Bis die Gäubahn bei Neckarhausen zweispurig fahren kann, werden nach heutigem Stand noch rund fünf Jahre vergehen. Foto: Hopp

Wegen Tierschutzmaßnahmen und langer Planungen wird das Teilstück bei Neckarhausen voraussichtlich erst 2018 fertig.

Horb - Der Gäubahnausbau bei Neckarhausen beschäftigt die Stadt schon seit Langem, und wird auch nicht so schnell vom Tisch sein: Wegen Tierschutzmaßnahmen und langer Planungszeiträume beim Eisenbahnbundesamt wird das Teilstück voraussichtlich erst 2018 fertig.

Geplatzt wie Seifenblasen: Viele Hoffnungen, die der Interessenverband Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn mit dem zweispurigen Ausbau der Gäubahn bei Neckarhausen verbunden hat, sind dahin. Das sagte gestern Verbandsdirektor Rainer Kaufmann bei einer Sitzung in Horb. Wohl am gravierendsten: Die Kosten für den Bund schießen in die Höhe. Ursprünglich wurde mit 15 Millionen Euro gerechnet. "Stand jetzt sind es 20 Millionen", sagte Kaufmann gestern.

Dass der Ausbau so viel teurer wird, hat mit dem komplizierten Bau zweier Rettungswege rechts und links der Trasse zu tun: 80 Zentimeter breit und rollstuhlgerecht müssen sie sein. Dies wird für alle Linien vorgeschrieben, die zum transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN) gehören. Im Neckartal verkompliziert die Topografie – einerseits der Neckar, andererseits teils felsiger Waldhang – den Bau solcher Rettungswege. Oberbürgermeister Peter Rosenberger ärgerte sich gestern bei der Sitzung: "Es verwundert mich schon, dass die TEN-Vorgaben erst jetzt bemerkt werden." Eine derartige Verzögerung der Baumaßnahmen – nach Verbandsangaben ist erst 2018 mit dem Abschluss zu rechnen – sei der Bevölkerung vor Ort "kaum mehr vermittelbar", sagte Rosenberger.

Rosenberger plant für Herbst eine Bürgerinformation

Trotzdem, oder gerade deshalb, plant Rosenberger eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Gäubahnausbau. Er werde noch in diesem Jahr, voraussichtlich im Herbst, in dieser Sache Kontakt zu den Bürgern suchen. Auch sensible Themen, etwa der Schallschutz, müssten dann thematisiert werden. Die Schallschutzmaßnahmen entlang der Ausbaustrecke werden derweil im Gegensatz zum Gesamtprojekt etwas günstiger als erwartet ausfallen, hieß es gestern.

An der zeitlichen Verzögerung des zweigleisigen Ausbaus um eineinhalb Jahre sind aber nicht allein die Rettungswege schuld. Den Planern macht ein kleines Kriechtier einen Strich durch die Rechnung: Im Neckartal kommt eine gefährdete und streng geschützte Schlangenart vor, die Schlingnatter, Reptil des Jahres 2013. Für die Bewahrung ihres Lebensraums müssen die Bauarbeiten an der Gäubahn für das Winterhalbjahr ausgesetzt werden. "Das hat uns sehr weh getan", sagt Kaufmann dazu.

Eine weitere sprichwörtliche Seifenblase des Gäubahn-Interessenverbands, die geplatzt ist: die Hoffnung darauf, dass der Neckarhausener Ausbau ohne eine Vollsperrung der Strecke vonstatten gehen kann. Die Bahn sieht sich nicht in der Lage, den Betrieb während der Bauarbeiten ständig aufrecht zu erhalten. "Es wird zu einer Vollsperrung von zwei bis drei Monaten kommen", sagte Kaufmann bei der Sitzung. Dies sei bedauerlich, da Bahnfahrer, die einmal für längere Zeit aufs Auto umgestiegen sind, womöglich nicht wieder zurückkehrten.

Dazu passt, dass Georg Graf von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, beobachtet hat, dass zeitweise so wenige Mitfahrer auf der Gäubahn unterwegs gewesen seien, dass man "alle mit Handschlag begrüßen könnte". Er geht noch weiter und spricht vom "Niedergang des Nahverkehrs". Als Gründe für die geringe Attraktivität nennt er die langen Fahrtzeiten, die schlechte technische Ausstattung auf der Strecke und die fehlenden Anschlussmöglichkeiten ab Stuttgart. Zur Attraktivitätssteigerung habe die Nahverkehrsgesellschaft mit der Deutschen Bahn ein Konzept aufgestellt, um mehr Fahrgäste zu gewinnen.

Guido Wolf: "Mir geht das alles zu langsam"

Als vergleichsweise schnelle Verbesserung wird ein Interimsfahrplan ab 2015 umgesetzt, der eine engere IC-Taktung auf der Strecke vorsieht. "Das kann aber nur eine kurzfristige Übergangslösung sein und darf nicht die Aufschiebung des Streckenausbaus bedeuten", sagte Guido Wolf, Vorsitzender des Interessenverbandes und baden-württembergischer Landtagspräsident gestern in Horb. Generell ist die Bilanz der Nahverkehrsgesellschaft und der Verbandsvertreter beim Neckarhausener Ausbau durchwachsen. Wolf beschreibt die Stimmung, die im Verband herrscht, wohl ganz treffend, wenn er sagt: "Mir geht das alles zu langsam."