Staatsanwalt Wagner warf dem Angeklagten vor, dass er in zwei Fällen eine damals 30-jährige Frau, die er übers Internet kennengelernt hatte, körperlich misshandelte. (Symbolfoto) Foto: dpa

Auch wenn Vorgang ein "Gschmäckle" hat: Häusliche Gewalt bleibt für jungen Mann vor Gericht unbestraft.

Horb - Seit Mittwochvormittag ist die Schonzeit für Menschen, die sich vor dem Horber Amtsgericht verantworten müssen, vorbei. Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick ist aus seinem dreiwöchigen Urlaub zurück und die Gerichtsbarkeit nimmt wieder volle Fahrt auf.

Als erster Angeklagter musste sich am Mittwoch ein junger Mann aus dem Kreisgebiet wegen Körperverletzung und Nötigung verantworten. Da er bei der Tat teilweise noch unter 21 Jahre alt war, saß eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe mit am Tisch.

Staatsanwalt Wagner warf dem Angeklagten vor, dass er in zwei Fällen eine damals 30-jährige Frau, die er übers Internet kennengelernt hatte, körperlich misshandelte.

Bei der ersten Tat, die in seiner Wohnung geschah, soll er die Frau im Streit an die Wand gedrückt, sie gewürgt, ihr im Laufe des Streits ein Messer an die Kehle gedrückt haben, ihr eine Ohrfeige und später noch einen Faustschlag verpasst und sie aufs Bett und den Boden geworfen haben.

In einem weiteren Fall ging der Angeklagte ähnlich brutal vor. Auch hier kam es wieder zu "das Leben gefährdende Handlungen", wie es der Staatsanwalt formulierte.

Nur widerwillig zur eigenen Person geäußert

Der Angeklagte äußerte sich nur widerwillig und in gereiztem Tonfall zur eigenen Person. Zu den Tatvorwürfen verweigerte er die Aussage. Überraschend gab er zu Protokoll, dass er mit der Frau, die er so schwer misshandelt haben soll, inzwischen verlobt sei.

Richter Trick fragte nach, ob es eine Verlobungsfeier gegeben hätte, ob man Ringe getauscht habe, ob ein Hochzeitstermin feststehe und warum man nicht zusammen wohnen würde.

Finanzielle Engpässe gaben sowohl der Angeklagte und später auch seine "Verlobte" für diesen Umstand an. Die Geschädigte, die die Angriffe bei der Freudenstädter Kriminalpolizei anzeigte, verweigerte ebenfalls die Aussage.

Auch dann noch, als ihr der Vorsitzende klarmachte, dass ihre Behauptung, verlobt zu sein, noch fünf Jahre gerichtsverwertbaren Bestand habe und man sie daher wegen falscher Zeugenaussage belangen könne, falls sich herausstellt, dass die Verlobung nur als Schutzbehauptung vorgeschoben sei, um nicht gegen den Angeklagten aussagen zu müssen.

Wenig Verständnis beim Anklagevertreter

Trotzdem blieb die Geschädigte bei ihrer Geschichte und so blieb der Staatsanwaltschaft nichts anderes übrig, als einen Freispruch zu fordern. In seinem Plädoyer machte der Anklagevertreter keinen Hehl daraus, dass er wenig Verständnis dafür habe, wenn man verprügelt werde, danach bei Polizei und Justiz Hilfe suche und hinterher wieder einknicke. "Hier kann man darauf warten, bis Sie wieder verschlagen werden und bei uns Hilfe suchen", sagte er.

Für alle Beteiligten stand zwar fest, dass die Verlobung zumindest ein "Gschmäckle" hatte und eher dazu geeignet war, den Angeklagten aus der Schusslinie nehmen zu können, doch es war wieder einer dieser Fälle von häuslicher Gewalt, die juristisch nicht geahndet werden können. Es sei denn, es passiert Schlimmeres. Und dann ist es für die Betroffenen meist zu spät.