Ein 22-Jähriger wurde wegen Rauschgifthandels zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt. (Symbolfoto) Foto: Deck

Prozess: 22-Jähriger wegen Rauschgifthandels zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

Horb - Ein 22-jähriger wohnsitz- und arbeitsloser Mann, der nur postalisch in Horb erreichbar ist, stand am Dienstag vor Gericht. Er soll mehrfach seinem Nebensitzer in der Berufsschule Freudenstadt Marihuana verkauft haben, so der Tatvorwurf.

Erschwerend kam hinzu, dass der Abnehmer zu dieser Zeit noch Jugendlicher war. Der Ex-Nebensitzer, der als Zeuge da war, behauptetete, dass ihm der Angeklagte mehrfach – zwischen sieben bis zehnmal – "Füchse" á 2,5 Gramm zum Preis von 25 Euro pro Einheit verkauft habe. Der Angeklagte selbst gab zwar zu, dass er ein einziges Mal etwas für den Zeugen besorgt habe, aber damit hätte es sich auch schon gehabt.

Marihuana-Genuss scheint stark auf die Gehirnzellen, die für das Gedächtnis zuständig sind, zu drücken – so der Eindruck den man gewinnen konnte, wenn man den früheren Schulkameraden bei ihren Aussagen zuhörte. "Ich weiß nicht mehr genau", "ich kann mich nicht erinnern", "das weiß ich nicht mehr", waren die Standardsätze. Die waren sowohl vom Angeklagten, als auch vom Zeugen zu hören.

Nun stand das Gericht vor zwei völlig konträren Aussagen und hatten die recht undankbare Aufgabe, sich bis zur Wahrheitsfindung durchfragen zu müssen. Ein Kripobeamter erklärte im Zeugenstand, wie man auf die Deals stieß. Ein "WhatsApp"-Aufruf des Zeugen, man möge doch die fünf Euro, die noch aus den Drogendeals ausstehen, bezahlen, führte auf direktem Weg zum Angeklagten, der eine außergewöhnliche Biografie aufweisen kann. Zwei angefangene Kochlehren, eine davon in einem Tonbacher Nobelhotel, eine Ausbildung als Automechaniker, bei der er wegen schlechter schulischer Leistungen rausflog und der Traum, eine Lehre auf dem Bau anfangen zu können, krönten bisher seinen Berufsweg.

Beim Onkel, der ihn aufnahm, als er vor zwei Jahren bei der Mutter rausflog, wohnt er inzwischen auch nicht mehr und als er zu Richter Trick sagte, dass er keine ladungsfähige Anschrift habe, fragte dieser freundlich nach, ob er ihm dann eine beschaffen soll. "Schloss 1 in Rottenburg hört sich doch gut an, und das könnte ich anbieten" sagte der Richter. Trick ermahnte den Angeklagten, dass er eine Lehre abschließen soll, denn ohne Berufsausbildung wird man nie etwas. "Das schleppt man wie einen Klotz am Bein hinter sich her."

Gute Ratschläge nutzen nichts, davon ist zumindest der Onkel überzeugt, der alles versucht hat, seinen Neffen auf den richtigen Weg zu bringen. Leider ohne Erfolg.

Für Oberstaatsanwalt Christoph Kalkschmid stand nach der Beweisaufnahme fest, dass sich der Angeklagte in mindestens sieben Fällen des unerlaubten Rauschgifthandels mit Abgabe an einen Jugendlichen schuldig gemacht habe und forderte eine straff zusammengefasste Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Dies auf drei Jahre zur Bewährung. Ein Bewährungshelfer soll gestellt werden – doch dass die Auflage einer Drogentherapie sinnvoll ist, das glaubte er nicht wirklich.

Die Verteidigerin Rosetta Venturino-Weschenmoser fragte: "Wer sagt hier die Wahrheit?" Sie glaubte ihrem Mandanten und forderte, dass man lediglich den einen Fall, den dieser unumwunden einräumte, aburteilen möge. Vier Monate auf Bewährung hielt sie für ausreichend. Ansonsten folgte sie den Ausführungen des Staatsanwaltes, der diesen Verbrechenstatbestand nach einem Hinweis durch den Vorsitzenden als minderschweren Fall einstufte. Das Schöffengericht sah die Schuld des Angeklagten als erwiesen an und verurteilte ihn zu neun Monaten Gefängnis, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. "Das ist eine echte Freiheitsstrafe, die sie antreten, wenn sie gegen die Bewährung verstoßen", machte Trick die Möglichkeit, doch noch im Rottenburger Schloss eine Anschrift zu bekommen, recht deutlich.

Der Verurteilte trägt die Kosten der Verhandlung, muss sich der Obhut eines Bewährungshelfers unterstellen und mindestens drei Therapie-Sitzungen machen und diese dem Gericht dann auch nachweisen. Des weitern wurde ihm auferlegt, sich eine Wohnung zu suchen.

"Notfalls muss ihnen die Stadt Horb eine Wohnung geben – das wird zwar nicht die schönste sein, aber sie haben ein Dach über dem Kopf und eine Anschrift."