Schwäne am Neckarufer sind ein stolzer Anblick – doch manch einen zieht es gelegentlich ans Neckarnordufer zum Bäcker. Foto: Schwarzwälder-Bote

Fütterung lockt weißen Langhals über die B14. Polizei muss extra zu Straßensperrung anrücken.

Horb - Am Neckar-Nordufer herrscht Ratlosigkeit angesichts eines neuen Kunden: Ein Schwan ist auf den Geschmack der Brötchen aus der ufernahen Backstube gekommen und spaziert seither öfter mal über die B14.

Zuletzt musste die Polizei anrücken, um ihm freies Geleit zu geben.Hans Klink vom Ordnungsamt hat vom "Problem Schwan" gehört. Was tun? Womöglich handelt es sich um einen unerlaubten Eingriff in den Straßenverkehr, sodass man dem Störenfried alsbald ein Knöllchen unter den Flügel klemmen sollte. Oder haben all jene Recht, die sagen, der Schwan habe eine weiße Weste? Schuld seien die Fütterer? Klink blättert in der Polizeiverordnung, wird fündig bei Paragraf 14: "Wir haben ein Fütterungsverbot für Tauben auf öffentlichen Straßen, Gehwegen und Grünanlagen. 2006 wurden Enten in das Fütterungsverbot aufgenommen."

Aber ein Schwan? Im Regelwerk des Ordnungsamts ein weißer Fleck. Klink ist ratlos. "Nur wegen des Einzelfalls Schwan wird es keine Änderung der Verordnung im Gemeinderat geben, das kann ich mir nicht vorstellen."

Die Verwaltung will mit dem renitenten Neckarbewohner nichts zu tun haben. Er gehöre nicht etwa der Stadt. "Der Schwan zählt zu den wildlebenden Tieren", sagt Klink. Kein Horber also. Vogelfrei.

Unten in der Stadt bei der Polizei schätzt der stellvertretende Revierleiter Werner Gauss den Vorfall ein: "Die Lage ist akut seit dem Wochenende", sagt er zur Akte Schwan. Vor Samstag habe die Polizei nichts mit dem Federvieh zu tun gehabt.

Zurück an den Futterplatz

Dann aber gleich ein zweistündiger Einsatz. Zehn bis zwölf Uhr. Die Straße vor der Bäckerei musste gesperrt werden, damit der Ausflügler nicht verletzt wird. Schließlich packte eine Dame beherzt zu. Den Schwan unterm Arm überquerte sie die Straße und setzte ihn an der Uferböschung wieder aus. Man könnte auf die Idee kommen, dass durch solcherlei Polizeieinsätze Steuermittel verschwa(e)ndet werden. Ei wo: "Der Einsatz war eine schöne Abwechslung in unserem harten Geschäft", sagt Gauss und lacht. Die Ursachenforschung bei den Offiziellen hat folgendes ergeben: "Ein Schwan kommt immer wieder zurück an den Futterplatz, sagen unsere Tierexperten."

Volkmar Rieber ist ein solcher Tierexperte und weiß Näheres. Zunächst aber zu den Familienverhältnissen. Rieber vermutet nämlich, einen einstigen Schützling identifiziert zu haben: Schwan (unseren Informationen zufolge bislang namenlos), geschlüpft auf dem Horber Neckarwehr am 5. oder 6. Juni 2011, sämtliche Geschwister durch Absturz vom Wehr verloren, ein Elternteil tot am Ufer gefunden, anderer Elternteil verschwunden, Exot, weil einziges Exemplar in Horb. Und jetzt auch noch das: "Der Wasserstand ist seit rund 14 Tagen so hoch, dass sein Hals nicht bis auf den Grund reicht, wo er normalerweise Nahrung findet", sagt Rieber.

Brötchen to go, eine tierisch feine Sache, die der Schwan nun für sich entdeckt hat. "Er ist eigentlich die ganze Zeit da", sagt die 23-jährige Verkäuferin Viktoria Tolstoj von der Bäckerei am ufernahen Kreisverkehr, "gerade ist er bei Aldi". Montagmorgen, Wocheneinkauf. Warum nicht? Das Personal der umliegenden Läden beschwere sich bei der Bäckerei, sagt Tolstoj. "Aber wir können auch nichts dafür."

Nun, so weit "das Problem Schwan", wie es auf dem Ordnungsamt heißt. Was aber ist die Lösung? Tolstoj sagt, sie und ihre Kollegen hätten Kunden schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Schwan nicht gefüttert werden dürfe. Nun werde sie in der Zentrale der Bäckerei anfragen, ob nicht ein Schild aufgehängt werden kann. "Wir müssen leider drüben bleiben" nebst Bild vom Schwan, wäre eine Beschriftungsmöglichkeit. Nein, dem Fütterverbot müsse schriftlich noch einmal Nachdruck verliehen werden. Doch wer soll einen Verstoß bestrafen, wo doch in den Unterlagen des Odnungsamts betreffendes Tier weder Taube noch Ente ist. Eine Grauzone. Derweil erfreuen sich einige Bäckereikunden des tierischen Besuchs, machen Fotos und werfen ihm, bevor man sich versieht, womöglich noch einen Brotkrumen hin. Der watschelnde Bäckerkunde ist gar nicht dumm, kürzlich sparte er sich einen Umweg von der Bäckerei zur Tankstelle und überwand den Zaun.

Ach, übrigens: Heute ist uns ein zweiter Schwan begegnet.Irgendwie scheint sich das mit der Bäckerei rumzusprechen. Von Schnabel zu Schnabel sozusagen. Uns schwant da was...