Diese Flugschrift erinnert an eine Naturkatastrophe, die sich vor 430 Jahren im Altheimer Tal ereignet hat. Während die Stadt feiert, öffnet der Kultur- und Museumsverein am kommenden Sonntag zwischen 14 und 17 Uhr anlässlich des Tags des offenen Denkmals die Tür zum Torwärterhäusle und erinnert nicht nur an diese Katastrophe. Foto: Kultur- und Museumsverein

Im Torwärterhäusle wird am Tag des offenen Denkmals an furchtbare Katastrophen erinnert

Horb. Der Kultur- und Museumsverein öffnet am morgigen Sonntag, 14. September, von 14 bis 17 Uhr anlässlich des Tags des offenen Denkmals die Tür zum Torwärterhäusle und erinnert mit zeitgenössischen Dokumenten an zwei Naturkatastrophen, die vor mehr als 400 Jahren im Altheimer Tal starke Schäden anrichteten. Zur Besichtigung des Torwärterhäusles ist jedermann eingeladen.

Der Platzbrunnen auf dem unteren Horber Markt wurde zusammen mit dem Talbrunnen 1579 im Stil der Renaissance neu erbaut, nachdem sich im Mai des Vorjahres hier im Grabenbachtal eine verheerende Überschwemmungskatastrophe ereignet hatte. In ihrer Not wandte sich die Horber Bürgerschaft an den Landesherren Ferdinand II. von Österreich-Tirol, der zur Beseitigung des gewaltigen Schadens für fünf Jahre auf den Einzug der der Herrschaft zustehenden Hälfte des Umgelds, einer Art Getränkesteuer, verzichtete. Aus Dankbarkeit stellten die Horber ein lebensgroßes Standbild des Erzherzogs auf die Brunnensäule des Platzbrunnens.

Die Unwetterkatastrophe notierte der Zürcher Archidiakon Johann Jakob Wick in seiner Chronik und versah die Notiz mit zwei Abbildungen, die oben drei Hexen beim Schadenszauber zeigen und darunter die im Hochwasser versunkene Stadt. Der Eintrag lautet: "Von einer grusamen wassergüsi zuo Horw. Am 15. Tag Meyens ist zuo Horw, nütt wyt von Rotwyl vom himmel herab ain wolkenbruch gefallen, darvon ain grusam wassergüsi angang, hatt lüth (Leute) und vyeh (Vieh) mittsampt 10 hüseren (Häusern) hinweg gefürt und ertrenkt."

Über diese Katastrophe berichtete auch ein in Straßburg gedrucktes Flugblatt in Verbindung mit zwei Missgeburten, die angeblich in Norditalien das Licht der Welt erblickt hatten. Sogar im fernen Antwerpen hielt Ambrosius Wetz die Katastrophe in Reimform fest und verwies in seiner "Neuwen zeitung" auch gleich auf die Schuldigen, denn keine drei Wochen später wurden neun Frauen vom Horber Stadtgericht zum Tode verurteilt und auf der Horber Richtstätte beim Galgenfeld verbrannt.

Keine unmittelbare Hexenverfolgung fand in Horb merkwürdiger Weise nach einer ähnlichen Katastrophe statt, die sich sechs Jahre später am 23. Juli 1584 wiederum im Grabenbachtal ereignete. Dabei wurde sogar die "Thorwächterin sampt eim Kind und ihrem Heußlin" vom Hochwasser mitgerissen. Bei dieser Katastrophe hat das Hochwasser auch einen "Brunn gar zierlich zugerüst" wiederum zerstört. Vielleicht ist deshalb der Talbrunnen fast 350 Jahre lang ohne Brunnenfigur geblieben.

An eine der Hochwasserkatastrophen erinnerte auch eine Inschrift an der ehemaligen Spitalscheuer, und es scheint so, als ob sich in dieser Inschrift die Berichterstattungen beider Katastrophen miteinander verwoben haben. Danach haben sich ein altes Pferd und eine große Kuh vor dem Hochwasser gerettet, indem sie in der Scheuer die Stiegen hinauf gestiegen sind. Trotzdem sollen die beiden Tiere auf der Bühne immer noch bis zum Bauch im Wasser gestanden haben.

Wie beim Bildechinger und Mühlener Tor war das "Thorhäusle" beim Altheimer Tor dem rund 23 Meter hohen Torturm vorgelagert, sodass sich vor dem Stadttor ein so genannter Zwinger ergab. Die Errichtung dieser den Stadttoren vorgelagerten Befestigungswerke muss vor dem Jahr 1531 erfolgt sein. Der Torbogenansatz zu diesem Zwinger wurde bei der Sanierung der Außenmauer wieder deutlich hervorgehoben und ein Rest der überwiegend abgegangenen Zwingermauer weist wieder in Richtung Ringmauerturm. Der letzte große Umbau dieses Stadteinganges erfolgte nach den Ergebnissen einer vom Kultur- und Museumsverein in Auftrag gegebenen dendrochronologischen Untersuchung im Jahr 1662, als auf den massiven Sockel des Torwärterhäuschens ein abgezimmerter Fachwerkstock mit aufgesetztem Satteldach errichtet wurde.