Können Kunststoffe auf Pflanzenbasis die Umwelt retten – oder wenigsten entlasten? Foto: Frigge Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschaft: Innonet befasst sich bei Tagung in Horb mit Chancen von nachwachsenden Rohstoffen

Kreis Freudenstadt. Bio-Kunststoffe – Augenwischerei oder wirtschaftliche Alternative? Mit Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen befasste sich die kunststoffverarbeitende Industrie bei einer Tagung in Horb.

Zur Fachveranstaltung hatte das Netzwerk Innonet Kunststoff Vertreter der Landesagentur Biopro eingeladen. Die Teilnehmer erhielten Einblicke in die Bio-Kunststoff-Branche und über den aktuellen Stand der Technik, teilt das Innonet mit. Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Stuttgart lieferte Fakten: "Der aktuelle Anteil der regenerativen Varianten an der Kunststoff-Produktion beträgt knapp sechs Prozent." Das Dilemma: Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe böten zwar eine echte Alternative zum Erdöl, konkurrieren aber mit Anbauflächen für Nahrungsmittel.

"Würde man sämtliche Kunststoffe biobasiert herstellen, bräuchte man hierzu fünf Prozent der globalen Agrarfläche", so die Politikerin. Diese Zahl klinge klein, aber nur auf den ersten Blick. Denn die Weltbevölkerung wachse wohl auf neun Milliarden Menschen. Ein von Gurr-Hirsch propagierter Weg ist deshalb die konsequente Nutzung von Nebenprodukten und Reststoffen. Alleine mit dem aktuell noch verbrannten Altholz ließe sich ein großer Teil des Rohstoffbedarfs für Biokunststoff decken.

Nutzen für die Umwelt?

Der Einsatz von nachhaltig produzierter Polymilchsäure (PLA) für Verpackungen könnte die Branche in einem Teilbereich revolutionieren. Armin Amirpanah von der "weforyou" GmbH erklärte das Prinzip: Pflanzenstärke wird erst in Zucker und dann in einer High-Tech-Bioraffinerie in ein Kunststoff-Polymer umgewandelt. Polymilchsäure sei innerhalb weniger Jahre vom Nischenprodukt zur echten Alternative geworden. Aber es gibt weitere Ansätze. Markus Hoffmann von der SKZ GmbH präsentierte ein Werkzeug, das die Werkstoff- und Verfahrensauswahl im Bereich Bio-Kunststoff signifikant vereinfacht. Raphael Stäbler vom Unternehmen 4e solution GmbH berichtete von höchst erfolgreichen Mehrwegverpackungen auf regenerativer Basis für die Naturkostbranche. Er ist fest von der Zukunftsfähigkeit der Bio-Kunststoffe überzeugt. Technaro, Hersteller von Kunststoff-Granulaten, setze erfolgreich Lignin ein, ein Abfallstoff der Zellstoffindustrie.

Die Debatte, ob Bio-Kunststoffen die Zukunft gehört, wurde ebenso kontrovers diskutiert wie deren Nutzen für die Umwelt und die Tatsache, dass bislang lediglich fünf Prozent aller fossilen Rohstoffe für Kunststoff-Produktion verbraucht würden. In einem Punkt herrschte Einigkeit: Da das Erdöl irgendwann verbraucht ist, sei es notwendig, andere Rohstoffe und Verfahren für die Herstellung biobasierter Produkte zu entwickeln.