Einkaufszentrum mit einer großen Unbekannten: Wer zieht hier statt Charles Vögele ein? Foto: Hopp

Debatte um "Ersatzkandidaten" für Charles Vögele. Ist billig vielleicht sogar besser?

Horb - In sozialen Netzwerken macht schon das Wort von den "Ramsch-Arkaden" die Runde. Doch wie schlimm ist es, dass statt Charles Vögele nun einer von vier Ersatzkandidaten ins Horber Einkaufszentrum kommen wird?

Auf unserer Facebook-Seite Schwarzwälder Bote Horb hagelte es am Wochenende Kritik. Der Bericht unserer Zeitung am Samstag über die potenziellen Ersatzkandidaten für Charles Vögele schlug wie eine Bombe ein. "Das Ding ist ein kompletter Schuss in den Ofen", schrieb ein Nutzer. "Nichts und niemand will nach Horb. Aber warum nur?", schrieb ein anderer.

Der Investor

Kik, Tedi, Woolworth oder Upim. Einer dieser vier wird es werden, bestätigt auch der Investor. "Der Mietvertrag steht und er hat mit demjenigen Bestand, der für Charles Vögele nach Horb kommt", sagt Hans-Jürgen Birk von der Activ-Group in Schemmenhofen. Auf Facebook gibt es nur wenige positive Stimmen: "Abwarten, Upim ist neu hier und wird viele überraschen", schreibt ein User.

Stadtverwaltung und Investor wollen die neueste Nachricht aber nicht ganz so negativ bewerten. "Natürlich würde uns der Modebereich mehr passen", sagt Birk. Hoffen auf Upim? Die große Unbekannte? "Ich sehe Upim auf einem qualitativ guten Level", sagt der Investor, der zugibt, dass die italienische Kette für ihn dennoch ein unbeschriebenes Blatt ist. Für ihn sei der Trend in Deutschland aber klar zu erkennen, dass man vom klassischen Billigschema wegwolle. Ketten wie Kik und Takko würden ebenfalls das Billig-Image hinter sich lassen wollen.

Klar ist aber: Die Activ-Group hat es selbst nicht in der Hand: "Wir werden sicher nicht gefragt werden und müssen nehmen, was kommt."

Die Stadtspitze

Ähnlich formuliert es auch Oberbürgermeister Peter Rosenberger: "Es war uns allen klar, dass der Markt in Bewegung ist und sich immer wieder etwas tun kann." Die Stadt wolle natürlich immer noch den "guten Branchenmix", und Bekleidung sei dabei eine besondere Maxime gewesen. "Wir müssen jetzt den Weg zu Ende gehen. Etwas anderes bleibt uns jetzt auch nicht übrig." Bekleidung sei mit Mister+Lady, Ernstings Family und Deichmann immer noch an Bord. "Im vergangenen Jahr hat man sich noch darüber lustig gemacht, wie viele Schuhläden es in der Stadt gibt, jetzt muss man sogar froh sein, dass mit Deichmann ein neuer kommen wird. So schnelllebig ist diese Branche. Darüber hinaus halten wir auch noch einen Müller in der Stadt, der sonst abgewandert wäre. Und ich höre viele, die sich schon sehr auf den Rewe freuen."

Die Fraktionschefs

Auch in den Fraktionen des Gemeinderats wurde die Berichterstattung vom Wochenende aufmerksam verfolgt und diskutiert. "Ich war schon überrascht, als ich es aus der Zeitung erfahren habe. Aber solche Dinge sind nie vorhersehbar", sagt Michael Keßler , CDU-Fraktionsvorsitzender. Er habe aber Vertrauen in die Arbeit des Investors. "Er hat ein ureigenes Interesse, dass das Einkaufszentrum so attraktiv wie möglich wird." Er glaube weiterhin an den Erfolg des Projekts: "Ich freue mich jeden Tag, wenn ich an der Baustelle vorbeifahre." Deswegen könne er nicht verstehen, warum es auch einige gebe, die über die Größe und das Aussehen des Bauwerks geschockt sind. "Jeder hat doch die Planungen gesehen und wusste, was kommt. Außerdem wird es am Ende anders aussehnen."

Kritischer sieht es Alfred Seifriz , FD/FW-Fraktionsvorsitzender: "Ich bin schon in Sorge über die aktuellen Entwicklungen." Die Anziehungskraft auch für Auswärtige könne damit in Frage gestellt werden. Verärgert zeigt sich Seifriz auch, dass die Information nicht vom Investor selbst gekommen sei: "Ich finde das schon erstaunlich intransparent." Seifriz fordert, dass sich der Investor nun massiv dafür einsetzt, einen attraktiven Nachfolger für Vögele an Land zu ziehen.

Auch SPD-Fraktionschef Thomas Mattes ist alles andere als begeistert: "Ich bin sehr überrascht und auch entsetzt." Es gehe hier Richtung Billigsegment, das was man von vornherein nicht wollte. Mattes wünscht sich nun eine Erläuterung im Gemeinderat.

Markus Pagel , Fraktionsvorsitzender der Offenen Grünen Liste (OGL) wird noch deutlicher: "Ich war bei der Abstimmung damals vielleicht etwas zu gutgläubig. Ich glaube, ich würde heute nicht mehr dafür stimmen." Der Investor habe damals erklärt, dass Vögele mit seinen neuen Filialen ins anspruchsvollere Segment wolle. Stattdessen jetzt Restpostenläden oder Kik zu bekommen, sei ein klarer Abstieg: "Kik geht für uns ökologisch gar nicht."

Und Hermann Walz, ULH-Fraktionsvorsitzender, hat so etwas geahnt: "Ich war schon immer gegen das Einkaufszentrum. Ich sehe mich im Prinzip bestätigt."

Der Investor könne sicher nichts für das Ende von Vögele, doch er könne sich nicht vorstellen, dass es mit "Billigläden" einen Erfolg geben könne.

Die Marktchancen

Doch muss billig gleich schlecht sein? Laut des Internet-Mode-Portals "Fashion Network" sind die Chancen vielleicht sogar besser für Billigketten. Während viele traditionsreiche Ketten ums Überleben kämpfen würden, würden sich Textildiscounter einen immer größeren Marktanteil sichern: "Die großen Billigketten profitieren nicht nur von ihrer Einkaufsmacht, sondern leiden auch weniger stark unter der Online-Konkurrenz, die den ›klassischen Händlern‹ so sehr zu schaffen macht. Die Textildiscounter verkaufen in der Regel ausschließlich eigene Kollektionen und müssen deshalb keine allzu großen Preiskämpfe im Internet befürchten."