Schräglage? Im Belle Arti gibt es wieder einen Wechsel der Wirte: Der erst im Oktober gestartete Roberto Materazzi wechselt die Lokalität. Foto: Hopp

Statt Roberto Materazzi steht Nadine Wäschle hinter der Theke. Besitzer Mayk Herzog: "Einkaufszentrum spielt eine Rolle".

Horb - Es geht vorder-gründig "nur" um einen Wirtewechsel. In Wirklichkeit aber auch darum, was das nahende Einkaufzentrum und der städtebauliche Ideenwettbewerb in der Kernstadt auslösen wird.

Am Belle Arti hängt seit gestern ein Schild: Ab 15. Februar begrüßt Familie Wäschle und Team die Gäste.

Eine Ankündigung, die Verwunderung auslöst. Hatte doch der Horber Architekt und Immobilienbesitzer Mayk Herzog gemeinsam mit dem Gastronomen Roberto Materazzi im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten angekündigt, dass beide gemeinsam eine "Italo Gastro Meile" entlang der Neckarstraße planen. Mit dem Café Leda, welches Materazzi seit dem Frühjahr wieder übernommen hatte. Dazu hat Materazzi Anfang Oktober das Belle Arti übernommen.

Und Nadine Wäschle, vorher Geschäftsführerin des Belle Arti und der Haifischbar, solle die Haifischbar bleiben.

Dazu hatte Peter Haipt, Besitzer des Hauses, in dem das Dolcetto von Lilo Fradella und seiner Familie war, ab Februar diesen Jahres an Materazzi und Mayk Herzog verpachtet. Hier wollen die beiden eine Art Bar aufmachen.

Warum macht Materazzi das Bella Arti nicht mehr? Herzog, dem diese Immobilie und auch die des Café Leda gehört, sagt: "Die Wäschles haben mir gesagt, dass sie das Belle Arti vermissen. Die Haifischbar alleine sei ihnen zu langweilig gewesen."

Im November habe es ein Gespräch gegeben, bei dem man sich auf die jetzige Konstruktion geeinigt hätte. Das heißt: Die Familie Wäschle macht das Belle Arti, die Familie Durmaz die Haifischbar.

Herzog: "Die Wäschles machen wieder das Belle Arti. Roberto und ich werden das Dolcetto eröffnen. Ich kümmere mich um das Café Leda. Das war für mich immer eine Herzenssache."

Für Gäste schien es so, als ob Roberto Materazzi seinen Wirt-Status im "Bella Arti" sehr genossen hatte. Hat er sich mit Herzog zerstritten?

Mayk Herzog: "Nein. Es gibt überhaupt keinen Streit zwischen Roberto und mir. Auch geschäftlich ist alles gut gelaufen - es sind keine Mieten offen. Und die neue Konstruktion war für Roberto auch okay. Wir haben beschlossen, diese Konstruktion Ende Januar umzusetzen. Dann sind alle wieder glücklich."

Aber: das Ergebnis des städtebaulichen Ideenwettbewerbs könnte das Glück wieder etwas trüben. Darin enthalten: Das Haus des Dolcetto soll abgerissen werden, hier soll eine Freitreppe Richtung Sommerhalde entstehen.

Gestern vor einer Woche stellte der Investor Sepa-Aktiv die konkreten Pläne für die Neckargalerie am Bahnhof vor.

Kein Wunder, dass da auch Immobilienbesitzer Mayk Herzog ins Überlegen kommt. Herzog: "Das Einkauszentrum spielt bei den Zukunftsüberlegungen für das Belle Arti sicherlich eine Rolle. Und auch beim Dolcetto."

Kernstadt: Im Sommer belebt, aber im Winter einsam

Denn: Während das Einkaufszentrum gebaut wird, sollen auf dem jetzt freien Platz vor der Polizei Container aufgebaut werden – für den Kundenverkehr der Kreissparkasse.

Doch ist das eher positiv für das Dolcetto oder negativ? Weil die Container doch den Eindruck der jetzigen "Sonnenterrasse" arg trüben dürften. Dazu kommt: Können die beiden Apotheken auf Dauer dem verlockenden Umzug ins neue Einkaufszentrums widerstehen? Wie der Schwarzwälder Bote erfuhr, gäbe es auch dafür eine angedachte Möglichkeit, obwohl der Bebauungsplan eine Apotheke direkt nicht vorsieht.

Herzog: "Die Erfahrungen der Gastronomie zeigen, dass im Winter kaum Leute in die Stadt kommen. Im Sommer ist die Gästefrequenz gut."

Daraus ergibt sich natürlich die Frage, was mit der Gastronomie auf der Neckarstraße passiert, wenn gerade im Winter die Neckargalerie überdachte und warme Plätze in zwei Cafés bietet.

Daraus ergibt sich für Herzog die Frage: Wie lange sind im Dolcetto gute Umsätze zu erwarten? Und wie viel investiert man für einen möglicherweise kürzeren Zeitraum als geplant in die Inneneinrichtung?

Und was passiert mit der Neckarstraße, falls die Drogerie Müller, wie spekuliert wird, in das Einkaufszentrum zieht? Es dürfte inzwischen ein offenes Geheimnis in Horb sein, dass die Personalkosten für einen Betrieb auf drei Ebenen höher sein dürften als auf einer Ebene... In den Plänen für die Neckargalerie ist im Erdgeschoss jedenfalls eine große Fläche für Drogerie vorgesehen.

Wer im Belle Arti zu Mittag gegessen hatte, konnte gut beobachten, wie viele Leute den Kauf einer Kleinigkeit bei der Drogerie Müller mit dem Weg zu einer warmen Mahlzeit verbunden haben. Das sind, zumindestens aus der heutigen Warte, keine besonders hoffnungsvollen Perspektiven für ein Geschäft in der unteren Kernstadt. Kein Wunder, dass auch ein erfahrener Investor wie Mayk Herzog dort vorsichtig wird und sich genau die nächsten Schritte überlegt.

Für das Rathaus bedeutet das: Der bisher als eher unwahrscheinlich angesehene Kauf des Dolcetto-Gebäudes für eine Freitreppe könnte doch eher auf der Agenda stehen als geplant.