Vielversprechende Anfänge – so heißt die Arbeit, über die sich Muriel Shah und Siegfried Kuhlbrodt angeregt unterhalten. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Siegfried Kuhlbrodts Ausstellung "Exercitia – Arbeiten mit Schwarz" beginnt am Freitag im Kloster

Von Peter Morlok

Horb. Der in Hochdorf lebende Maler und Zeichner Siegfried Kuhlbrodt stellt ab dem 28. November im Klosterforum ein Dutzend seiner Arbeiten aus.

Der 60-jährige studierte Kunstpädagoge und Philosoph arbeitet seit 2010 als Dozent an der Jugendkunsthochschule sowie an der VHS in Nagold. Diese Ausstellung ist seine erste Werkschau in Deutschland, wie er im Pressegespräch betonte. Zu diesem ersten Kennenlernen luden die Kunstausstellungsmacher vom Projekt Zukunft, Muriel Shah und Helmut Loschko, am Montagnachmittag ins Forum ein. Der erste Blick, als man den Raum betrat, fiel auf ein paar kunstvoll zusammengestellte Holzlatten, die – bei der Kunst weiß man ja nie so richtig – mit ein paar geschwollenen Erklärungen aufgemotzt, locker als moderne Skulptur durchgegangen wäre. "Das ist ein echter Loschko", lachte der Hausherr auf Nachfrage und erklärte, dass es sich hier nicht um Kunst, sondern lediglich um die zusammengeklappten Stellwände der Ausstellung zu den Friedenstagen handelt – naja, man kann nie wissen.

Damit war auch der Blick frei für die augenscheinlich recht eigenwilligen Arbeiten von Siegfried Kuhlbrodt. Er reduziert sich und seinen Stil bei den ausgestellten, großen Bildobjekten ausschließlich auf die Mittel des Zeichners. "Bevor man einen geraden Strich zeichnen kann, bis dahin kann viel Zeit vergehen", weiß er aus eigener Erfahrung und vergleicht das Ganze mit der Musik. "Selbst große Musiker müssen jeden Tag über viele Stunden üben – und vielleicht nach 40 Jahren täglicher Selbstdisziplin hört sich dann das C genauso an, wie es sich der Künstler selbst immer vorstellte". Er selbst kann inzwischen gerade Striche zeichnen und dokumentiert dies in einer seiner Arbeiten, die aus einer Unzahl eben dieser geraden Striche besteht.

Ein weiteres Projekt, das der Künstler schon mal zur Veranschaulichung freigegeben hatte, trägt den Titel: "Vielversprechende Anfänge".

Selbst beim genaueren Hinsehen braucht man, wie bei vielen Dingen im Leben, noch die Erklärung des Meisters, um hinter den tieferen Sinn dieser Abstraktion zu kommen. Tausende von Kringeln, Striche, Pfeile, figurale Elementen, Zacken und, und, und, – jedes dieser Zeichen ist tatsächlich ein vielversprechender Anfang einer Zeichnung – tummeln sich scheinbar völlig plan- und sinnlos auf sechs Plexiglasscheiben, die hintereinander, mit geringem Abstand, angebracht sind und die Bildstruktur mit jedem Wechsel des Blickfeldes verändern. "Besonders gut zur Geltung kommt dies, wenn die Objekte scheinbar frei im Raum schweben" erklärt der Künstler.

Für diese Art Kunst muss man sich Zeit nehmen

Doch diese besondere Befestigungstechnik konnte Siegfried Kuhlbrodt im Kloster nicht anwenden, da die Wände durch den Denkmalschutz nicht angebohrt werden dürfen. Egal ob sie nun freischweben oder an der Wand hängen – die Zeichenspuren und deren Bewegungsrichtungen faszinieren und nehmen den Betrachter gefangen. Es ist keine Kunst, die man im Vorbeigehen mitnehmen kann. Man muss sich Zeit lassen, sich mit jeder Arbeit beschäftigen, ihre teils sehr versteckte Botschaft suchen und sich nach und nach mit der wahnsinnigen Vielfalt, die sich hier so puristisch präsentiert, anfreunden. Mit den Namen, die Kuhlbrodt jedem Bild gab, drückt er den Ausstellungsbesuchern den Schlüssel zum Inneren des Bildes jedoch freundlicherweise schon mal in die Hand.

"Exercitia – Arbeiten mit Schwarz" hat Kuhlbrodt diese Ausstellung genannt. Für ihn ist diese Art des zeichnerischen Ausdrucks auch ein großer Teil Selbstfindung, die trotz stundenlanger, unermüdlicher Arbeit so viele endorphingesteuerte Glücksmomente bereithält, wie sie der Bergsteiger nach einem unsagbar schweren Aufstieg oder der Ultradauerläufer erlebt, der seinen inneren Schweinhund schon lange abgehängt hat.

Siegfried Kuhlbrodt und das Projekt Zukunft laden am Freitag, 28. November, um 19 Uhr zur Vernissage ein. Muriel Shah wird gewohnt fachkundig in die Ausstellung einführen und der Künstler selbst wird ebenfalls vor Ort sein, um das kunstinteressierte Horb mit einem schwarzen Strich – oder Kringel – für sich zu begeistern.