Feier: Landrat Rückert vermisst den Papst / Erwin Reck in den Ruhestand verabschiedet

Von Jürgen Lück

Lässt sich Erwin Reck doch noch für ein neues Horber Projekt breit schlagen? Selbst bei seinem Abschied gestern im Steinhaus gab es ein neues Angebot.

Horb. Erwin Reck. Caritas Mitarbeiter. 35 Jahre lang das soziale Gewissen der Stadt. Und tatkräftiger Helfer. Gestern endlich konnte er – von seinen drei Mitarbeiterinnen vorgetragen – den Song nach Udo Jürgens genießen: "Mit 62 Jahren, da werd ich endlich klug, mit 62 Jahren, da nehm ich meinen Hut. Ein Leben ohne Caritas, das macht mir richtig Spaß!"

Von wegen. Deutlich bewegt geht Erwin Reck nach fast zwei Stunden Reden und Schauspiel des Q-Rage-Theaters ans Pult im Steinhaus – die letzte Rede. Seine Hand auf das Herz gelegt, sie bewegt sich vor und zurück: "Es kommt mir vor wie ein Film, der an mir vorbeizieht."

Gelassen blickt er auf 35 Jahre Horb zurück. Recks schönste Zeit: Als jugoslawische Kriegsflüchtlinge im Kloster Heiligenbronn zwischen Waldachtal und Salzstetten untergebracht waren. Reck: "Da bin ich mit dem Vespa-Roller hingefahren, die Taschen voller Geld. Um zu helfen. Die Sozialhilfe-Anträge habe ich erst hinterher gestellt."

Reck. Mr. Tafelladen. Mütterhaus. Wärmestube. Das Begegnungshaus ParaDios. Daran erinnert sich OB Peter Rosenberger: "Sie haben uns damals über den Tisch gezogen. Wir hatten die Second Hand Boutique im Künsterhaus. Wir wollten das Gebäude übernehmen. Sie haben so getan, als ob sie sich einen Umzug erst schwer überlegen mussten. Und haben uns 10 000 Euro aus den Rippen geleiert, obwohl sie den Umzug durchfinanziert hatten. Sie haben schon immer auf Finanzen geachtet – nur nicht auf die der Stadt." Dann lobte das Stadtoberhaupt das Feuer und die funkelnden Augen von Reck, wenn es um seine Themen ging.

Running Gag bei der Verabschiedung: Regionalleiterin Silvia Hall von der Caritas-Leitung Schwarzwald-Gäu erzählte ihn zuerst. Reck wurde in einem Artikel als "Caritas Direktor" bezeichnet.

Neues Projekt mit Elmar Morein und Peter Silberzahn in Sicht?

Hall: "Ich habe damals meine Visitenkarte mit der Böblinger Adresse überall hinterlassen. Doch die Post an die Caritas – egal ob von Stadt oder Landkreis – ignorierte das und schickte immer alles an Horb. Bis heute."

Für Landrat Klaus Michael Rückert fehlte bei der Veranstaltung im Steinhaus eigentlich nur einer, wie er erzählt: "Papst Franziskus. Der hätte seine Freude an Ihnen, Herr Reck, wenn er sich dafür einsetzt, dass die Kirche auf die Menschen an den Rändern der Gesellschaft zugehen muss. Wir können beruhigt nach oben zurückmelden: Die Caritas Horb und Reck sind schon dort."

Dekan Markus Ziegler und Dekanatsreferent Achim Wicker hatten ein T-Shirt für Reck: "Think Big. Einer Aufschrift, der Du immer gefolgt bist. Mach das auch im Ruhestand."

Das Leitungsteam der Caritas in Böblingen (Hall, Johannes Sipple und Barbara Schaffner) hatten zuvor aus dem Nähkästchen geplaudert. Nadel – dafür, dass Reck immer "in positivem Sinn für Reibung und Stechen gesorgt hat." Knopf. "Den hat er an alles selbst gemacht. Und uns hinterher das meiste erzählt."

Peter Silberzahn von der Katholischen Spitalstiftung: "Wir haben in jüngerer Zeit zwei Menschen geholfen, lieber Herr Reck. Sie haben die beiden entschuldet, wir haben ihnen Job und Wohnung gegeben. Sie strahlen uns jetzt an. Das ist unser Lohn. Was Sie Gutes getan haben, das wird nicht alles an die große Glocke gehängt."

Und Stadtpfarrer Elmar Maria Morein war es, der Erwin Reck ein neues Projekt anträgt. Morein: "Ich bin wirklich ungern gekommen. Weil mir ein wichtiges Gesicht der Caritas fehlen wird. Wenn Sie, lieber Herr Reck, den Kopf freigehen, dann können wir gemeinsam das Thema Altersarmut angehen. Mit Peter Silberzahn. Das wird kommen. Es würde mich freuen, dafür gemeinsam den Stiftungsrat zu gewinnen."

Reck antwortete nicht direkt. Aber das letzte Zitat seiner Abschiedsrede von John Lennon hört sich wie eine Antwort an: "Leben ist, was passiert, während man beschäftigt ist, andere Pläne zu machen."