Die Horber Spitalstiftung sieht im Ausbau der ambulanten Altenpflege die Herausforderung der Zukunft

Von Martina Lachenmaier

Horb. Rein rechnerisch gesehen fehlen in Horb bis zum Jahr 2020 rund 100 Pflegeplätze für ältere Menschen. Dieses Fazit könne man aus dem Horber Pflegeplan durchaus ziehen.

Allerdings, und das geben der Direktor der Spitalstiftung Horb, Peter Silberzahn, und der Leiter des Pflegeheims Ita von Toggenburg, Thomas Müller, zu bedenken: "Die vielen ambulanten Pflegeangebote sind in diesen statistischen Zahlen leider nicht enthalten." Das bemängeln die beiden Fachleute der Spitalstiftung grundsätzlich. Was aber keine Kritik an der Stadtverwaltung sein soll, denn sowohl im Kreispflegeplan als auch im Landespflegeplan werde ausschließlich mit Zahlen aus dem stationären Pflegebereich operiert. "Dadurch kommen aber alle ambulanten Pflegeangebote zu kurz", sagt Silberzahn und zählt eine lange Liste auf: Angehörige, Sozialstation, Nachbarschaftshilfe, betreutes Wohnen für Senioren, Tagespflege Ulrika Nisch, Martinstreff und die Vielzahl der meist osteuropäischen Pflegekräfte, die inzwischen zur Lebenswirklichkeit zählen - auch wenn sie nicht ganz legal sind.

Thomas Müller sagt: "Es ist das Ziel und der Wunsch der Älteren, möglichst lange Zuhause zu bleiben." 1968, als das Pflegeheim Ita von Toggenburg in Betrieb genommen worden ist, seien die Leute noch mit dem Köfferchen in der Hand ins Heim gekommen. Diese Zeiten sind schon lange vorbei. Heute gilt: "Ambulant vor stationär. Das ist unsere große Herausforderung für die Zukunft", sagt Peter Silberzahn. Alles, was den Heimaufenthalt zeitlich hinausschiebe, sei gefragt. "Wir sind bei der ambulanten Altenpflege noch lange nicht am Ende angelangt."

Die Spitalstiftung hilft schon jetzt den Angehörigen mit vielen ambulanten Bausteinen eine passgenaue individuelle Versorgung zu Hause zu organisieren. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, die pflegenden Angehörigen zu entlasten.

Die beiden Pflegeheime Ita von Toggenburg und Bischof Sproll sind zu 96 bis 98 Prozent ausgelastet. Das sei erfreulich, zumal der Gesetzgeber bei der Kalkulation der Pflegesätze eine 95-prozentige Auslastung voraussetzt. Diese Finanzierung mache dort Probleme, wo die Auslastung schlecht ist. Wöchentlich sei in Fachmagazinen von Pflegeheiminsolvenzen zu lesen. Deshalb müsse jeder Investor und Träger gut überlegen, ob er ein Pflegeheim baut und ob er dabei an die vom Landesgesetzgeber zugelassene Höchstbettenzahl von 100 geht. Ein 100-Betten-Haus sei wirtschaftlich gesehen zwar das Beste, aber wegen Auslastungsproblemen auch sehr risikobehaftet. "Ein 100-Betten-Haus bekommt ein Betreiber in Horb nicht voll." Das könnte dann zulasten der Qualität gehen. Und die sei der Spitalstiftung, die in der Tradition der Spitalstiftung ein verlässlicher Partner in der Pflege sein will, besonders wichtig. Kleinere Einheiten hingegen seien sinnvoller.

"Wir denken in verschiedenen Stufen und stellen uns darauf ein, was der Markt hergibt", erklärt Silberzahn. Im Pflegeheim Ita von Toggenburg gibt es derzeit 76 Betten, im Bischof Sproll Heim 54. Im Zuge der Bauarbeiten entstehen dort bis September 2015 30 weitere Plätze. Im Gegenzug fallen im Ita von Toggenburg 16 Betten weg, wenn das Haus bis Ende 2019 rundum modernisiert wird.

Nach dem Horber Pflegeplan, den Silberzahn und Müller lobenswert anerkennen, ("das legt nicht jede Stadt vor") fehlen dann rein rechnerisch bis 2020 rund 100 Pflegeplätze.

Auch bei der Spitalstiftung denkt man über 2019 hinaus. Durch einen Erweiterungsbau könnten im Ita von Toggenburg zusätzlich 30 Betten geschaffen werden. Auch einen Neubau will der Stiftungsdirektor nicht grundsätzlich ausschließen. Komme ein neuer Investor, werde man die Ausbaupläne nach 2019 neu überdenken müssen.

Wenn die Stadt einem Investor ein Gelände verkauft, sei das aus städtischer Sicht nachvollziehbar. Doch man sei in ständigem und gutem Kontakt mit der Stadt und dem Oberbürgermeister und überlege gemeinsam, wie der Pflegebedarfsplan umgesetzt werden soll. Für Silberzahn steht fest: Ein übereiltes Schaffen von 100 Pflegeplätze könnte innovative Entwicklungen im ambulanten Pflegebereich behindern. Und da gibt es laut Thomas Müller durchaus moderne Ansätze. "Alten-WGs sind im Kommen". Nicht unbedingt für die jetzigen Senioren, aber für die kommenden, meint Müller. Pflegeheime würden auch in der Zukunft nicht überflüssig, so Silberzahn. Konsens unter Fachleuten sei jedoch, die ambulante Pflege stärker auszubauen und weiterzuentwickeln.