Sandra Slink (rechts) würde sich freuen, wenn für Schwester Lara Betreuungsplatz in der Kaserne geschaffen würde. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Familie Slink aus Dettensee schlägt Räume für behinderte Menschen vor / Lange Fahrtzeiten wären passé

Von Peter Morlok

Horb. Wäre es möglich, bei der Umwidmung des Kasernengeländes Raum für die Einrichtung einer Tagesbetreuung für schwerst- und mehrfachbehinderte Menschen zu schaffen? Eine Frage, die sich die Familie von Lara Slink (Dettensee) seit dem Besichtigungstermin Anfang des Monats stellt.

Bei der zweiten Bürgerbeteiligung zur Entwicklung der Hohenbergkaserne fielen im Ergebnis der Gruppe, die sich Gedanken über die Bürgerbegegnungs- und Freizeitnutzung respektive eines Bürgerzentrums für Begegnung, Sport, Freizeit und Gesundheit machen sollte, beim Themenblock "Was fehlt?" zwei Kärtchen auf, die ganz am Rand Platz fanden und auf denen bemängelt wurde, dass Behinderteneinrichtungen mit Raum für benachteiligte Menschen fehlen würden.

Zwei Kärtchen, deren Platzierung rechts am Tafelrand schon irgendwie unterschwellig die Bedeutung dieses Wunsches symbolisierten. Am Rand der Tafel – am Rand der Gesellschaft.

Bei genauem Hinsehen und beim Gespräch mit den beiden "Kärtchenschreiberinnen" scheint sich dieser Eindruck zu bestätigen. Gerlinde Slink und ihre Tochter Sandra, die eine Ausbildung zu Heilerzieherin macht, wissen ganz konkret, warum sie Räume, in denen man schwer- und mehrfachbehinderte Menschen betreuen könnte, gerne auf dem Hohenberg sehen würde. Ihre Tochter/Schwester Lara (20) leidet unter dem RETT-Syndrom.

Anfangs eine normale Entwicklung

Im Internet steht dazu: "Auf eine anfänglich normale Entwicklung folgen zwischen dem sechsten und 18. Monat zuerst Stillstand und dann eine deutliche Regression. Fähigkeiten werden wieder verlernt, der normale Gebrauch der Hände geht verloren. Die sprachliche Entwicklung tritt verzögert auf oder bleibt in einem frühen Stadium stecken. Oft fehlt die Sprache völlig." Oder anders ausgedrückt: Lara ist derzeit auf dem Stand eines zweijährigen Kindes. Ein Zustand, der sich nie besseren wird.

Dass sich Eltern oder erwachsene Geschwister wie die beiden Slinks die großzügigen Räume im Erdgeschoss eines der Stabsgebäude deshalb gut für die Einrichtung einer betreuten Behinderten-Gruppe vorstellen können, ist nachvollziehbar.

Sie schwärmten im Gespräch mit unserer Zeitung von den Räumen, die neben viel Platz für Gruppenräume auch Zimmer für Rückzug und Ruhe oder sogar für Individual-Therapien bieten würden. Aus ihrer Sicht könnte sich eine Alternative zu den einzigen Betreuungsmöglichkeiten – die Schwarzwaldwerkstatt in Dornstetten sowie die Bruderhaus-Diakonie in Grömbach-Seewald – im Kreis Freudenstadt ergeben.

"Horb wäre der ideale Standort", glauben die beiden Frauen. Sie verweisen auf die Pestalozzi-Schule, die bis zum 18. Geburtstag der Behinderten großartige Arbeit leistete. Aber dann ist hier Schluss. Nach dem Schulabgang kommt nur die staatlich geförderte Betreuung in den beiden Einrichtungen in Frage.

Lange Anfahrzeiten sind so unumgänglich und man würde die behinderten Menschen aus ihrer vertrauten Umgebung herausnehmen, so die Erfahrung von Gerlinde Slink. Auch deshalb glaubt sie, dass zwei Einrichtungen auf dem Hohenberg mehr Qualität im Gesamt-Betreuungspaket bieten würden. Aber – und das ist wahrscheinlich der Casus Knacksus an der ganzen Überlegung – wer bezahlt das Ganze?. "Der Landkreis bestimmt nicht", ist sich Barbara Rauschenberger, die Vorsitzende der Lebenshilfe Horb/Sulz und Mitglied im Verwaltungsrat der Dornstetter Behinderteneinrichtung ist, sicher. "Ich weiß, was hier finanziell im Kreis möglich ist – für eine weitere Einrichtung, und sei sie noch so wünschenswert – ist definitiv kein Geld da."

Das wissen auch die Frauen aus Dettensee. Ihr Finanzierungsmodell würde eher auf einen Förderverein hinauslaufen, in dem sich Kirchen, Unternehmen, Privatpersonen und eventuell die Stadt einbringen sollten. "Es gibt städtische Kindergärten – warum nicht auch eine städtische Behinderteneinrichtung?", fragen sie und müssen sich jedoch die Gegenfrage, die eine Insiderin stellte, gefallen lassen: "Brauchen wir überhaupt ein städtisches Behinderten-Ghetto – haben wir so viel Bedarf an weiteren Betreuungsplätzen, dass sich eine solche Investition an Raum, Zeit und Geld lohnt?".

Trotz allem würden sich die Frauen aus Dettensee freuen, wenn sich Gemeinderäte ihrer Bitte annehmen würden oder sich zumindest Sensibilität in dieser Sache entwickelt.