Regina Frommann zeigt auf den tiefen und langen Kratzer auf ihrem Auto: "Die Selbstbeteiligung bleibt auf mir sitzen." Foto: Hopp

Wieder meldet die Polizei neue Beschädigungen. Bei Betroffenen herrschen Frust und Wut.

Horb - Der Autokratzer hält die Stadt in Atem. Die Nordstetter überlegen, was sie dagegen tun können: Bürgerwehr, Licht anlassen? Und auch an anderen Orten der Stadt wächst die Sorge vor teuren Beschädigungen.

Die neueste Polizeimeldung vom Montag hat es wieder in sich. Das, was Leser auf unserer Facebook-Seite Schwarzwälder Bote Horb bereits berichteten, bewahrheitet sich: In der Nacht von Samstag auf Sonntag kam es wieder zu zahlreichen Kratzattacken in Nordstetten.

In der Hauptstraße, im Friedhofweg sowie auf den Parkplätzen beim Friedhof wurden in der Nacht von Samstag auf Sonntag mindestens neun Fahrzeuge erheblich beschädigt, indem ein bislang unbekannter Täter mit einem spitzen Gegenstand den Lack der Autos zerkratzte, teilt die Polizei mir.

Hohe Schadenssumme

Die Schadenssumme, den der oder die Autokratzer – bisher weiß die Polizei noch nicht, mit wie vielen Tätern sie es zu tun hat – bisher verursacht haben, steigt immer weiter. Alleine bei den Taten von Samstag auf Sonntag entstand Schaden in Höhe von zirka 20.000 Euro. Bereits in der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde im Geisäckerweg ein Porsche Cayenne an der Motorhaube zerkratzt. In der Kreuzerstraße wurde an einem Seat die Heckscheibe beschädigt. Auch in diesen Fällen entstand beträchtlicher Sachschaden. Die Polizei in Horb bittet die Bevölkerung um Hinweise unter der Telefonnummer 07451/96-0.

Frust und Wut

Bei den Betroffenen herrscht Frust und Wut – nicht nur in Nordstetten. Denn auch auf dem Hohenberg, in Mühringen und im Waldachtal wurden Autos zerkratzt. Eva-Maria Saleta, die auf dem Hohenberg wohnt, muss sich gleich doppelt ärgern. Denn gleich beide Fahrzeuge der Familie wurden das Ziel der Zerstörungswut.

Regina Frommann, Angestellte aus Horb, schaute ebenfalls frustiert auf ihr Auto: "Ich hatte meinen Ford vor meiner Arbeitsstelle in Waldachtal an der Klinik Zauberwald abgestellt. Morgens zwischen 7.45 und 14 Uhr auf dem Firmenparkplatz. Den riesigen Kratzer habe ich sofort gesehen. Das ist mir zum ersten Mal passiert. Zwar habe ich noch Vollkasko, aber die Selbstbeteiligung bleibt auf mir sitzen. Das ist total ärgerlich."

In Nordstetten wählt der Täter immer andere Straßen – obwohl bisher anscheinend nur der alte Ortskern betroffen war. Haus Nummer fünf im Horber Gäßle. Die Frau: "Unser Briefkasten und die Klingelanlage wurden am Donnerstag nacht mit Öl beschmiert." Alwin Jerling, Opfer einer früheren Kratzattacke, hat es diesmal nicht erwischt, obwohl er sein Auto schon machen ließ. Dafür den Nachbarn nebenan mit dem Opel Meriva. Auch von Donnerstag auf Freitag.

Bleibt wieder das Licht an?

Auch übel getroffen: Koray Yildiz, der weiter oben an der Hauptstraße wohnt. Obwohl seine Autos nicht an der Straße stehen, ist sein BMW X 5 übel zerkratzt. Er sagt: "Nicht nur mein Auto, sondern auch das Auto meines Vaters und ein drittes Auto hat es erwischt. Das wird hier immer schlimmer in Nordstetten."

Edith Barth, Ortsvorsteherin von Nordstetten, ist ebenfalls erschüttert: "Ich kann gar nicht verstehen, dass ein Mensch so böswillig sein kann." Die Ortsvorsteherrin ist derzeit im intensiven Kontakt mit der Polizei. "Wir überlegen, ob wir wieder das Licht anlassen in der Nacht. Aber eigentlich ist fraglich, ob sich diese Person davon überhaupt aufhalten lässt."

Doch was kann getan werden, um dem Übeltäter endlich das Handwerk zu legen? Oberbürgermeister Peter Rosenberger, der auch in Nordstetten wohnt, fordert zur Wachsamkeit auf: "Jede kleine Beobachtung kann wichtig sein." So sieht es auch die Polizei. Alles, was zunächst nicht wichtig erscheine, könne für die Ermittlungen der Polizei entscheidend sein, sagt Polizei-Pressesprecher Michael Aschenbrenner – selbst er ist von dem massiven Vorgehen des Autokratzers überrascht ist: "Für eine kleine Stadt, in der die Welt eigentlich noch in Ordnung ist, ist das eigentlich sehr ungewöhnlich."

In der Nordstetter Bürgerschaft wird derzeit massiv über eine kleine Bürgerwehr diskutiert. Das bisherige Vorgehen der Polizei wird kritisiert: "Wenn man nur mit der Polizeistreife durch den Ort fährt, dann muss man sich nicht wundern, dass sich der Täter nicht auf frischer Tat ertappen lässt", sagt eine Nordstetterin. "Unsere Strategie ist umfassender", widerspricht Aschenbrenner, der aber nicht ins Detail gehen will, um den Täter im Unklaren zu lassen.

Wachsame Nachbarn

OB Rosenberger warnt, eine Art Bürger-Polizei aufzustellen und möglicherweise zur Selbstjustiz zu greifen: "Wachsame Nachbarn sind wichtig, die erste Reaktion sollte dann sein, die Polizei anzurufen." Ortsvorsteherin Barth hätte allerdings Verständnis: "Wenn sich eine Gruppe bildet, dann wäre das für mich okay."

Die Polizei hat ebenso einen Verdacht, wer es sein könnte, wie die Bürger. Eine Nordstetterin erzählt: "Wir haben schon beobachtet, wie der Mann um 2.30 Uhr sein Haus verlassen hat und sofort die Polizei angerufen. Die hat dann nichts gefunden. Und am nächsten Tag waren wieder Autos zerkratzt."