Gerhard Erdmann liest Texte von ungebrochener Aktualität

Von Marion Tischbein

Horb-Mühringen. 50 Jahre Friedenskirche in Mühringen in diesem Jahr ist Anlass für besondere Andachten, Gottesdienste und Vorträge. Dazu passte auch die Lesung von Gerhard Erdmann aus Bierlingen am Samstagabend mit dem Titel "Frieden fängt beim Frühstück an".

Texten von Hanns-Dieter Hüsch, Erich Kästner, Bertholt Brecht und Kurt Tucholsky eine Lesung regte die Lesung zum Nachdenken und Innehalten an. Besonders in der heutigen Zeit, wo wieder an vielen Ecken dieser Welt Gewalt herrscht.

Die Schrecken des Krieges sind in den Hintergrund gerückt. Seit 70 Jahren herrscht in Mitteleuropa Frieden, aber in naher Nachbarschaft bestimmen kriegsähnliche Zustände den Alltag. Somit haben auch die Gedichte und Erzählungen, die zum größten Teil schon vor mehr als 70 Jahren entstanden sind, heute wie damals, als sie geschrieben wurden, nichts von ihrer Bedeutung verloren. "Es ist deshalb vor allem für uns deutsche Mitbürger von größter Wichtigkeit, besonders die Jahre der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts stets im Gedächtnis zu halten und daraus zu lernen – permanent!", sagte Gerhard Erdmann.

Die Texte, die an diesem Abend vorgelesen wurden, sind scheinbar düsterer Natur. Doch man sieht am Ende immer wieder die Hoffnung aller Menschen: das Licht! Wie muss sich Erich Kästner gefühlt haben, als er mit ansehen musste, wie seine Bücher verbrannt wurden, da sie als entartete Kunst angesehen wurden. Kästner war der Einzige der 24 Schriftsteller, deren Bücher verbrannt wurden, der bei der Verbrennung anwesend war. Schon 1929 schrieb er das Gedicht "Kennst du das Land wo die Kanonen blühen", "Die andere Möglichkeit, wenn wir den Krieg gewonnen hätten". Das Gedicht endet mit dem Satz: Zum Glück gewannen wir ihn nicht. Eine düstere Zukunftsvision schrieb Kästner 1930 mit dem Gedicht "Das letzte Kapitel". Tucholsky, der viele seiner Schriften, die gegen den Krieg und das damaligen Zeitgeschehen gerichtet waren, unter den Pseudonymen Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel verfasste, musste genau wie Bertholt Brecht emigrieren, um den Schergen des Naziregime zu entkommen.

An diesem Abend brachte Erdmann "Der bewachte Kriegsschauplatz", "Der Graben", "Drei Minuten innehalten und erinnern", "Das Gebet nach der Schlacht" und den "Gruß nach vorn" alle von Tucholsky zu Gehör.

Von Brecht war das Gedicht "Mein Bruder war ein Flieger" zu hören oder auch die Geschichte vom Soldaten, der absolut gehorsam war, egal was man von ihm verlangte. Die Lesung begann mit dem Gedicht von Hanns- Dieter Hüsch mit "Friede fängt beim Frühstück an" und endete mit der Predigt von Hüsch "Friede sei mit Euch".

Musikalisch gestaltet wurde die Lesung von klassischen Cellostücken, die zwischen den Gedichten dargebracht wurden.