Viviana Weschenmoser sprang am Dienstagabend in die Bresche und half den Flüchtlingen – unter anderem beim Einkauf im real-Markt (im Bild real-Marktleiter Frank Hagedorn). Foto: Hopp

Einen Tag nach Ankunft in Talheim kommen selbstkritische Töne aus dem Rathaus. Arbeitskreis Asyl tagt am Donnerstag das erste Mal.

Horb-Talheim - "Empfang mit Butterbrezeln und Saft" titelte unsere Zeitung am 23. August zur Ankunft von 31 Asylbewerbern in Dornstetten-Aach. Bei der dortigen neuen Sammelunterkunft lief alles wie am Schnürchen. Ortsvorsteher, Ortschafträte, Bürger und eine Vertreterin des Freundeskreises Asyl hießen die Flüchtlinge willkommen. Eine örtliche Bäckerei hatte die Butterbrezeln gespendet, die Ortschaftsverwaltung die Getränke.

Ein anderes Bild gab es in Talheim am Dienstag (wir berichteten). Zwar wurde schnell ein Bus von Landkreisvertretern und Ortsvorsteher Thomas Staubitzer organisiert, der die Flüchtlinge zum Einkaufen fuhr. Aber mehrere Stunden mussten die Asylbewerber ohne Essen und Trinken auskommen. Die Stadtverwaltung verwies am Dienstag darauf, dass man sich auf den Landkreis verlassen habe, der für die Versorgung zuständig sei. Sabine Eisele, Pressesprecherin des Landratsamts, reagiert: "Da hat die Stadt Horb recht. Aber wir haben das getan, was der Kreistag festgelegt hat. Früher haben wir die Flüchtlinge mit Essenspaketen versorgt. Da war eine Grundausstattung vorhanden. Doch nun ist entschieden worden, dass es Wertgutscheine gibt. Wir haben dann noch gemeinsam mit dem Talheimer Ortsvorsteher auf Landkreiskosten einen Bus organisiert, was normalerweise nicht üblich ist, damit die Flüchtlinge zum Einkaufen kommen."

Das Beispiel Aach zeigt, dass auch dort die Erstversorgung nicht vom Landkreis ausging. Einen Tag später ist Bürgermeister Jan Zeitler einsichtig: "Für uns ist das eine neue Situation gewesen. Es ist nicht alles optimal gelaufen. Die Berichterstattung des Schwarzwälder Boten hat uns da auch einen Impuls gegeben."

Zeitler fuhr gestern Mittag selbst nach Talheim und schaute nach, wo es noch Verbesserungsbedarf gibt und organisierte zusammen mit Gisela Höpfer und Ortsvorsteher Thomas Staubitzer den Kaffeenachmittag im Talheimer Rathaus mit den Flüchtlingen. Dass es einige Talheimer gibt, die helfen wollen, sah man am gestrigen Tag. "Wir haben davon nur aus der Zeitung erfahren", war zu hören.

SPD-Stadträtin Viviana Weschenmoser, die bereits am 7. Oktober die Gründung eines Arbeitskreises Asyl im Gemeinderat angeregt hatte, war am Dienstagabend in die Bresche gesprungen, als sie von unserer Zeitung vom enttäuschendem Empfang der Flüchtlinge erfuhr. "Melanie Nagel hat noch schnell Spielzeug zusammengepackt und ist damit am Abend noch nach Talheim gefahren. Auch eine Talheimerin hat noch Spielzeug für die Kinder vorbeigebracht."

Weschenmoser schrieb gestern gleich noch einen langen Brief an Landrat Klaus Michael Rückert und Sozialamtsleiter Bornhauser: "Es ist mir und der sich am Donnerstag gründenden Bürgerinitiative vor allem ein Anliegen, Willkommenskultur zu betreiben, Hilfe im Alltag zu leisten und Befürchtungen bei den Anwohnern abzubauen. Leider musste ich gestern feststellen, dass hierbei die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Freudenstadt nicht nur nicht gut funktioniert hat, sondern nicht existent war."

Sie bat noch, einige Fragen zu klären – unter anderem: Wer ist für die Beschaffung von Kleidung zuständig? Wo können diese (außer als Spendengabe) erworben werden? Ist es möglich, in der Einrichtung einen Gemeinschaftsraum zu installieren? Zu welchen Ärzten dürfen/sollen die Asylbewerber gehen? Es fehlen insgesamt Müllbehälter, weswegen eine Mülltrennung noch nicht stattgefunden hat, bis wann ist mit solchen zu rechnen?

Am heutigen Donnerstag kommt es nun zur ersten Sitzung des Arbeitskreises Asyl im Horber Kloster ab 19 Uhr. Interessierte sind willkommen. Sabine Eisele kündigte an, dass auch Sozialamtsleiter Robert Bornhauser an der Sitzung teilnehmen werde, um wichtige Fragen klären zu können.