Immobilienexperten sehen in Horb Potenzial für mehr Wohnen in der Stadt. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Wohnen: Vorstandsmitglieder von Haus & Grund empfehlen, leer stehende Läden in Wohnungen umzubauen

Horb. Wohnen ist mehr als nur Zeitvetreib in vier Wänden. Es geht ums Wohlfühlen und ums gute Umfeld. Wer sich heute für einen Wohnort entscheidet, schaut genau hin. Auch in Horb. Wie schätzen Fachleute von Haus & Grund Horb – der dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert – die aktuelle Situation ein? Die Vorstandsmitglieder Tilman Stroh, Michael Langner und Manfred Bok sehen in Horb Potenzial für mehr Wohnen in der Stadt.

Vie le hoffen auf eine Belebung der Innenstadt durch Einzelhandel. Zu Recht?

Stroh: Ich kann den Hauseigentümern in der Kernstadt nur empfehlen, alte Ladenlokale in Wohnungen umzubauen. Es fehlen Wohnungen in der Stadt. Der schöne Effekt wäre eine Belebung der Stadt mit mehr Bewohnern. In der Innenstadt müsste man neue Wege gehen. Einzelhändler, wie man sie vor 20 Jahren hatte, wird es nicht mehr geben. Langner: Flächen von unter 800 Quadratmetern sind für Filialisten unattraktiv. Wer einen kleineren Laden betreibt, der müsste mit einem eigenen Produkt aufwarten können, das es sonst nirgendwo gibt. Es ist fraglich, ob das beim heutigen Angebot im Internet funktioniert.

Aber welche anderen Ideen außer mehr Wohnraum gäbe es denn für die Innenstadt?

Stroh: Da darf es keine Denkverbote geben. Was man probieren könnte, wäre zum Beispiel ein Showroom für Handwerker. Der könnte auch von mehreren Handwerkern betrieben werden. Jedenfalls kann ich es nicht empfehlen, auf eine Rückkehr des alten Einzelhandels zu warten. Bok: Ein kleiner Laden hat keine Lebenschance. Das Sortiment der kleinen Läden ist in die Supermärkte eingegangen, und Horbs Innenstadt ist zum schönen, großen Wohndorf geworden. Ich habe an einem Tag mal gezählt, wie viele Leute zwischen halb zehn und elf Uhr morgens durch die Innenstadt gehen. Es waren 25! Wie soll da ein kleiner Unternehmer bestehen? Stroh: Dann hat die Stadt in der Kaserne noch etwas geschaffen, das die Innenstadt kannibalisiert.

Altes Argument: Mit dem Einkaufszentrum wird die Kernstadt aufblühen.

Bok: Fachleute haben gesagt, dass das Einkaufszentrum täglich von 3000 Personen besucht werden muss, damit es sich rechnet. Schwer vorstellbar in einer Stadt, wo pro halbe Stunde 25 Leute vorbeilaufen. Stroh: Das Einkaufszentrum kommt 20 Jahre zu spät. Langner: Horb wird keinen Vorteil von diesem Rumpf-Kaufhaus haben. Wie man hört, läuft sogar manch eines der größeren Einkaufszentren heute nicht mehr so gut. Wie soll man da für Horb Kunden gewinnen?

25 Jahre Haus & Grund Horb. Was hat sich in dieser Zeit am Immobilienmarkt geändert?

Langner: Demografischer Wandel war vor 20 Jahren noch ein Fremdwort. Zwei der Themen, um die es damals häufig ging, waren Steuern und Abschreibungen. Den ganzen Bereich Energetik gab es damals noch nicht. Bok: Damals waren Baufinanzierungen noch mit null Eigenkapital möglich. Das ist längst vorbei. Heute sollten mindestens 40 Prozent da sein. Auffällig war auch, dass in den neunziger Jahren viel in den neuen Bundesländern investiert wurde. Da floss viel Geld rüber. Aber wir haben uns weitgehend davon distanziert. Es war ein fremder Markt, über den man nichts wusste. Und bis heute kann ich sagen: Horb ist empfehlenswert! Stroh: Was natürlich auffällt ist, dass die Herstellungskosten in den vergangenen Jahren gestiegen sind.

Ist Horb attraktiv zum Wohnen oder in Wohnraum zu investieren?

Bok: Ich bin stolz auf Horb und habe gerne hier investiert, auch wenn die Rendite teils magerer geworden ist. Wir haben hier gute Infrastruktur und viele Einrichtungen. Die sollte man stärken. Stroh: Und das Bestehende muss auch ins rechte Licht gerückt werden. Haus & Grund hat sich den Veränderungen angepasst. Jedes Angebot und jeder Verein sollte versuchen, sich mal neu zu "erfinden" oder zumindest sich dem Neuen anzupassen.

Für jüngere Leute heißt das dann oft: immer flexibel bleiben. Aufbau von Vermögen oder Immoblienkauf müssen warten.

Stroh: Der Einzelne hat heute viel mehr Freiheiten. Nicht selten gehen Leute ein paar Jahre ins Ausland. Dann verschiebt sich die Planung eines stärker geregelten Lebens nach hinten. Langner: Als Nachteil kommt oft die schwierige Arbeitssuche nach dem Studium dazu. Und es gibt keine Kredite!

Macht sich die schwierige Lebensplanung bei den Beratungen von Haus & Grund bemerkbar?

Bok: Ja, sogar im Bezug auf die älteren Leute. Viele wollen heute gar kein Haus mehr. Sie finden sich mit einer altengerechten Wohnung ab. Langner: Beim Kauf einer Immobilie gibt es selten ein Problem, denn da gibt es eine Lebensplanung. Erst beim Konfliktfall, zum Beispiel, wenn jemand sein Haus verkaufen muss, tauchen viele Fragen auf.

Gibt es Empfehlungen an die Adresse des Rathauses?

Langner: Die Diskussion um sozialen Wohnungsbau sollte versachlicht werden. Man darf hier nicht emotional diskutieren und den Eindruck erwecken, wir hätten Versäumnisse. Stroh: Wir bieten Kooperation an. Haus & Grund hat den besseren Draht zu den Immobilienbesitzern. Die Stadt muss auch selber Geld in die Hand nehmen, wenn es um Sanierungen geht. Bok: Es gilt: innen vor außen. Mit der Innenstadt muss man sensibler umgehen. Man kann nicht die Infrastruktur auf riesige Flächen erweitern, auf denen es später nur noch wenige Einwohner gibt.

 Die Fragen stellte Christof Schülke.