Beim Leseabend im Kloster Horb (von links): Dekan Markus Ziegler, Armin Wicker, Erwin Renk und Walle Sayer freuten sich mit Iris Müller-Nowack auf interessante Literatur. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Leseabend des Dekanats im Kloster: Drei Literaturfreunde und ein Dichter lesen aus ihren Lieblingswerken vor

Von Peter Morlok

Horb. Ein bequemer Sessel, eine Leselampe und ein Tischchen, das sind seit zehn Jahren die Requisiten, mit denen man beim Leseabend auskommt, zu dem das katholische Dekanat einmal im Jahr einlädt.

Aber mit einem Sessel allein ist es nicht getan. Interessant, bunt, vielleicht lehrreich oder amüsant, auf jeden Fall aber literarisch durchwachsen wird es, wenn in diesem Sessel ein bekanntes Horber Gesicht Platz nimmt und die Zuhörer einen Blick in sein Bücherregal werfen lässt. In der Regel bringen die Vorleser gerade das Buch mit, das sie in letzter Zeit am meisten beschäftigt oder zu dem sie immer wieder greifen. Für die Zuhörer gibt es dann daraus eine Kostprobe. Viele nette, einprägende Geschichten hörte der Leseabend-Besucher so in den letzten zehn Jahren und der ein oder andere Vorleser fügte dem Bild, dass man bisher von ihm hatte, eine ganz neue Facette bei.

Gemeinsam mit der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB), der Caritas Horb und dem "Projekt Zukunft" veranstaltet das Dekanat Horb/Freudenstadt diesen Leseabend entweder im Dekanatsgarten oder bei unbeständigem Wetter im benachbarten Kloster. "Die Ideengeber für diese Veranstaltungsreihe waren damals Iris Müller-Nowack von der KEB und Dekanatsreferent Achim Wicker", erklärte Dekan Markus Ziegler, der auch bei jeder der zurückliegenden Treffen mit im Boot war, beim runden Leseabend-Geburtstag, der am Dienstagabend im Kloster stattfand.

"Uns war klar, dass wir mit diesem Termin ein echtes Wagnis eingehen", erklärte Ziegler, der an diesem Abend die Moderation der Veranstaltung übernahm. Wagnis einfach deshalb, weil man im Vorfeld der Fußball-WM nicht wissen konnte, wie weit die DFB-Elf kommt. Die zwei "W’s" – Wetter und WM – ließ die Geburtstags-Zuhörerschaft zwar auf gut 20 Personen schrumpfen, aber die Laune von Ziegler keineswegs sinken.

"Bisher war ich Leser, heute bin ich Redner, denn dieses Mal sitzen die im Sessel, die sonst immer die Schaffer im Hinter- und Vordergrund waren", freute er sich. Und hinterm Klavier saß auch wieder, wie bei allen vorausgegangenen Veranstaltungen, Dekanatskantor Karl Echle, der mit heiter, beschwingten Harmonien aus dem ersten Satz von Bachs Italienischem Konzert geradewegs zu den "Verbrechen" von Iris Müller-Nowack führte. Ferdinand von Schirach, Strafverteidiger und Schriftsteller aus Berlin, erzählt in den gleichnamigen Band mit der Präzision des Wissenden von der Geschichte hinter der Geschichte. "Aber eigentlich schreibe ich über den Menschen, über sein Scheitern, seine Schuld und seine Großartigkeit", sagte der Mann, dessen Onkel, ein Richter am Strafgericht, ihm beibrachte: "Die meisten Dinge sind kompliziert, und mit der Schuld ist es so eine Sache."

Elf Geschichten hat der Jurist mit dem so punktgenauen Schreibstil in seinem Buch zusammengefasst und die Leseabend-Besucher hörten die Geschichte von Friedhelm Fähner, einem Rottweiler Arzt, der an seinem Versprechen, seinem Schwur, seine Ehefrau Ingrid immer zu lieben, zerbrach. Er nahm jede Bösartigkeit von Ingrid hin, nur irgendwann brach das Druckventil seines Lebens und es kam zur Gewalteruption. "Ich hab sie klein gemacht", sagte er am Telefon zur Polizei, die er selbst rief.

Achim Wicker hängte seine belletristischen Ansprüche dann nicht ganz so hoch. Er las ein paar Beispiele aus dem Buch "Warum Schwaben zum Lachen in den Keller gehen" des evangelischen Medienpfarrers Jürgen Kaiser. Die Zuhörer erfuhren, obwohl sie es schon lange wussten, dass die Schaben, die Aborigines des Südens, mit wenigen gutturalen Lauten kommunizieren und dabei einen erstaunlichen Aussagereichtum auf den kleinsten Nenner bringen.

Nach einer kurzen Pause nahm der Horber Caritas-Chef Erwin Reck im Sessel Platz. Er las eine Passage aus der Erzählung "Ich hörte die Eule, sie rief meinen Namen" von Margaret Craven. Sie beschreibt, wie ein todkranker junger Geistlicher, der in ein einsames kanadisches Dorf geschickt wird, seinen Einklang mit der Natur und dem Tod findet.

"Stargast" Walle Sayer bildete den Schluss dieses Literarischen Quartetts. Er stellte die Lyriker Walter Helmut Fritz und Rainer Malkowski vor, die er als zwei seiner Lieblingsdichter bezeichnete.