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Porträt: Jérôme Brunelle ist bei seiner SPD als Vize-Vorsitzender beim Ortsverein eingestiegen

Mit seinem Renault Twizy ist er Horbs bekanntester E-Auto-Fahrer: Jérôme Brunelle. Jetzt hat er sich einen Tesla S bestellt und will in den Gemeinderat.

Horb. Seit Dezember ist er stellvertretender Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Horb. Und einer der interessantesten Polit-Newcomer von Horb. Elf Jahre lang hat er als Radiomoderator bei Antenne Eins gearbeitet. Brunelle: "Mit 18 habe ich angefangen. Das war schon eine coole Zeit: Wenn du raus bist zur Pause, da haben dich die Mädchen angehimmelt."

Jérôme Brunelle war meistens der Mittags-Mann, doch auch die Morning-Show hat er moderiert. Er grinst: "Ich habe auch dazu beigetragen, dass Ostermann zu Antenne kam." Mehr will er aber nicht verraten. Doch 2007 reichte es ihm damit, der Brunelle bei Antenne zu sein. "Ich wollte was mit Menschen machen und nicht den ganzen Tag im Studio stehen. Viele haben mich für verrückt erklärt. Doch ich habe es nicht vermisst, dass ich nicht mehr im Mittelpunkt stehe."

Die Totalwende. Brunelle startet ein Lehramtsstudium und landet schließlich in Sulz – die erste Stelle. Klar, dass er es als Radiomann gewohnt ist, viel zu reden. Brunelle: "Ich habe mich nicht schwer getan, mich vor die Klasse zu stellen und anzufangen." Allerdings: Sulz hat ihm als Stadt nicht so richtig gefallen: "Also haben meine Frau und ich uns ins Auto gesetzt und sind Richtung Stuttgart gefahren, um zu schauen, was kommt. Die Kulisse von Horb hat uns gleich gefallen."

Seit 2010 ist Brunelle also eine echter Horber. Dann kamen die Flüchtlinge. Brunelle: "Die haben bei uns Schutz gesucht, da habe ich mich engagiert. Ich habe Kontakt mit Gisela Höpfer aufgenommen und bin in den Lenkungskreis gegangen. Gleichzeitig habe ich mir Sorgen um die politischen Entwicklung gemacht. Viktor Orban, Le Pen, Trump – und Europa kriegt nicht viel geregelt." Auch sein Radio-Vorbild Elmar Hörig – "Ich war ein Riesen-Fan von ihm und habe sogar Sendungen von ihm aufgenommen" – fiel durch rechte Äußerungen auf. Brunelle: "Das hat besonders weh getan. Ich war ein Riesenfan von ihm. Doch ich habe ihn bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Dazu habe ich mich mit seinen Fans auf Facebook auseinandergesetzt. Dabei habe ich gemerkt, wie massiv du bedroht wirst. Das sind die tiefsten Tiefen."

Brunelle – er wurde gerade geehrt für die 25-jährige Mitgliedschaft in der SPD. Der Horber: "Ich habe schon immer wieder Angebote bekommen für krasse Posten. Doch als Radiojournalist kann ich nicht über Politik berichten und selbst aktiv sein. Vor anderthalb Jahren habe ich dann angefangen, zu überlegen, politisch aktiv zu werden."

Der Lehrer, der jetzt an der Werkrealschule Empfingen arbeitet: "Ich war bei der OGL und bei Viviana Weschenmoser. Weil meine Themen teilweise grün sind. Elektromobilität, Solarenergie und Windkraft. Auf der anderen Seite habe ich mich schon immer für soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Auch der Zusammenhalt von Europa liegt mir am Herzen. Es ging mit immer darum, Themen voranzubringen und nicht mich. Es hört dir aber niemand zu, wenn du keine Posten hast. Und wenn ich das mache, dann mache ich das ernsthaft. Das bin ich auch meiner Frau und meinem Kind schuldig."

Sein politisches Engagement – bisher ist er zufrieden. Jérôme Brunelle: "Ich lerne – das ist für den Anfang das wichtigste. Wenn man sich in die Politik einbringt, bekommt man was zurück. Ich habe keinen Bock auf das, was vielen Politikern nachgesagt wird: Ich will, dass man ehrlich miteinander umgeht. Und wenn man keine Antwort hat, das auch ehrlich zu sagen. Deshalb kann ich mir vorstellen, das eine oder andere politische Amt anzustreben. Gleichzeitig habe ich aber auch kein Problem, mich in der ersten oder zweiten Reihe einzubringen."

Wichtig ist ihm die Unabhängigkeit: "Ich bin nicht darauf angewiesen, in der Politik mein Geld zu verdienen. Das Heischen um Aufmerksamkeit habe ich durch die Radio-Zeit schon hinter mir."

Brunelle – ein Typ, der nicht unbedingt den Typ "Arbeiterpartei" vertritt. Smartwatch am Handgelenk, Smartphone auf dem Tisch. Und als nächstes fährt er ein dickeres Auto als Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger. Brunelle: "Ich habe jetzt den Tesla S gekauft. Er ist schon in Rotterdam. Es dauert noch vier Wochen, dann kann ich ihn endlich fahren."

Der Tesla S ist das nach Brunelles Meinung das einzige E-Auto, das "richtig" funktioniert. Eine Luxuslimousine mit einer Reichweite von 300 bis 400 Kilometern ohne Aufladen, inklusive Heizung. Ganz anders als in seinem schmalen Twizy, der nicht mal Scheiben an der Seite hat. Brunelle: "Das habe ich mir lange überlegt und mit meiner Frau gründlich diskutiert. Aber es hat eine Preissenkung gegeben, sodass der Tesla S in die Förderung gerutscht ist. Dazu gibt es den Strom für das Aufladen umsonst. Ich bin halt von der E-Mobilität fasziniert."

B runelle – ein Typ unter Strom. Auch in der Politik. Er sagt: "Ich schaue, wo bin ich am besten aufgehoben. Wo kann ich am meisten bewegen? Ich lerne und schaue, was draus wird. Vielleicht merke ich nach einem Jahr, ich bin nicht gut genug." Wichtig für ihn: demokratisch wählen.

Der Vize-Vorsitzende des SPD-Ortsvereins: "Ich versuche, nicht in Konkurrenz zu denken. Bei Juliane Vees (CDU) hole ich mein Bio-Gas. Das ist eine coole Frau. Ich habe nur ganz große Probleme, mit der äußersten Rechten zu sprechen. Da habe ich echt Mühe, denen die Hand zu geben. Ich kämpfe vor allem dafür, dass die Menschen demokratisch wählen gehen. Selbst wenn jemand sagt: ›Brunelle ist doof‹ und wählt die CDU, bin ich froh. Zwar nicht glücklich, aber die CDU ist eine demokratische Partei." Und was könnte sein nächstes Projekt sein? Brunelle: "Vielleicht versuche ich, in den Gemeinderat zu kommen."