Mit Schaufel und Eimer bei der Arbeit: Was eher unspektakulär aussieht, ist eigentlich eine nicht ungefährliche Aufgabe. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst schabt hier die Reste des Sprengstoffs aus der Metallhülle der Fliegerbombe. Foto: Klormann

Bauarbeiten an B 14 könnten trotzdem beeinträchtigt werden. Bagger gräbt Reste aus Boden in Dammstraße.

Horb - Schock am Morgen: In einer Baugrube der Dammstraße ist ein Bagger am Donnerstag auf Reste einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg gestoßen – die sich nur wenig später als weitgehend harmlos entpuppte. Die Bauarbeiten an der B 14 könnten von diesem Fund aber beeinträchtigt werden.

Es ist 10.15 Uhr, als eine Pressemitteilung von Christian Volk, Referent von Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger, die Redaktion des Schwarzwälder Boten in Horb aufschreckt. "Bei den Tiefbauarbeiten an der B 14 wurde in Höhe der Raiffeisenbank eine Fliegerbombe gefunden", heißt es darin. Die Worte "Evakuierung" und "Kampfmittelbeseitigungsdienst" schwirren durch den Raum, Aufregung liegt in der Luft.

Vor Ort, in der Dammstraße, ist davon seltsamerweise überhaupt nichts zu spüren. An vielen Stellen sind die Bauarbeiter noch immer fleißig bei der Arbeit, der Verkehr auf der B 14 fließt ungehindert weiter. Sieht so ein angemessenes Vorgehen bei Bombenalarm aus? Schnell stellt sich heraus: ja. Denn die Bombe ist eigentlich gar keine mehr.

Auf dem Boden neben einem Bagger liegen lediglich zwei rostige Metallteile, die für einen Laien auf den ersten Blick eher nach Schrott als nach Waffe aussehen. Auch Sprengstoff scheint in der Hülle keiner mehr enthalten zu sein.

"Die kann man ja nicht einfach auf den Müll werfen"

Allerdings müsste theoretisch trotzdem ein Sicherheitsabstand von rund 25 Metern eingehalten werden, erklärt einer der Bauarbeiter. Der Zünder, der möglicherweise noch scharf sei, könnte schließlich ausreichen, um messerscharfe Schrapnelle durch die Luft zu schleudern. Oder einem Menschen in unmittelbarer Nähe die Beine weg zu sprengen.

Die Gefahr dafür wird allerdings als gering eingeschätzt, sagt auch Markus Megerle, Gesamtkommandant der Horber Feuerwehr – zumindest, solange niemand an der Bombe hantiert. Trotzdem müsse natürlich die Begutachtung durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst abgewartet werden – nicht zuletzt auch, um die Reste der Kriegs-Waffe zu beseitigen. "Die kann man ja nicht einfach auf den Müll werfen", scherzt Megerle.

Mit einer Explosion rechnet vor Ort also niemand. Dafür aber mit ganz anderen Schwierigkeiten. "Meine große Sorge ist, dass hier jetzt alle paar Meter eine Bombe gefunden wird. Das würde die Arbeiten an der B 14 sehr verzögern", sagt Bürgermeister Jan Zeitler mit einem Stirnrunzeln.

Die Bombe hat ihn erneut seinen Urlaub unterbrechen lassen. Durchaus nachvollziehbar – denn auch unabhängig von der aktuellen Gefahrensituation müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden. Zumal die Straße noch bis zur Tankstelle aufgegraben werden soll. "Das war ursprünglich gar nicht geplant", sagt Zeitler. "Der Zustand des Kanals ist dort aber so schlecht, dass es töricht wäre, jetzt nicht weiter aufzugraben."

Doch zurück zur Bombe. Mittlerweile ist der Kampfmittelbeseitigungsdienst angerückt, um die Waffe in Augenschein zu nehmen. Sofort nehmen die Experten sich die Bruchstücke vor. Schrubben mit einer Drahtbürste Dreck vom Metall, begutachten jeden Zentimeter – und geben nach kurzer Zeit endgültige Entwarnung: Es handelt sich um einen Blindgänger, der Zünder ist nicht funktionstüchtig.

Ursprünglich habe es sich wohl um eine rund 250 Kilogramm schwere amerikanische Sprengbombe gehandelt, die mit zwei Zündern versehen gewesen sei, erklärt Mathias Peterle, Feuerwerker beim Kampfmittelbeseitigungsdienst Stuttgart. Einer der Zünder sei wahrscheinlich bereits beim Aufschlag im Zweiten Weltkrieg detoniert. Deshalb sei die Bombe auch beinahe völlig zerstört. "Normalerweise bleibt da nichts mehr übrig", sagt Peterle.

Geblieben sind nur Sprengstoffreste, etwa fünf oder sechs Kilogramm, die die Kampfmittelbeseitiger mit einer Schaufel aus der Metallhülle kratzen und in einen Plastikeimer verfrachten. Doch im Boden können noch weitere Überraschungen lauern. Überraschend, sagt Peterle, wäre das nicht. "Wir wissen, dass Horb bombardiert wurde."

Unter der Aufsicht Peterles gräbt einer der Bauarbeiter deshalb mit dem Bagger weitere Brocken Erde rund um die Fundstelle ab. Nochmals etwa fünf Kilogramm des TNT-Gemischs kommen zu Tage, das die Experten rasch einsammeln.

Welche Art von Sprengstoff die Bombe genau enthalten hat, könne erst bei weiteren Untersuchungen geklärt werden, erläutert Peterle. Ob dieser besonderes potent sei, sei indes fraglich. "Der Sprengstoff wurde zu Ende des Krieges immer lummeliger. Da wurde alles mögliche reingestopft, nur um die Dinger vollzubekommen, sogar Papier", sagt Peterle.

So weit so gut – doch wie geht es nun mit der Baustelle weiter? Zunächst muss die Fundstelle mit Beton verfüllt werden. Auch soll dort nicht mehr weitergegraben werden. In Richtung Tankstelle muss der Bagger aber definitiv auch weiterhin ran. Hier empfiehlt Peterle: "Wenn man an der Stelle weitermachen will, sollte man einen Fachkundigen hinzuziehen." Konkret gesagt: Ein Mitarbeiter einer privaten Kampfmittelbeseitigungsfirma müsste dann den Aushub des Baggers beispielsweise auf weitere Bombenteile kontrollieren.

Die Gefahr dürfe nicht unterschätzt werden. Denn, so Peterle: "Es gab ja auch Brandbomben, da kann es schnell anfangen zu brennen." Was gerade in direkter Nachbarschaft einer Tankstelle besonders riskant wäre.

Allerdings ist diese Maßnahme auch nur notwendig, bis der Kampfmittelbeseitigungsdienst Luftbilder des Fundortes ausgewertet hat, die anzeigen können, wo weitere Funde zu befürchten sind. Eine Aufgabe, die üblicherweise viel Zeit in Anspruch nimmt. "Wir haben eigentlich eine Bearbeitungszeit von 20 Wochen", sagt Peterle. Da es nun allerdings einen konkreten Anlass gebe und Horb ohnehin bereits gut erforscht sei, rechnet der Spezialist bereits in der kommenden Woche mit Ergebnissen.

Peterle glaubt aber ohnehin nicht, dass er oder einer seiner Kollegen nochmals nach Horb ausrücken müssen: "Ich gehe von einem Einzelfund aus." Das wäre nicht zuletzt Bürgermeister Jan Zeitler mehr als recht. Als die Kampfmittelbeseitiger abrücken, zeigt der sich erleichtert: "Nach Freigabe der Baustelle an der B14/Dammstraße können nun die Straßenbauarbeiten fortgeführt werden."