Ursula Tillery und Elisabeth Vater halten nichts vom Negativgerede in der Stadt. Mit ihrem Geschäft "Mode Gramer" schauen sie zuversichtlich in die Zukunft. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Eine Einzelhandelsgeschichte der positiven Art / Zum 120-Jährigen plant Elisabeth Vater den Wechsel

Von Jürgen Lück

Horb. Müssen es immer negative Schlagzeilen beim Einzelhandel sein? Nein! Der Handels-Dino der großen Kreisstadt freut sich auf die nächsten 120 Jahre.

Elisabeth Vater (geborene Gramer) und ihre Tochter Ursula Tillery sind sichtlich gut gelaunt: "Wir sind sehr zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft. Uns halten die Kunden die Treue."

Und dafür brauchen die beiden keins der neudeutschen Handelskonzepte wie "Multichannel-", "Shop-in-Shop-" oder gar "Duft-Marketing". Sondern die beiden Damen der Horber Handelswelt setzen auf das, was einen guten Händler schon immer ausmachte. Vater: "Wenn unsere guten Kunden zu Hause ausprobieren wollen, gibt es eine Auswahl mit. Die bringen wir auf Wunsch sogar vorbei." Mutter und Tochter halten nichts von dem Negativgerede in der Stadt. Den Zoff um die Parkgebühren und das -konzept der Stadt beobachten sie nur mit Kopfschütteln – für die Lösung brauchen die beiden kein "Horb aktiv".

Elisabeth Vater berichtet: "Wir haben unseren guten Kunden schon immer die Parkgebühren ersetzt. Deshalb begrüßen wir auch das neue Parkhaus am Marktplatz."

Und die Warenwelt? Die ist auch genau auf die Kundschaft ausgerichtet. Ursula Tillery: "Wir haben ein Sortiment, das man nicht überall bekommt."

Dazu gehören zum Beispiel feinste Damenhandschuhe aus Leder, Maysel oder Stetson Herrenhüte oder Toni-Dress Hosen. Deutsche Marken, zum Teil aus dem Ländle. Und auch die nette Verkäuferin Frau Kiefer sagt: "Seitdem ich hier arbeite, bin ich richtig aufgeblüht. Es macht Spaß, sich hier ganz in Ruhe um die Kunden zu kümmern. Ihnen zur Hand zu gehen, Geduld zu haben."

Und für die ältere Kundschaft, die das Sortiment der Familie Gramer wirklich goutieren, hat das Geschäft auch die perfekte Lage. Gegenüber von Krankenhaus und Geriatrie, zwei Parkplätze vor der Tür.

Vater: "Wir haben Kundschaft aus der ganzen Region – aus Böblingen, Herrenberg, Freudenstadt oder Tübingen. Dabei hat sich unser Konzept der Mund-Propaganda bewährt." Und die Kunden des wahrscheinlich ältesten Handelshauses von Horb wissen auch, was sich gehört. Eine Kundin hat sogar kurz vor ihrem Ableben noch ihren Nachkommen gesagt, dass sie den Gramers über ihren Tod Bescheid sagen sollen: "Nicht, damit die denken, ich kaufe nicht mehr bei denen."

Mode Gramer in der Bildechinger Steige 2. 1895 gegründet. Elisabeth Vater erinnert sich an die großen Einschnitte der Vergangenheit: "Ich bin gelernte Kürschnermeisterin. Leider haben die Tierschützer das Geschäft mit den Pelzen kaputt gemacht. Wir hatten mal bis zu 1000 Pelze hier und haben bis Stuttgart verkauft."

1970 wurde der Laden dann erweitert. Elisabeth Vater erzählt: "Mein Mann war im Baugeschäft tätig – da sind wir das angegangen." 1985 starb er dann.

Die Inhaberin: "Meine Tochter hat damals Abitur gemacht. Eigentlich wollte sie studieren. Doch sie sagte mir: Mami, ich bleibe jetzt bei Dir und lerne Kürschnermeister, damit Du nicht alleine bist."

Eine Entscheidung, die Ursula Tillery bis heute nicht bereut hat. Ihre Mutter ist zuversichtlich: "Nächstes Jahr wird das Geschäft 120 Jahre. Da wird es Zeit für einen Wechsel." Und dann soll Tillery (Mutter von fünf Kindern, unter anderem von Jugendgemeinderätin Rebecca) ganz übernehmen. Sie lächelt und sagt: "Ich sehe der Zukunft positiv entgegen. Die nächsten 120 Jahre schaffen wir auch noch."