Marianne Bauer mit ihren Söhnen, deren Partnerinnen und den Enkelkindern (von links) Thomas, Marianne, Liliane, Albert, Gundula und Michael. In der Schaukel Linda, Mellissa und Katharina Foto: Familie Bauer Foto: Schwarzwälder-Bote

75 Jahre Historie Steiglehof: Mit viel Mut und Geschick durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs / Gebäude brannte 1978 ab

Von Peter Morlok

Horb. Eine Traditionsgaststätte feiert Geburtstag. Der Steiglehof ist 75 Jahre alt. Genauso alt wie seine Besitzerin Marianne Bauer, die am 8. Januar 1938 als zweite Tochter der Eheleute Gregor und Karola Korherr zur Welt kam. Es war nicht nur in der Chronik der Familie ein besonderes Datum, sondern auch in den Tagebüchern des Steiglehofs, denn just an diesem Tag wurde auch das Baugesuch für das damals rein landwirtschaftlich geprägte Hofgut unterschrieben.

Von 1938 bis heute erstreckt sich eine Zeit, die unzertrennlich mit diesem ehemaligen Gut und der späteren Gaststätte verbunden ist. Eine Zeit voller Entsagungen, Leid, Arbeit und Schicksalsschlägen. Jedoch auch eine Ära der Familienzusammengehörigkeit, des Wiederaufbaus und der Freunde.

Marianne Bauer, die heute noch als Chefin das Hotel und die Gaststätte zusammen mit ihrem Sohn Michael führt, erinnert sich in einem Rückblick an die Geschichte des "Steiglehof". Eine Geschichte, die unverrückbar mit ihrem Leben verbunden ist.

Ihr Vater Walter, der zusammen mit seinem Vater Gregor die damalige Horber Kunstmühle erwarb, zog es zeitlebens mehr zur Landwirtschaft als zum Müller-Beruf. Er verkaufte nach dem Tod des Vaters die Mühle an Paula und Lorenz Rettenmeier und erwarb mit dem Erlös Ackerland auf dem Gewann "Steigle" auf dem "Galgenfeld", wie der Hohenberg damals hieß.

Die Geschichte des "Steiglehof" begann. Er wurde als landwirtschaftliches Anwesen, mit Schafzucht, Milchvieh und Ackerbau von dem Ehepaar Korherr betrieben. Drei Kinder gingen aus dieser Ehe hervor. Waltraut, Marianne und Gregor junior. Der Vater starb 1943 relativ jung, er wurde nur 36 Jahre alt und Mutter Karola, geborene Singer, stand allein mit drei kleinen Kindern und einem Hof da. Sie resignierte jedoch nicht, krempelte die Ärmel hoch, um zusammen mit Verwandten und Angestellten den Hof weiterzuführen.

"Die Franzosen wollten immer Schnitzel mit Pommes frites"

Sie hat ihn mit viel Mut und Geschick sogar durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs gebracht. Mit zwei neuen Verwaltern, Otto Beck, dem späteren Bürgermeister von Ostdorf und dem strengen Gebhard Baur, begann die Nachkriegsära für den Steiglehof.

In der Kaserne gab es ab 1947 ein Benzinlager, und die Militärs kamen von überall her, um den Treibstoff zu holen. Sie hatten nach oft anstrengenden Reisen Hunger und Durst und fragten bei der Bäuerin Karola Korherr nach, ob sie was kochen könne.

Lebensmittel waren in jener Zeit knapp, aber die weitgereisten Gäste brachten mit, was der Lebensmittelmarkt damals hergab. Auch die Angestellten der Kaserne und die Anwohner vom "Galgenfeld" wollten im "Steiglehof" einkehren und deshalb entschloss man sich, eine Gaststättenlizenz zu beantragen. Dagegen hatten aber die Wirte aus Horb etwas. Sie versuchten mit allen Mitteln zu verhindern, dass auf dem "Galgenfeld" eine Gastwirtschaft aufmacht. Sie hatten den Hotel- und Gaststättenverband hinter sich und obwohl die Konzession für die Familie Korherr bereits am 10. Oktober 1952 erteilt wurde – Kosten damals 230 Mark – dauerte es noch bis zum 29. Juli 1953, bis das damalige Landratsamt Horb eine Erlaubnisurkunde für zwei Schankräume ausstellte.

Ein langwieriges Gerichtsverfahren, mit Unterschriftenaktion der damaligen Anlieger, ging voraus und erst ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes aus Bebenhausen machte den Weg frei für den Gasthof. Ab da gab es Mittagstisch im Steiglehof. Werktags wurde gutbürgerlich deftig gekocht, sonntags durfte es auch Kalbsschnitzel oder Rehbraten sein. "Die Franzosen wollten immer Schnitzel mit Pommes frites, und auch heute noch ist das der Renner – auch ohne Franzosen", erinnerte sich Marianne Bauer.

Während sich der gastronomische Bereich etablierte, lief die Landwirtschaft parallel weiter. Marianne heiratete 1961 Rolf Bauer und zog mit ihm 1964 in die Weingasse. Als 1963 das "Demonstrativbauprogramm Hohenberg" ins Leben gerufen wurde, drohte man den Korherrs gar mit der Enteignung ihrer Ackerflächen. "Ein Schock, von dem sich mein Bruder Gregor nie mehr richtig erholte", so Marianne Bauer im Rückblick. Auch mit der Gaststätte lief es nicht mehr so richtig. Die Mutter war krank, Marianne lebte mit ihrem Mann und den drei Kindern (Thomas, Albert und Michael) in Horb und so entschloss man sich 1965, die Gaststätte zu schließen.

Nach familiären Schicksalsschlägen, dem Tod des Bruders und der Mutter, waren es die Bauers, die die Geschicke des Lokals in die Hände nahmen. Sie modernisierten den gesamten Gaststättenbereich und mit der Wiedereröffnung am 2. November 1972 schrieb man die Erfolgsgeschichte des Hauses weiter. Am 12. Dezember 1978, dem Todestag der Mutter Karola, die sieben Jahre zuvor starb, brannte der Steiglehof ab. Zwei spielende Kinder hatten das Anwesen beim Zündeln zum Großteil zerstört.

Aber auch hier wagten die Bauers einen Neuanfang. 1980 eröffneten sie ihr Haus wieder. Nun zudem als Hotel mit 13 Zimmern und 20 Betten. Rolf war der Organisator im Hause Bauer und für den Kontakt zu den Gästen verantwortlich, während Marianne die treibende Kraft hinter den Kulissen war und bis heute ist. Rolf Bauer verstarb völlig unerwartet im April 2008, seinen Platz als Wirt und Gesicht des Steiglehofs nahm Sohn Michael ein.

Der gelernte Koch stieg schon 1998 mit in den elterlichen Betrieb ein. Neben den Familienangehörigen gehört auch Regina Smetoch mit zum lebenden Inventar. Seit 33 Jahren ist die heute 74-jährige Angestellte den Bauers treu.

Marianne Bauer erinnert sich heute noch an viele Begebenheiten rund um ihr Haus. Da war der Haushund "Barry", der dem Stuttgarter Sänger Wolle Kriwanek den Kittel zerbiss und seiner Freundin, einer Zwerg-Ziege, immer die Gaststättentür öffnete. Sie erinnert sich an die Begegnungen mit Klettermaxe Armin Dahl, an den lachenden Vagabunden Fred Bertelmann oder an den singenden Gastronomen Vico Torriani.

Berühmtester Gast im "Steiglehof" war jedoch ohne Zweifel der Herzog von Windsor, Eduard VIII, der durch seinen Verzicht auf den englischen Thron und seine Heirat mit Wallis Simpson bekannt wurde. Er machte auf einer Reise von Stuttgart nach Baden-Baden Halt auf dem Hohenberg und blieb als freundlicher Mann ohne Allüren in der Erinnerung von Marianne Bauer haften.

Sie selbst nennt "schaffen" ihr Hobby, ist jeden Tag aktiv, freut sich an ihren drei Enkeln und geht ab und zu mit ein paar Horber Freunden wandern. "Aber nicht lange – ich muss den Kirchturm sehen" – sagt sie lächelnd und kramt in den Bildern und Unterlagen aus 75 Jahre Historie ihrer Familie.

Wer ebenfalls in die Historie dieser Traditionsgaststätte eintauchen möchte, hat dazu am 29. und 30. Juni sowie am 1. Juli direkt vor Ort Gelegenheit. Eine Bilderausstellung führt durch die Geschichte des Hauses.