Familientreffen auf dem Haidenhof bei Dießen: Ein bolivianischer Zweig der großen Familie Kreidler kam zu Besuch nach Baden-Württemberg und machte auch bei dem einstigen Stammhof der Familie Halt, dem Haidenhof bei Dießen. Foto: Stehle Foto: Schwarzwälder-Bote

Familientreffen: Bolivianische Verwandtschaft macht Stopp auf Europa-Tour und besucht den Haidenhof

"Bienvenida" - Herzlich Willkommen hieß es in den letzten Tagen im Hause von Christel und Otto König in Haigerloch-Weildorf. Hatten sie doch erstmals Besuch von Verwandten aus Bolivien bekommen.

Horb/Haigerloch-Weildorf. Groß war auch die Wiedersehensfreude bei ihren Enkeln Lea Coyle und Rafael Stehle, die beide schon in Bolivien waren und diese Verwandten in Santa Cruz besucht hatten. Die Verwandtschaft geht zurück auf Josef Kreidler vom Haidenhof, der 1903 von dort nach Südamerika auswanderte. Christel Königs Mutter, Klara, geb. Kreidler, stammte ebenfalls vom Haidenhof.

Auf ihrer Europa-Reise hatten die Brüder Pepe und Elmar Kreidler mit ihren Ehefrauen Fatima und Gladys und ihrer Schwester Lita Kreidler, die aktuell in Kalifornien lebt, extra einen Stopp für ein paar Tage im Schwabenland eingelegt. Sie wollten unbedingt ihre Großcousine Christel König und deren Familie kennen lernen beziehungsweise sie wieder sehen. Die Freude war auf beiden Seiten groß und es gab viel zu erzählen – und das in Deutsch, Spanisch und Englisch.

Begeistert waren die Bolivianer, die immer noch einen deutschen Pass besitzen und den Namen Kreidler tragen, von der Haigerlocher Schlosskirche und der St.-Anna-Kirche. Gibt es doch in Bolivien solch prächtige Barock-Kirchen nicht. Auch der Hohenzollern hatte es ihnen angetan. Ein Besuch galt auch dem Haidenhof bei Dießen, dem Stammhof der Familie Kreidler, der heute noch im Familienbesitz ist.

Mit etwas Wehmut standen die Südamerikaner vor dem alten Hofhaus, das demnächst abgebrochen wird. Denn von diesem Haus und Hof war 1903 ihr Großvater Josef Kreidler  mit 23 Jahren nach Bolivien ausgewandert. Dazu konnte Christel König berichten, dass man sich in der Familie erzählt, wie schwer der Abschied dem Josef gefallen sein musste. Man habe bei seinem  Weggang sein Weinen noch gehört, als er vom Hof aus schon nicht mehr zu sehen war.  Als gelernter Kaufmann ist er als Farmer und Handelskaufmann in Bolivien dann zu Wohlstand gekommen. Er hatte zusammen mit seiner bolivianischen Ehefrau sieben Kinder. Zu seinen Eltern und Geschwistern nach Deutschland pflegte er per Brief regen Kontakt,  schickte ihnen auch immer wieder Geld und abonnierte per Schiff den Schwarzwälder Boten, sodass er immer gut informiert war über den Haidenhof und seine weitere Heimat.

Trotz seines großen Wunsches, mit seiner Familie die Heimat noch einmal zu besuchen, war ihm das nicht vergönnt. Der Erste Weltkrieg kam dazwischen und machte eine Reise unmöglich. Bald danach verstarb er mit nur 40 Jahren.

Aus dem bolivianischen Zweig der Familie Kreidler stammen bis jetzt etwa 200 Nachkommen. Auch heute gibt es noch regen Austausch; einzelne Familienmitglieder, wie oben erwähnt, und auch Michael Kreidler vom Haidenhof konnten sich schon vor Ort von der bolivianischen Gastfreundschaft verwöhnen lassen.

Auch die Bolivianer kommen immer wieder nach Deutschland und zu den großen Kreidler-Treffen. Einige Nachfahren haben sich wieder in Europa angesiedelt. So leben und studieren alle vier Kinder von Elmar in Deutschland und den Niederlanden.

"Wir haben von unserem Großvater deutsche Disziplin und Fleiß vererbt bekommen. Unser Vater, in den 70er Jahren Konsul in Hamburg, hat uns das vorgelebt", sagt Elmar Kreidler mit Stolz auf seine Vorfahren. Sie zeigen Bilder von ihrer bolivianischen Heimat, von lila und gelb blühenden Bäumen – ist es dort doch gerade Frühling mit "angenehmen" 35 Grad.

Der Abschied fiel auf beiden Seiten schwer. Pepe Kreidler bedankte sich für die herzliche Gastfreundschaft und meinte mit einem Augenzwinkern: "Man merkt, dass in unseren Adern dasselbe Blut fließt."