Franz Geßler feiert heute "im kleinen Kreis" seinen 70. Geburtstag. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Pendler zwischen der Kunst und der Historie: Franz Geßler feiert heute seinen 70. Geburtstag

Von Peter Morlok

Horb. Einer der wohl bekanntesten lebenden Söhne der Stadt feiert einen ganz besonderen Geburtstag: Franz Geßler wird heute, am Tag des Bieres, 70 Jahre. Der gelernte Schriftsetzer, Gastwirt, Berufsschullehrer, Künstler und profunder Kenner der Horber Geschichte ist in seiner Heimatstadt so etwas wie der berühmte "bunte Hund", den jeder kennt. Er, der Mann mit dem Zigarillo und der heiteren Gelassenheit, die er immer ausstrahlt, ist ein Pendler zwischen dem Hier und Heute, der Kunst und der Historie seiner Heimatstadt.

Am 23.April wurde er als ältestes von drei Kindern der Eheleute Maria und Robert Geßler, den damaligen Wirtsleuten des "Schiff" auf dem oberen Marktplatz, geboren. Seit 1730 ist dieses Haus im Besitz der Geßlers, und seit 1993 führen Franz und seine Frau Blandina, die von allen nur Blanda genannt wird, diese Tradition weiter. Blanda ist die Wirtin, der Jubilar hilft mit, wo er kann und wann immer es seine Zeit erlaubt.

Um dem Historiker Geßler gerecht zu werden, hier ein kleiner Blick zurück: Franz Geßler besuchte die Volksschule und begann 1958 eine Schriftsetzerlehre in Horb. Später zog es ihn beruflich nach Stuttgart. Er arbeitete dort in der Union-Druckerei und wohnte im Kolping-Haus. Neben seiner Tätigkeit nahm er die Gelegenheit wahr und holte auf dem zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife nach. Dann kam die Zeit der Bundeswehr. Er wurde zur Luftlandeeinheit nach Lembach/Saarland eingezogen und brach sich bei einem Springerlehrgang in Albstadt den Fuß. Was zuerst wie Pech aussah, stellte sich dann als einer der größten Glücksfälle in seinem Leben heraus. Er lernte bei seinem Aufenthalt im Bundeswehrkrankenhaus seine Blanda, geborene Harder, kennen und lieben. Am 17. August 1968 heirateten die beiden und bauten sich ihr "Nest" aufs Schiff. Zwei Kinder – Johannes (43 Jahre) und Maria (33 Jahre) – wurden den beiden geschenkt, und der Enkel Johannes junior, heute 15 Jahre, ist der ganze Stolz von Opa und Oma Geßler.

Franz pendelte anfangs zwischen Horb und Stuttgart, wo er arbeitete und sein Studium an der Berufspädagogischen Hochschule abschloss. Später kannte er auf der Strecke Horb-Reutlingen jeden Stein, denn dort war er an der Berufs- und Fachschule, der Kerschensteinerschule bis zur Pensionierung vor fünf Jahren 36 Jahre lang als Oberstudienrat aktiv.

Die Schwerpunkte seiner Lehrtätigkeit reichten von den allgemeinbildenden bis zu den technischen Fächern im Berufsfeld Farbe. Ein sichtbares Überbleibsel aus jener Zeit ist die Außenfassade des Amtshauses auf dem oberen Marktplatz. Drei seiner Meisterschüler – Kurt Hammer, Martin Killing und Helmut Müller – haben unter seiner Regie für einen "Appel und ein Ei" diese barocke Amtshausfassade gemalt. Historie und Kunst gingen hier eine Symbiose ganz im Sinne von Geßler ein.

Er war Gründungsmitglied des Horber Kultur- und Museumsvereins und ist seit vielen Jahren dessen Ehrenvorsitzender. Auch im Städtebau- und Sanierungsausschuss, dem er seit seiner Gründung vor rund 30 Jahren angehört und dessen Entscheidungen "heutzutage oft viel Kritik nach sich zieht", wie er betonte, ist er aktiv.

Sein langes Engagement um die Historie und das Wohl Horbs trug ihm viele Ehrungen und Würdigungen – darunter auch die Landesehrennadel – ein. Ehrungen, über die er sich alle gefreut habe, wie er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten versicherte. Nur in welchem seiner 150 Ordner, die allein mit Unterlagen zur Stadtgeschichte und dem Museumsverein gefüllt sind, diese Ehrungen abgelegt sind, das weiß er beim besten Willen nicht mehr. Eine Retrospektive seines 40-jährigen Schaffens und Forschens, die passend zu seinem runden Geburtstag im Rahmen einer Ausstellung gestern im Foyer der Kreissparkasse eröffnet wurde, zeigt Momentaufnahmen seiner Arbeitsperioden der vergangenen Jahrzehnte (siehe Artikel unten). Für den Jubilar ist es an dieser Stelle und bei dieser Gelegenheit wichtig, einmal allen seinen Helfern, die ihn über all die vielen Jahre unterstützt haben, pauschal zu danken.

Heute wird er im "kleinen Kreis" feiern. Schaffen, forschen, spazierengehen und mit den Leut’ schwätzen, sein Wunsch an die Zukunft, verbunden mit der Hoffnung auf weiterhin gute Gesundheit, und dass er "in der Birne nicht nachlässt". Bei den vielen Projekten, die der schaffige Rentner im Unruhestand noch so vor sich herschiebt, besteht hier kaum Gefahr, denn seine grauen Zellen werden sowieso noch lange auf Hochleistung trainiert bleiben.

Von Peter Morlok

Horb. Jubilar Franz Geßler stellt sein Leben in der Kreissparkasse aus. Gestern Nachmittag lud er zur Vernissage und zeigte Teile seiner umfangreichen Sammlung.

Viele Horber, teils langjährige Weggefährten, die ihn bei seinen Bemühungen um den Erhalt der historischen Eindrücke Horbs begleiteten oder Freunde aus der Kunstszene fanden den Weg ins Foyer der Bank.

Sein Bruder Norbert, ehemaliger Musiklehrer am MGG, eröffnete die Feierstunde gemeinsam mit einem Blechbläserensemble des MIA-Orchesters Ahldorf. Sie spielten ihre brillant vorgetragenen Stücke von der Empore des Verwaltungstraktes herunter. Sparkassendirektor Holger Korneffel stellte in seiner Ansprache fest, dass in der Bank nicht nur nüchterne Geldgeschäfte sondern auch ganz hervorragend Musik gemacht werden kann.

Die KSK und die Kunst seien von jeher eine enge Liaison eingegangen. Gerade Franz Geßler war es, der bereits in den 1970er Jahre hier ausstellte und zudem Vorträge zum Horber Stadtbild und dem "Horber Bilderbuch" hielt, wie sich Korneffel erinnerte. Auch die kostenschwere Edition der beiden Burgenbücher – "die man heute mit Gold aufwiegen könne", wie Heiner Raible erklärte – wurde in Kooperation zwischen Bank und dem Kultur- und Museumsvereins, dessen Ehrenvorsitzender Franz Geßler seit langem ist, auf den Weg gebracht. "Es ist eine richtig große Vernissage geworden" freute sich der Bankchef, der betonte: "Wenn eine Persönlichkeit wie Franz Geßler ausstellt, dann darf es ruhig ein wenig größer werden."

Der Künstler, und so darf man den Mann mit dem stets freundlichen Lächeln ob der Vielzahl seiner Talente mit Fug und Recht nennen, stellt in dieser Werkschau einen echten Querschnitt seiner Arbeiten aus den vergangenen Jahrzehnten aus.

In Themenblöcke zusammengefasst findet der Betrachter herrliche Landschaftsbilder mit Aquarellkreide gemalt ebenso wie Malstudien aus den 1960er Jahren, die nur angefertigt wurden um mit verschiedenen Mischtechniken und Pigmentfarben zu experimentieren.

Auch sieht man Aktstudien, von denen ihm pikanterweise bis auf zwei Blätter alle sonstigen weiblichen Akte geklaut wurden, wie Geßler bei der Sichtung für diese Ausstellung feststellen musste. Den Schalk lässt der Maler bei seinen Jux- und Nonsensbildern raus, und seine "Abstraktionen" zeigen einen Franz Geßler weitab von Zirkel und Lineal. Neben diesen freien Arbeiten hat seine Aufgabe als Berufsschullehrer ebenso ihren Platz in der Ausstellung. So zeigt er, wie die Fassadengestaltung des Amtshauses so präzise gelang, oder er stellt den von ihm erfundenen "Perspektograf" dem staunenden Publikum vor.

Kurzweilig erzählte er noch Geschichten aus seinem Wirken und schrieb der Stadt Horb, vertreten durch Jan Zeitler, ins Stammbuch, dass man auf den von ihm mitbegründeten Kultur- und Museumsverein stolz sein darf. An seine Frau Blanda richtete der Vielbeschäftigte besondere Worte. Sie war es, die ihm immer den Rücken freigehalten habe und dafür dankte er ihr gestern vor allen Gästen.

Seine Kollegen vom Verein hatten auch etwas ganz besonders zu seinem Geburtstag dabei, dass sie ihm schon vorab überreichten. Ein Originalschriftstück aus dem Jahre 1802, in dem der spätere König von Württemberg an den Kaiser schrieb. Ein wahrer Leckerbissen für einen Mann, der die Historie seiner Heimatstadt wie kaum ein anderer kennt.

Jan Zeitler hob in seinen Grußworten hervor, dass der "fast 70er" für ihn und seinen Kollegen Rosenberger aus dem "Städtebau- und Sanierungsausschuss" der Stadt nicht mehr wegzudenken sei. "Sie bremsen uns immer ein, wenn wir mit jugendlichem Elan darangehen, etwas in der Stadt zu verändern". Zeitler merkte an, dass es vom Fachmann aber manchmal auch Lob gibt. "Das Parkhaus in der Wintergasse wird gut", soll Geßler attestiert haben. "Jetzt bin ich dran schuld", erwiderte dieser schmunzelnd, bevor er das Getränkebüffet und den Ausstellungsrundgang frei gab.