Muhammad Zamzam (links) und Schichtleiter Alex Rau werfen einen Blick auf das Opa-Karl-Brot der Saurs mit dem geschwungenen "K", das gerade frisch draufgestreut wurde. Foto: Hopp

Bäckerei Saur: Ayman und Muhammad Zamzam können schon Brezeln. Chancen auf Ausbildung steigen. Mit Video.

Horb - Ayman Zamzam hatte kurz vor Weihnachten den Schwabo-Reporter in der Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Forsthaus mit selbst gebackenem syrischem Zatar (Fladen mit Sesam und Thymian) verwöhnt. Jetzt steht er – mit leichten Schatten unter den Augen – in der Backstube von Saur.

Schichtleiter Alex Rau: "Er und sein Bruder sind sehr flexibel. Sie sind auch lernfähig. Es macht Spaß, ihnen alles beizubringen."

Und Ayman ist "happy", wie er sagt. Das Backhandwerk kennt er schon aus Syrien. Denn: Die Eltern der Flüchtlinge aus Aleppo hatten dort eine Konditorei.

Kein Wunder, dass Matthias Saur, einer der drei Chefs der Horber Bäckerei mit gut 150 Mitarbeitern insgesamt (davon 45 Mitarbeiter in der Produktion) aufhorchte, als Elisabeth Schneiderhan (OGL-Gemeinderätin, Arbeitskreis Asyl und Mitarbeiterin der Schiller-Apotheke) mit den Zamzam-Brüdern in der Backstube auftauchte.

Saur: "Wir haben bisher nur gute Erfahrungen mit ausländischen Mitarbeitern gemacht. Vor über 20 Jahren kamen die Polen. Die fingen bei uns als 450-Euro-Kräfte an. Später sind die, die blieben, Vollzeitkräfte geworden. Dann kam die Japanerin Haruna. Am Anfang war sie in der Schule ganz hinten. Doch je besser sie Deutsch konnte, desto besser lief es auch in der Praxis. Die Gesellenprüfung legte sie als Beste ab."

Und auch Schichtleiter Rau gibt sich alle Mühe, Ayman und Muhammad in ihrem Praktikum die Geheimnisse der Backstube beizubringen. Rau: "Ich weiß selbst, wie es ihnen geht. Ich kam aus Russland, und die Integration sah in Sachsen damals so aus: Wir wurden in eine Klasse gesteckt. Und wurden gleich gemobbt."

Und wie man sieht, sind Ayman und Muhammad mit Feuereifer bei der Sache. Ayman belegt ruhig und professionell das Käse-Schinken-Backteil. Klar, dass er als Muslim dabei Handschuhe trägt – wegen des Schweinefleischs.

Muhammad ist gerade dabei, das Opa-Karl-Brot der Saurs mit dem geschwungenen "K" zu bestreuen.

Und Matthias Saur hofft, dass die beiden in der Backstube auf dem Hohenberg bleiben.

Der Junior-Chef: "Wir werden uns jetzt nach vier Wochen zusammensetzen. Wir wollen, dass die beiden auf jeden Fall bei uns weitermachen können, und ich bin überzeugt, dass wir dazu eine Möglichkeit finden."

Denn: Der Chef hat die Beiden gleich ins "eiskalte" Wasser in der Backstube geworfen. Schichtbeginn: 3 Uhr früh. Und weil die beiden Flüchtlinge das wirklich gut durchgezogen haben, will Matthias Saur Ayman und Muhammad gleich behalten.

Saur: "Brezeln können sie schon. Sie sind pünktlich, zuverlässig und fleißig. Du erklärst ihnen etwas, und sie setzen es sofort um und können es am nächsten Tag mindestens genauso gut. Daran merkt man, sie nehmen die Arbeit ernst und wollen in der Backstube arbeiten."

Kein Wunder, dass Handwerksbetriebe wie die Bäckerei auf dem Hohenberg deshalb auch auf die Flüchtlinge hoffen. Saur: "Letztes Jahr im Herbst wurden wieder dramatische Zahlen über die nicht belegten Ausbildungsplätze im Landkreis Freudenstadt veröffentlicht. Alleine im Handwerk sind das mehrere Hundert – das ist erschreckend."

Das Praktikum von Ayman und Muhammad ist Anfang Mai vorbei. Bäcker Saur: "Wir müssen es unbedingt schaffen, dass die beiden berufsbegleitend Deutsch lernen können. Wie Ayman sagte, beginnt der neue Kurs erst im September. Unser Ziel wäre, die beiden auszubilden. Und damit das klappt, gehören die Sprachkenntnisse mit dazu."

Der berufsbegleitende Deutsch-Unterricht – er könnte vielleicht schon eher laufen. Marc-Oliver Vogt, Abteilungsleiter der Kreisvolkshochschule in Horb: "Nach bisherigem Stand sollen die –für alle Flüchtlinge mit Aufenthaltstitel – verbindlichen Integrationskurse mit Deutschunterricht im September starten.

Weil der Bedarf aber im Moment so groß ist, versuche ich, schon im Juni Lehrkräfte für Horb zu finden. Wenn das klappt, könnte dann auch solch ein Sprachkurs starten."

Und weil sich die beiden Bäcker-Burschen aus Aleppo auch schon auf die Wartelisten eingetragen haben, sind die Chancen, dass die Zamzams dabei sind, "ganz gut", so Vogt.

Darauf hofft auch die Bäckerei. Matthias Saur: "Ein Ausbildungs-Modell, bei dem die beiden einen halben Tag arbeiten und einen halben Tag Deutsch lernen, könnten wir uns vorstellen."