Wohnwagen von Roma-Angehörigen nehmen einen großen Teil des Festplatzes und darüber hinaus ein. Das erhöht den Parkdruck in der Stadt. Foto: Hopp

Roma-Wohnwagen blockieren Parkplätze vor dem Campus. Stadt duldet den "Überraschungsbesuch".

Horb - Seit mehr als einer Woche gibt es Park-Chaos auf dem kostenlosen Parkplatz der Dualen Hochschule. Der Grund: ein fahrendes Volk.

Eine ganze "Armada" von Wohnwagen der Roma-Gruppe hatte sich Ende Oktober auf dem Festplatz niedergelassen. Viele Autos und Wohnwagen – meistens mit französischen Kennzeichen. Auf Nachfrage wollen die Roma nicht, dass über sie berichtet wird. Nachfrage bei einem Verantwortlichen. Er sagt: "Die wollen dort eine Hochzeit feiern." Am Mittwoch: Auf dem Festplatz ist ein Zelt aufgebaut. Musik schallt über den Platz, Kinder laufen in weißen Festkleidern herum.

Unangemeldet erschienen

Der Stadtsprecher sagt: "Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass das fahrende Volk auf dem Festplatz lediglich geduldet ist und keine Genehmigung erteilt wurde. Leider werden wir als Stadt nicht vorher gefragt, wenn sich fahrendes Volk auf öffentlichen Plätzen einfach niederlässt. Die Aufgabe der Stadtverwaltung ist es, in solch einem Fall Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation für alle Beteiligten erträglich zu halten. Laut Informationen der Stadt wird das fahrende Volk wohl bis zum 20. November 2017 in Horb bleiben." Einen Platzverweis wollte die Stadt nicht aussprechen. "Wir versuchen es, friedlich zu lösen", so der Stadtsprecher.

Am Montag nach der Ankunft der Roma – dem Brückentag vor dem Reformationstag – gab es den ersten Parkstress. Ein Maschinenbaustudent im dritten Semester: "Da fing es an. Die standen nicht nur auf dem Festplatz, sondern auch auf den direkt hinter den grünen und gelben Pollern. Und damit wird es für viele von uns knapp und stressig, wenn Du pünktlich in der Hochschule sein willst und keinen Parkplatz auf die Schnelle findest."

Mechatronik-Student Julian: "Wir kommen mit unserer Fahrgemeinschaft aus Waldenbuch. Gerade am Montag, wenn die Vorlesung um 9.15 Uhr startet, ist es schon knapp geworden, weil es durch die Falschparker nicht genügend Parkplätze gab." Selina, Erstsemester in Informatik: "Ich wohne in Nordstetten. Weil es so knapp ist mit den Parkplätzen, lasse ich mich seit zwei Tagen zur Hochschule fahren, damit es auch klappt."

Studenten ärgern sich

Jan Richter, Campussprecher der Studierenden an der Dualen Hochschule Horb: "Das ist ein Riesen-Problem für uns. Morgens um 8 Uhr kriegt man jetzt schon keinen Parkplatz mehr. Viele parken jetzt auf den Grünstreifen. Darüber hat sich die Hochschulverwaltung schon bei uns beschwert. Wir haben auch schon diverse Rückmeldungen von Studierenden bekommen. Sie haben ihre Autos zwischen den Wohnwagen geparkt. Dabei wurden ihre Autos mit Dreck beschmiert. Und die Situation könnte bald noch schlimmer werden: Am 27. November kommen unsere Erstsemester. Das sind noch einmal 300 neue Studierende, die auch einen Parkplatz brauchen."

Student Jochen K. (Name geändert), hat sich beim Rathaus beschwert. Er sagt: "Ich verstehe das nicht. Die sind ohne Genehmigung gekommen. Die Polizei sagt: Die Roma haben eine Genehmigung für den Festplatz. Ich verstehe deshalb nicht, dass sie jetzt auch auf den anderen Parkplätzen parken können, ohne dass das Rathaus eingreift! Wenn die Roma nur auf dem Festplatz parken würden, wäre das für alle kein Problem."

Konter von der Stadt

Das Rathaus hat dem Studenten geantwortet. Der Stadtsprecher schrieb ihm im Namen von OB Peter Rosenberger. In der Mail heißt es: "Leider werden wir als Stadtverwaltung nicht vorher gefragt, wenn sich fahrendes Volk in der Stadt niederlässt, sondern es werden öffentliche Plätze ohne zu Fragen belegt. Die Aufgabe der Stadtverwaltung ist es in solch einem Fall Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation für alle Beteiligten erträglich zu halten. Dass die Situation bei Ihnen und Ihren Kommilitonen für Unmut sorgt, ist für uns durchaus nachvollziehbar. Allerdings wurden von Seiten der Stadt auch Auflagen erteilt, dass die Wohnwagen auf den Festplatz gestellt werden sollen, um die Anfangsproblematik, dass Parkplätze belegt wurden, zu entschärfen."

Doch dann gibt es auch kritische Worte: "Für Herrn Oberbürgermeister Rosenberger ist trotzdem nicht nachvollziehbar, in welcherlei Hinsicht die derzeitige Situation Ihre Zukunft beeinträchtigt oder sogar verbaut. Wir haben am Campus Horb das gesamte Jahr über eine ausreichende Anzahl an kostenlosen Parkplätzen. Durch die aktuelle Situation wird diese komfortable Gegebenheit für einige Tage etwas schwieriger. Hierbei zu argumentieren, dass Sie deshalb die Vorlesung nicht mehr besuchen können, ist leider nicht nachvollziehbar."

Gute Parksituation?

Die Parksituation in Horb sei gut, so die Stadtverwaltung weiter. "Wir haben in der Kernstadt zahlreiche Parkmöglichkeiten, die zeitlich unbefristet sind. Beispielsweise im P+R Parkhaus Bahnhof in der Isenburger Straße parken Sie für 1,50 Euro am Tag und sind in rund zehn Minuten zu Fuß am Campus. Wir sind der Auffassung dass es auch Ihnen zumutbar sein müsste, bei einem vollen Parkplatz einen andren Parkplatz aufzusuchen und einen kleinen Fußmarsch in Kauf zu nehmen, um die Vorlesung besuchen zu können. Bitte bedenken Sie, dass auch andere Hochschulen oder Universitäten in der Region nicht immer kostenlose Parkplätze für all ihre Studenten direkt vor dem Campus bereitstellen können."

Trotzdem, so Volk, gibt es eine Entlastung: "Nichts desto trotz beabsichtigt die Stadtverwaltung den Studierenden in Horb kurzfristig die Busspur entlang der L370 in Richtung Neckarbad und auch den geschotterten Grünstreifen gegenüber des Festplatzes entlang der L370 zum Parken zur Verfügung zu stellen."

Doch für die Studierenden ist das alles nur ein schwacher Trost. Eine sagt: "Ich verstehe das nicht. Den Angestellten des Einkaufszentrums sagt man, dass sie ja kostenfrei an der Dualen Hochschule parken können. Ja, was gilt den nun?"

Ein Kommilitone: "Für uns wird es – je nachdem, von wo aus wir zur Dualen Hochschule anreisen – manchmal ganz schön knapp, damit wir pünktlich zur Vorlesung kommen. Da können die zehn Minuten vom Park & Ride Parkhaus am Bahnhof schon dazu führen, dass man zu spät kommt." Campussprecher Richter: "Wir finden es sehr schade, dass das Problem von der Stadt offenbar so geduldet wird." Hartmuth Diery, Leiter des Campus Horb der Dualen Hochschule, bleibt dagegen zurückhaltend: "Für uns sind die Parkplätze das Hoheitsgebiet der Stadt. Wir haben dort keinerlei Einflussmöglichkeiten. Solange alles friedlich bleibt, sehen wir auch keinen Grund, aktiv zu werden."

Info: Auch Thema im Bundestag

Auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat sich mit dem Thema "Bereitstellung von Stellplätzen für Wohnwagen von Sinti und Roma" beschäftigt (Aktenzeichen: WD 3- 3000 156/16). 2016 kam er zum Ergebnis, dass Wohnwagen ohne Zugfahrzeug nicht länger als zwei Wochen an einer Stelle geparkt werden. Das regelt der Paragraph 12 Absatz 3b der Straßenverkehrsordnung.

Hier heißt es weiter: "Die Übernachtung in einem Wohnwagen stellt eine genehmigungspflichtige Sondernutzung dar. Teilweise existieren auf Landesebene ausdrückliche Regelungen. (...) Spezielle Regelungen für das Abstellen von Wohnwagen durch Sinti und Roma gibt es in Deutschland nicht."

Auch kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-

rechte aus dem Recht auf Wohnung aus Artikel 8 Europäische Menschenrechtskonvention kein Anspruch auf Bereitstellung einer Wohnung und damit auch kein Anspruch auf Bereitstellung von

Wohnwagenstellplätzen abgeleitet werden. Das bedeutet im Endeffekt für den aktuellen Fall: Die Stadt Horb hätte ein Platzverweis aussprechen können.

In Frankreich übrigens gibt es spezielle Regelungen für die Bereitstellung von Parkplätzen.