Horb - Viele Menschen in der Stadt zittern um ihren Job. Beim größten Arbeitnehmer in Horb, Bosch Rexroth, droht ein Stellenabbau. Die Verunsicherung in der Belegschaft ist groß. Die IG Metall spricht von "Geheimhaltungspolitik".

Heute sollte eigentlich eine Betriebsversammlung für die Horber Mitarbeiter von Bosch Rexroth am Standort Horb stattfinden. Eigentlich. Denn gestern wurde diese Veranstaltung kurzerhand abgesagt. Offizielle Begründung für die Mitarbeiter? Fehlanzeige. Die Fragezeichen in der Belegschaft sind noch größer geworden.

Nachfrage in der Zentrale in Lohr. Warum wurde die Versammlung abgesagt? Eine Pressesprecherin antwortet uns: "Weil wir nichts zu verkünden haben." Doch warum war dann eine Versammlung geplant? Was wollte der Konzern denn ursprünglich verkünden? Fragen, auf die es keine Antwort gibt.

Auch Nikolas Bauer von der IG Metall in Freudenstadt kennt keine Gründe für die Absage. Es sei bekannt, dass der Konzern "Restrukturierungsmaßnahmen" plane. Das Gerücht von einem Personalabbau von 200 bis 250 Mitarbeitern geistert in der Belegschaft herum. "Ich habe auch schon davon gehört", sagt Bauer. Ob das stimmt, weiß er nicht. "Es können weniger Stellen sein, es können mehr Stellen sein."Doch warum kriselt es überhaupt bei Bosch Rexroth und vor allem am Standort Horb? Noch vor wenigen Wochen, auf der Jahrespressekonferenz des Gesamtkonzerns, hatte die Unternehmensführung verkündet, dass Bosch Rexroth trotz schwacher Märkte weiter wachse. Bereinigt um die Pneumatikaktivitäten, die zum 1. Januar 2014 verkauft worden sind, habe das Unternehmen den vergleichbaren Umsatz des Vorjahres um 3,5 Prozent steigern können.

Die Investitionen. Zuletzt wurde das Werk in Horb im Frühjahr 2013 erweitert. Damals wurde ein 3400 Quadratmeter großer Anbau an das bestehende Werk gemacht. Von Bosch Rexroth offiziell nicht bestätigt wurde die Zahl von 10 Millionen Euro in diese Erweiterung.

Deutlicher Rückgangin China

Bis 2012 habe es in diesem Bereich einen sehr starken Aufbau der Kapazitäten gegeben. Doch ab 2012 sei der Markt bei den mobilen Anwendungen überall im Abwärtstrend – auch bei Wettbewerbern und bei Kunden. "Verstärkt kommt seit 2015 ein deutlicher Rückgang im Marktbereich China hinzu", so die Unternehmenssprecherin im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch die Prognosen sind wohl nicht rosig. Die Branche sei ohne große Dynamik. Man rechne dauerhaft mit einer verhaltenen Marktentwicklung. Doch was bedeutet das? Stellenabbau? Darauf könne man derzeit keine Antwort geben.

Worte aus der Unternehmenszentrale, die die Alarmglocken laut schrillen lassen. Nikolas Bauer von der IG Metall berichtet von großer Verunsicherung in der Belegschaft. Viele würden sich um ihren Job sorgen. Doch wen könnte es treffen? Zeitarbeit sei in Horb kein Thema mehr. Auch gebe es wenige Zeitverträge. "Hier geht es überwiegend um Festverträge", so der Mann von der IG Metall.

Er ärgert sich über die "Geheimhaltungspolitik" der Unternehmensführung. Man sei bei Bosch Rexroth eigentlich einen anderen Stil gewohnt. "Sonst wurden die Betriebsräte von Anfang an in Kenntnis gesetzt." Das jetzige Vorgehen passe nicht zu den Werten und der Kultur des Unternehmens. Und was sagt das Unternehmen zur Kommunikation mit seinen Mitarbeitern? "Wir informieren unsere Mitarbeiter regelmäßig über diese Themen. Es gibt regelmäßig kleinere Informationsrunden, in denen die Führungskräfte intern mit den Mitarbeitern reden."

Seite 2: So wichtig ist Bosch Rexroth

Von Jürgen Lückund Florian Ganswind

Horb. Bosch Rexroth ist einer der wichtigsten Firmen in der Raumschaft Horb.

Die Arbeitsplätze Mit derzeit gut 1300 Arbeitsplätzen ist Bosch Rexroth der größte Arbeitgeber in Horb.

Die Produkte Das Werk in Horb ist laut Unternehmenssprecherin komplett mit der Branche Mobile Anwendungen beziehungsweise Applikationen beschäftigt. Diese werden beispielsweise bei Baumaschinen oder Traktoren verwendet – zum Beispiel Kompakthydraulik. Weitere Branchen von Bosch Rexroth an anderen Standorten: Anlagenbau und Engineering, Fabrikautomation und Erneuerbare Energien.

Die Investitionen. Zuletzt wurde das Werk in Horb im Frühjahr 2013 erweitert. Damals wurde ein 3400 Quadratmeter großer Anbau an das bestehende Werk gemacht. Von Bosch Rexroth offiziell nicht bestätigt wurde die Zahl von 10 Millionen Euro in diese Erweiterung.

Gut ein Jahr vorher brachte OB Peter Rosenberger das Thema einer Erweiterung auf den Tisch. Bosch Rexroth hatte damals angefragt, ob es auch den Sportplatz für eine mögliche Erweiterung nutzen kann. Damals stimmte der Gemeinderat der Änderung des Bebauungsplans zu.

In Empfingen ging im Oktober 2013 ein neues Logistikzentrum für Bosch-Rexroth an den Start. Die Logistikfirma Schäflein investierte in das 10 500 Quadratmeter große Gebäude knapp 4 Mio. Euro für IT und Lagertechnik, dazu steckte die Freo-Group noch rund sieben Mio. Euro in das Gebäude. Allein hier in Empfingen entstanden seitdem 60 Arbeitsplätze.

Die Gewerbesteuer Bosch Rexroth gehört als größter Arbeitgeber sicherlich auch zu den größten Gewerbesteuerzahlern der Stadt. Als der Mutterkonzern Bosch im Jahr 2013 seine Solarsparte schloss, führte das zu millionenschweren Abschreibungen.

Die Folge bekam das Horber Stadtsäckel zu spüren: Bis zum Ende des dritten Quartals flossen gut 800 000 Euro weniger Gewerbesteuer dazu als erwartet.

Die Bilanzen In einem anonymen Brief, der unserer Redaktion gestern zugeschickt wurde, ist davon die Rede, dass der Standort Horb einer der wenigen Rexroth-Standorte sei, der schwarze Zahlen schreibe. Was sagt das Unternehmen dazu? "Wir veröffentlichen keine Zahlen einzelner Standorte."

Karl Tragl, Vorstandsvorsitzender von Bosch Rexroth, sagte auf der Jahrespressekonferenz des Antriebs- und Steuerungsspezialisten: "Durch neue Produkte haben wir 2014 einen wesentlichen Beitrag zum Wachstum von Bosch Rexroth geleistet." Dem Unternehmen sei es gelungen, trotz des schwachen Marktes seinen Umsatz zu steigern. Für das Geschäftsjahr 2015 rechnete Tragl damals nicht mit konjunkturellem Rückenwind: "Europa erholt sich nur langsam, und wichtige Wachstumsmärkte wie Brasilien zeigen keine Impulse. Für uns als führenden Anbieter von Komponenten und Systemen für mobile Arbeitsmaschinen wird es auch 2015 in China schwierig, da die Baumaschinenbranche dort erneut rückläufig ist." Das Wachstum in den USA zeigte sich dagegen stabil "2015 setzen wir den eingeschlagen Kurs fort. Auch in diesem Jahr arbeiten wir intensiv an der Wettbewerbsfähigkeit aller Bereiche", sagte Tragl im Mai.