Richard Brems hatte sich die Vermietung seines Hauses in Talheim anders vorgestellt. Foto: Hopp

"Was gut gedacht war, wird schlecht": Warum der Mediziner Richard Brems aus Talheim sein Haus nicht mehr für Flüchtlinge vermietet.

Horb-Talheim - Nach dem voraussichtlichen Aus für die geplante Flüchtlingsunterkunft neben der Grundschule redet jetzt der Hausbesitzer. Worte, die alle verantwortlichen Politiker nachdenklich machen sollten.

Richard Brems, 29 Jahre lang Hausarzt und Psychotherapeut in Talheim, hatte am Montag den Landkreis gebeten, den von ihm bereits unterschriebenen Mietvertrag für die Flüchtlingsunterkunft aufzuheben. Der Schwarzwälder Bote hatte am selben Tag über Bedenken der Grundschul-Eltern berichtet. Sie befürchten "Probleme und Schwierigkeiten", weil die Straße zwischen der Schule und der zukünftigen Flüchtlingsunterkunft der Pausenraum ist.

Brems: "Wir haben uns diesen Schritt gründlich überlegt. Wir haben uns dazu entschlossen, weil wir nicht acht Jahre lang in Haftung genommen werden wollen für eine Politik, auf die wir keinen Einfluss haben."

Dann spricht Brems über seine Motivation, sein Gebäude dem Landkreis acht Jahre lang für die Flüchtlingsunterbringung zu vermieten. Der Hausarzt versteht sich als "Alt-68er", der Mediziner geworden ist, um den Menschen zu helfen. Und nicht, um viel Geld zu verdienen. Deshalb war er auch in Afrika, um dort zu helfen. Brems: "Dort habe ich traumatisierte Kinder und Familien gesehen und mitbekommen, dass die einen Schutzraum benötigen. Als es in der Zeitung hieß, dass solche traumatisierten Flüchtlinge aus den Krisengebieten wie Syrien oder Irak unsere Hilfe in Deutschland benötigen, habe ich mich beim Landkreis gemeldet."

"Bei unseren Kindern hat die Zusammenarbeit auch reibungslos geklappt"

Seine Vorstellung: Das Haus der Brems gegenüber der Grundschule sei ideal, um ein besonderes pädagogisch-soziales Angebot für drei bis vier solcher traumatisierter Familien werden. Brems: "Gerade der gemeinsame Pausenraum mit der Grundschule wäre dabei ideal, um die Ängste dieser traumatisierten Kinder abzubauen. Hinter dem Haus ist ein Bach – der Standort wäre ideal. Gerade im Zusammenhang mit der Grundschule könnte man für traumatisierte Flüchtlingskinder eine positive Sozialerfahrung hier schaffen."

In den Verhandlungen über den achtjährigen Mietvertrag hat Brems das auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Er hat aber auch dafür Verständnis, dass der Landkreis das nicht als Bedingung reinschreiben wollte. Brems: "Mir war schon klar, dass sich der Mieter hier nicht vom Hausherrn reinreden lassen wollte." Dennoch hatte er die Hoffnung, dass sein Haus eine Schutzstätte für traumatisierte Flüchtlinge wird. Im Laufe der letzten Wochen wurde ihm allerdings immer deutlicher, dass das wohl eher unwahrscheinlich ist. Brems: "Ich habe mit Röber (Stellvertreter von Landrat Rückert, d. Red.) gesprochen. Er hat mir gesagt, dass er das nicht versprechen kann. Bei dieser Anstrengung müsste man auch sensibel sein und müsste das in der zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge beantragen."

Brems hatte auch mit der Grundschule gesprochen. Der Psychotherapeut: "Bei unseren Kindern hat die Zusammenarbeit auch reibungslos geklappt." Als Brems die Bedenken der Grundschule mitbekam, hat er letzte Woche Montag noch einmal vorgesprochen und angeboten, beim runden Tisch am Dienstag mit Bürgermeister Jan Zeitler, Ortsvorsteher Thomas Staubitzer und dem Landkreisvertreter teilzunehmen. Das sei aber nicht erwünscht gewesen.

Brems: "Da haben meine Frau und ich dann ein komisches Gefühl bekommen. Es läuft nicht gut. Es war nie unsere Absicht, in der ohnehin gespannten Lage durch Talheim 21 eine zusätzliche Spaltung in den Ort hereinzubringen."

Sein ungutes Gefühl wurde noch verstärkt. Brems: "Ich weiß nicht, ob es am Landkreis liegt, an der Politik oder an den Flüchtlingen selbst. Offenbar scheint es schwer möglich zu sein, traumatisierte Kriegsflüchtlinge nach Talheim zu bekommen. Ob es diese nicht gibt oder ob die Verteilung nicht funktioniert, weiß ich nicht." Die jetzigen Flüchtlinge, so Brems Eindruck und Erfahrung, habe wenig mit traumatisierten Kindern zu tun.

Am Freitag bekam Brems dann eine Rundmail. Der Psychotherapeut: "Bürgermeister Zeitler war der Ideengeber. Er hat mich angefragt, ob wir den Mietvertrag auflösen könnten."

Als der Schwarzwälder Bote dann am Montag über die Bedenken der Grundschuleltern-Bedenken gegen die Flüchtlingsunterkunft berichtete, haben sich die Ereignisse laut Brems "überschlagen. Zeitler holte unser Schreiben für die Aufhebung des Mietvertrags um 14 Uhr direkt bei mir ab, weil er auf dem Weg zum Landkreis nach Freudenstadt war."

Ein Hausbesitzer, der sein Gebäude bewusst aus humanitären Gründen für Flüchtlinge vermieten will. Eine Politik, die ihm nicht versprechen kann, ob sie das hinbekommt. Eine Grundschule, an der "pädagogische Probleme und Schwierigkeiten" gegen das Flüchtlingsheim geäußert werden. Weil die Pause auf der Straße zwischen beiden Gebäuden ist. Eine Diskussion, die Vorurteile gegen bestimmte Flüchtlinge aufkommen lässt. Ein Arbeitskreis Asyl vor Ort, dessen Helfer sich in der Betreuung aufgerieben haben.

Für Hausbesitzer Richard Brems bleibt die bittere Bilanz: "Was eigentlich gut gedacht war, wird schlecht."

Der Landkreis hat übrigens noch nicht entschieden, ob er den Mietvertrag für die Flüchtlingsunterkunft aufheben will. Sprecherin Sabine Eisele: "Das Ehepaar Brems hat uns über ihre Bereitschaft zur einvernehmlichen Aufhebung des Mietvertrags informiert. Wir werden nun intern, aber auch in Gesprächen mit dem Ehepaar Brems und der Stadtverwaltung Horb klären, wie wir damit umgehen und wie es weitergehen wird."