Hat ein 36-Jähriger seine damalige Ehefrau vergewaltigt? Darüber musste das Amtsgericht in Horb entscheiden. Foto: Symbolfoto: Stratenschulte

36-jähriger Angeklagter wird von Schöffengericht Horb zu drei Jahren Bewährung verurteilt.

Kreis Freudenstadt - War es schwere zweifache Vergewaltigung oder der Racheakt einer frustrierten Ehefrau? Vor dieser Frage stand das Schöffengericht in Horb unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick bei der auf ursprünglich zwei Tage angesetzten Verhandlung. Es kam anders.

Dem Angeklagten wurde die zweifache Vergewaltigung seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau zur Last gelegt.

Laut Anklageschrift soll der Mann seine Frau in der Nacht zum 5. September 2015 unter Androhung von Gewalt zuerst im Ehebett und später im Bad zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben. "Nach einem gemeinsamen Discobesuch hat er bei seiner Frau übernachtet und sie sexuell belästigt", so Staatsanwalt Wagner.

Die Geschädigte soll danach ihrem Peiniger das Gesicht zerkratzt haben und ins Bad geflohen sein. Dort habe er sie wieder eingeholt und sie bedroht. Die Frau habe sich dann aus Angst nochmals ihrem Ex-Mann hingegeben.

Bei der zweiten Tat, 15 Tage später, seien ebenfalls wieder Drohungen im Spiel gewesen. Der Beschuldigte habe mit dem Messer in der Hand gedroht, sie und sich umzubringen. Auch dabei sei es dann zu erzwungenem Geschlechtsverkehr gekommen, so die Staatsanwaltschaft.

Vor diesem Hintergrund der schweren Vergewaltigung hatte das Amtsgericht die Angelegenheit an das Langgericht Rottweil weitergegeben, da eine Strafe nicht unter fünf Jahren drohte und damit der Strafrahmen des Amtsgerichts überschritten worden wäre. Vom Landgericht kam die Akte zurück mit der Begründung, dass es sich auch um einen minderschweren Vorwurf der Vergewaltigung gehandelt haben könnte.

In seiner ruhigen und sachlich vorgetragenen Aussage stellte sich der Angeklagte als das unschuldige Opfer einer Frau dar, dem irgendwann im Laufe des Jahres 2014 alles über den Kopf gewachsen sei. "Die wollte plötzlich nur noch in die Disco, hat Kinder und Familie völlig vernachlässigt und träumte von irgend einer anderen Welt. Sie wollte in Stuttgart allein leben", so der Ex-Mann, der sich nach eigenen Angaben um die zwei Kinder, das Haus und alles andere kümmerte, während seine Frau auf dem Selbstverwirklichungstrip gewesen sei.

Am meisten hätten ihn jedoch die Aktivitäten der Frau im Internet geärgert. "Mit tausenden von Männern hat sie gechattet", behauptete er. Angeblich habe sie sich auch mit einigen ihrer Internet-Bekanntschaften getroffen und sei dabei mehrfach fremdgegangen.

"Sie hat zu mir gesagt, sie will sogar mit mehreren Männern gleichzeitig schlafen", so die Erinnerungen des Angeklagten. Immer habe seine Frau Streit gesucht, ihm Vorwürfe gemacht, dass er für das gemeinsame Haus so viele Schulden aufgenommen habe. Soviel, dass es ihr die Luft zum Atmen genommen habe.

Die Geschädigte selbst wurde danach unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen. Doch die Schilderungen der Frau, die heute mit ihren Kindern in Salzgitter lebt, müssen so eindrücklich gewesen sein, dass der Verteidiger des Angeklagten nur noch die Flucht nach vorne in Form einer Verfahrensabsprache sah. Er bat den Vertreter der Nebenklage um eine Unterredung, begehrte danach von Gericht und dem Staatsanwalt ein weiteres Gespräch und hatte später alle Hände voll zu tun, um seinem Mandanten klar zu machen, dass er nur im Falle eines Geständnisses mit einer Bewährungsstrafe rechnen kann.

Der Angeklagte weigerte sich jedoch stur, dem anwaltlichen Rat zu folgen. "Sie wollen wirklich weitermachen", fragte dieser seinen Mandanten. Auf dessen "Ja! Ich gebe nichts zu, was ich nicht begangen habe" konnte er nur noch sagen: "Na dann viel Spaß." Während sich das Gericht noch hinter verschlossenen Türen beriet, ob man diesen Deal überhaupt annehmen kann, redete im Gerichtssaal der Verteidiger und später sogar der Vertreter der Nebenklage mit Engelszungen auf den Mann ein.

Letztlich war es dann so, dass sich der 36-jährige Angeklagte recht widerwillig zur Tat bekannte und Staatsanwalt Wager entsprechend der Verfahrensabsprache zwei Jahre Haft auf drei Jahre Bewährung als ausreichende Strafzumessung ansetzte. Er forderte zudem als Auflage, dass sich der Beschuldigte einer ambulanten psychiatrischen Therapie unterziehen muss.

Das Gericht folgte nach langer interner Beratung diesem Antrag, zumal der Vertreter der Nebenanklage betonte, dass man nicht rachsüchtig sei und den Angeklagten nicht mit aller Gewalt im Gefängnis sehen möchte. Seiner Mandantin ginge es in erster Linie darum, dass man ihr glaube und dass ihr Ex-Mann lernen müsse, zu akzeptieren, dass Nein auch wirklich Nein heiße.

In seiner Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende dass man die Umstände, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei und beide Taten noch in das Trennungsprozedere eingebettet waren, berücksichtigt habe und man ebenfalls wie die Staatsanwaltschaft davon ausgehe, dass sich so eine Tat nicht wiederholt.