Horb - An der Straße Richtung Hohenberg steht ein Auto. Daneben zwei Männer, von denen einer heftig gestikuliert, damit jemand anhält. Eine Panne, denkt ein hilfsbereiter Autofahrer und bremst kurz entschlossen. Dass er einer Betrugsmasche auf den Leim geht, merkt er bald.

Einige solcher scheinbaren Pannen hat es auch in Horb schon gegeben. Zum Beispiel auf der Strecke zwischen Käppeleshof-Kreisverkehr und dem Hohenberg. Dort stehen sie gern an den Einfahrten zu Feldwegen – die "Benzinbettler", wie die Polizei sie nennt.

Aber auch an anderen Straßen in Horb und Umgebung ist Vorsicht geboten. Beliebte Standorte der "Benzinbettler" sind Landstraßen mit langen, von Weitem sichtbaren Haltebuchten, wo Autofahrer bequem reinfahren können. Im Neckartal und in den Seitentälern gibt es einige davon.

Der konkrete Fall aus Horb: Die zwei jungen Männer, vermutlich aus Rumänien, standen neben dem Auto. Einer erzählte eine Mitleid erregende Geschichte. Er sei auf dem Weg nach Nürnberg, wo der Vater in einem Krankenhaus im Sterben liege. Leider habe er sich total verfahren und das Benzin sei ihm ausgegangen. Er bot seine angeblich wertvolle Armbanduhr zum Kauf an und hörte nicht auf mit seinen flehentlichen Bitten. Der hilfsbereite Autofahrer ahnte, dass es sich hier um schamlose Bettelei handelte, gab dem Mann einen kleinen Geldbetrag und fuhr weiter.

Auf jeden Fall melden

Noch größer war der Schaden bei einem Fall in Stuttgart. Ein Mann bedrängte auf einem Parkplatz einen 82-Jährigen mit einer Notlage-Geschichte. Er wollte angeblich nur ein Eurostück fürs Telefonieren gewechselt bekommen. Dabei erbeutete er über 500 Euro aus dem Geldbeutel des Opfers, das kurz zuvor am Bankomat war.

Ob bei der Fahrt zur Arbeit oder in der Freizeit, jeder, der in der Region mit dem Auto unterwegs ist, muss damit rechnen, einem "Benzinbettler" zu begegnen. Die Polizei meldete in den letzten Monaten Fälle aus Gärtringen (Kreis Böblingen), Schwieberdingen (Kreis Ludwigsburg), Bad Überkingen und Schlierbach (Kreis Göppingen). Letzte Ermittlungserfolge gab es im Jahr 2010 in Sindelfingen und Leonberg, als insgesamt vier Verdächtige im Alter von 17, 23 und 39 Jahren ins Netz gingen.

Die Autobahnpolizei beobachtet an der A 8 zwischen Wendlingen und Mühlhausen einen neuen Trend: Die angeblich Hilflosen bieten als Pfand keine falschen Goldringe mehr an. "Sondern ein verpacktes Smartphone eines Premiumherstellers", so Polizeisprecher Uwe Krause. Natürlich: "Das sind billige Plagiate."

In Horb und Umgebung sind die "Bezinbettler" bislang in einigen Fällen noch unerkannt davongekommen. Nicht so in den Kreisen Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar, wo in den vergangenen Monaten immer mehr Fälle gemeldet wurden.

Ein Polizeisprecher: "Die Masche ist immer dieselbe: wie auch in zurückliegenden Fällen werden Benzinmangel und eine Notlage vorgetäuscht. Die Bettler schlagen angebotenes Benzin aus – sie haben es auf Bargeld oder auch sonstige Wertsachen abgesehen."

Die Neckartalstraße zwischen Sulz und Rottenburg wird bei den Betrügern anscheinend beliebter. Zwischen Sulz und Oberndorf wurden einer hilfsbereiten Frau 45 Euro gestohlen, die der dreiste Täter aus dem Geldbeutel der Frau nahm (dieser lag auf dem Beifahrersitz des Wagens). Auch auf der Landesstraße zwischen Eyach und Mühringen wurde im Juni eine Frau auf einem Parkplatz von zwei Männern angesprochen, die Geld wechseln wollten. Ihr wurden aus ihrer Handtasche rund 180 Euro und zwei EC-Karten gestohlen. Bei einem Fall im Schwarzwald-Baar-Kreis tat ein Mann das einzig Richtige: Er rief sofort bei der Polizei an. Allerdings konnten der Wagen und die Personen bei der Überprüfung durch eine Polizeistreife nicht mehr festgestellt werden.

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Wie die Betrüger vorgehen

Die "Benzinbettler" stehen meistens an Nebenstraßen. An solch abgelegenen Strecken können die Betrüger auch relativ ungestört agieren. Das birgt laut Polizei aber auch Gefahren. Nicht nur, weil andere Verkehrsteilnehmer durch das abgestellte Fahrzeug oder die winkenden Personen teils behindert werden.

Was tun?

Die Polizei bittet grundsätzlich um besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit: "Sollten Sie Zweifel haben, dass es sich tatsächlich um hilfsbedürftige Personen, einen Unfall oder dergleichen handelt, bei welchem Sie helfen sollten, verständigen Sie umgehend die für Sie zuständige Polizeidienststelle oder auch den Notruf 110. Die verständigte Polizei kann dann umgehend notwendige Hilfe leisten, wenn dies erforderlich ist, beziehungsweise am Telefon die richtigen Verhaltensweisen an die Hand geben.

Auf jeden Fall melden

Der Polizei bittet die Verkehrsteilnehmer, Verdachte auf "Benzinbettelei" umgehend zu melden, damit sie nach den Verdächtigen fahnden kann – so kann weiteren Betrugsfällen vorgebeugt werden. Bei den Benzinbettlern handelt es sich laut Polizei zumeist um überregional agierende Gruppierungen. Sachdienliche Hinweise nimmt jederzeit das Polizeirevier Tuttlingen, Telefon 07461/9410, entgegen.