weil sie mit dem Wetterwandel nicht mehr fertig werden. Andere Bäume werden gezielt angepflanzt werden."

Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Tropen-Klima? Wie sprießen die Pflanzen in Ihrem Garten? Schicken Sie uns eine E-Mail: redaktionhorb@schwarzwaelder-bote.de.