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Südafrika-Kronenkranich & Co.: Der Horber Kleintierzuchtverein feiert sein 100-jähriges Bestehen / Grillfest am morgigen Sonntag mit Streichelzoo / Ouessant-Schafe neu dabei

Es gackert und kräht, es mäht und fiept – was in einem Wohngebiet Anlass für einen gerichtlich ausgetragenen Nachbarschaftsstreit wäre, ist auf der Kleintieranlage am Neckar Musik in den Ohren von Rolf Wüstholz. Er ist Kleintierzüchter mit Herz und Seele.

H orb. Wüstholz erkennt die unterschiedlichsten Geflügel, die er hält, am Klang ihrer Stimmen, an der Art ihres Rufs: die Pfauen, die Kronenkraniche, die Geierperlhühner, die Malaien-Kampfhühner und viele andere. 68 Tiere leben auf der Horber Kleintierzuchtanlage.

Seit Neuestem mischt sich das Meckern zweier Ouessant-Schafe darunter, die kleinsten Schafe Europas, wie Wüstholz erklärt. Er sagt: "Wir haben die Schafe als Rasenmäher angeschafft, damit wir uns Arbeit sparen."

Dem Kleintierzuchtverein, der am Wochenende 100. Jubiläum feiert, fehlen die Mitglieder. Von zwölf Parzellen, die an der 1995 erbauten Kleintieranlage am Neckar Richtung Mühlen zur Verfügung stehen, sind vier besetzt. Die 55 Mitglieder des Vereins sind laut Wüstholz nur zum kleinsten Teil aktiv. "Die Jugend hat heute andere Interessen als Kleintiere täglich zu füttern", sagt Wüstholz. Immerhin: Die jüngste Kleintierzüchterin ist sieben Jahre alt.

Seine Tochter Silke, die mittlerweile Vorsitzende des Vereins ist, ist dennoch optimistisch, was die Zukunft des Vereins angeht. "Man muss mit der Zeit gehen, umdenken und sich etwas Neues einfallen lassen." Das hat die Vorsitzende mit ihrem Team auch getan: Eine Lokalschau bringt bei so wenigen Aktiven nichts. Deswegen lässt man es lieber gleich bleiben. Auch die Auflagen für die einst jährliche Ausstellung in der Rundhalle sind strenger geworden, so dass der Verein irgendwann aufgegeben hat.

Dafür hat der Event-Charakter unter dem Motto "Kleintierzucht hautnah erleben" ein starkeres Gewicht bekommen. Zwei wichtige Termine sind im jährlichen Veranstaltungskalender: das Weißwurstfrühstück und der Kükenschlupf. Dazu beteiligt man sich an städtischen Veranstaltungen wie den Neckar-Erlebnis-Tag am kommenden Sonntag. Auch hier ist es wichtig, dass die Kinder den Tieren ganz nah kommen können – die Kleintieranlage als Streichelzoo. "Die Hasen wollen gestreichelt werden", erzählt Silke Wüstholz schmunzelnd. Der kommende Sonntag wird auch die offizielle Feier zum 100-jährigen Bestehen. Grillen, Kaffee, Kuchen, Eier bemalen, basteln mit Federn, die Wüstholz fleißig gesammelt hat. Ab 10 Uhr geht es los. Dann kann man auch die neuen Mini-Schafe bewundern.

Rolf Wüstholz kann dann sicherlich auch einiges erzählen. Er hat den Verein von 1968 bis 2013 geführt und ist inzwischen Ehrenvorstand. Seit seinem 14. Lebensjahr beschäftigt er sich mit Kleintieren, hauptsächlich Wildgeflügel hat es ihm angetan. Zwergwachteln kämen so klein zur Welt, dass fünf von ihnen in eine Streichholzschachtel passen. "Man muss sie mit der Pinzette und Madenwürmern anfüttern", erklärt Wüstholz. Das sei für ihn schon immer eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung gewesen. "Die Liebe zur Kreatur muss man mitbringen", sagt Wüstholz. "Die Tiere brauchen Wasser und ihr artgerechtes Futter – jedes sein eigenes."

Artgerecht – für Wüstholz hat das nichts mit der gesetzlich vorgeschriebenen Berechnung für die Bodenhaltung von Hühnern zu tun, derzufolge mehrere Hühner pro Quadratmeter gehalten werden dürfen. "Das ist dummes Zeug", sagt er. Gras sei wichtig für das Geflügel. "Wenn die Anlage nicht mehr grün ist, ist das keine artgerechte Haltung mehr", erklärt er seinen Anspruch. In 100 Jahren Kleintierzucht hat sich viel verändert. "Es werden nicht mehr nur Rassen gezüchtet, die zur Ernährung gedacht sind", sagt Wüstholz. Dadurch ist die Kleintierzucht exotischer geworden.

Auch die Preise für die Tiere sind gestiegen – Wüstholz erklärt sich das vor allem damit, dass es immer weniger Züchter gibt.

Weiterhin werden Jungtierschauen ausgerichtet. Jedem Züchter steht es zudem offen, seine Tiere bei großen Kreisschauen und nationalen Schauen auszustellen, für die Wüstholz schon bis nach Hannover (Niedersachsen) und Erfurt (Thüringen) gefahren ist. Er ist nach eigenen Angaben einer von nur drei Züchtern deutschlandweit, die Perlhühner im Farbenschlag violett züchtet.

Erst vor wenigen Tagen sind Häschen zur Welt gekommen – wenigstens im Hasenstall ist der Nachwuchs gesichert.