Heimatgeschichte: Heinz Schmid zeigte, wie der Horber Bahnhof sein Gesicht veränderte

Auch bei der zweiten Vortragsveranstaltung im Jahr 2016 konnte sich der Vorsitzende des Kultur- und Museumsvereins Joachim Lipp darüber freuen, dass das Interesse so groß war, dass der Nebenraum im Gasthaus Schiff fast wieder aus allen Nähten platzte.

Horb. So groß war der Andrang, dass einige Zuhörer sogar nur noch Platz vor der Theke in der Gaststube finden konnten. Heinz Schmid, der in seiner Verwandtschaft zahlreiche Eisenbahner vorweisen kann, referierte in Bild und Wort über die 150-jährige Geschichte des Bahnhofs Horb.

Mehr als vier Stunden mit dem Zug von Horb nach Stuttgart

An Stelle des Horber Bahnhofs stand einst die sogenannte Wasserburg Hornau mit der Erhardskapelle, deren Grundmauern beim Bau des Bahnhofsgebäudes freigelegt wurden. Während die Wasserburg bereits 1660 von der Stadt Horb dem Erdboden gleich gemacht worden war, beschloss der Magistrat 1784 nach zahlreichen Überschwemmungen auch den Abbruch des Kirchleins. Als in den Jahren 1864 bis 1866 der Ausbau der Oberen Neckarbahn von Eyach nach Horb erfolgte, entstand in der Oberen Au zunächst ein Bahnhofsgebäude mit links und rechts angrenzendem Geschirr- und Toilettenhäuschen sowie einem Güterschuppen, der vor einigen Jahren dem Kauflandgebäude weichen musste und dessen Bauteile mittlerweile trotz vorgeschriebenem Denkmalschutz total verrottet sind. Als die erste Dampflokomotive am 1. Dezember 1866 in den Horber Bahnhof einfuhr, war das Hauptgebäude allerdings noch gar nicht fertig gestellt.

Die Eisenbahn revolutionierte nicht nur den Reise-, sondern auch den Fracht- und Postverkehr. Ein Brief, der 1866, als der Horber Bahnhof noch im Bau war, von Nagold nach Salzstetten befördert wurde, gelangte in zwei Tagen zunächst mit der Postkutsche nach Rottenburg, dann mit der Bahn bis Eyach, von dort wieder mit der Postkutsche nach Horb und schließlich per Kutsche nach Salzstetten. Und weil ein Zug erst abfahren durfte, wenn die Post ein- beziehungsweise ausgeladen war, dauerte die Eisenbahnfahrt von Horb nach Stuttgart mehr als vier Stunden. Nach Fertigstellung des Horber Bahnhofs und dem Weiterbau der Oberen Neckarbahn in Richtung Rottweil gab es zwei schienengleiche Bahnübergänge zur Nordstetter Steige und auf dem Weg nach Isenburg.

Mit dem Bau der Nagoldtal- und der Gäubahn in den Jahren 1874 und 1879 wurde der Horber Bahnhof zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt, und ein weiterer schienengleicher Bahnübergang befand sich in der Mühlener Straße. Der Zugverkehr zwischen Eutingen und Horb erfolgte zunächst eingleisig und überquerte den Neckar auf sechs stählernen Brückenbögen, die in weiser Voraussicht nach dem 1886 begonnen zweigleisigen Ausbau der Gäubahn zu einer dreibogigen Eisenbahnbrücke zusammengeschoben werden konnten. 1891 schloss sich dem Bahnhofsgebäude, dem Gebäude mit der Restauration und der Wohnung des Bahnhofsvorstehers sowie dem Bedienstetenhaus im Osten das Königlich Württembergische Postamt an, da der Postverkehr jetzt hauptsächlich durch die Eisenbahn gewährleistet wurde. Gegenüber vom Bahnhofsgebäude befand sich am Hornauhang ein Lokschuppen.

1903/04 wurden die schienengleichen Bahnübergänge nach Egelstal und zur Nordstetter Steige durch eine Eisenbahnbrücke ersetzt, in deren Nähe 1911 die dreigeschossige Eisenbahnerübernachtungsstätte erbaut wurde, die jüngst den geplanten Neckar-Arkaden weichen musste. Um diese Zeit fand mehr als eine halbe Hundertschaft als Eisenbahnbedienstete beim Horber Bahnhof Brot und Arbeit.

In den Jahren 1926 bis 1928 erfolgten der Ausbau des Personenbahnhofs sowie der Bau eines Rangierbahnhofs in Richtung Isenburg. Es entstanden der Restaurationsanbau mit Empfangshalle, deren undichtes Dach sich mittlerweile zu einer ewigen Baustelle entwickelt hat, sowie die Fußgängerunterführungen mit den überdachten Bahnsteigen. Der Rangierbahnhof erhielt einen riesigen Lokschuppen. Dieser wurde dann bei Luftangriffen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs zum Teil zerstört.

Eindrucksvolle Bilder der Zerstörungen aus dem Zweiten Weltkrieg gezeigt

Im Januar 1945 erhielt auch der Horber Bahnhof mehrere Volltreffer und es waren 19 Tote zu beklagen. Heinz Schmid konnte eindrucksvolle Bilder von den Zerstörungen zeigen. Die stählerne Eisenbahnbrücke über den Neckar wurde von sich zurückziehenden deutschen Truppenteilen gesprengt und anschließend nur notdürftig wieder zusammengeflickt, bis sie 1959 durch Deutschlands erste Spannbetonbrücke ersetzt wurde. Bis zur Reparatur der Eisenbahnbrücke über den Neckar hielten die Züge am Horber Bahnhof Ost, der sich in der Mühlener Straße befand. Die Reisenden mussten dann schauen, wie sie nach Fischingen kamen, denn hinter Neckarhausen war eine weitere Bahnbrücke über den Neckar zerstört.

1961 wurde das alte Postamt abgebrochen, nachdem ein neues an Stelle des ehemaligen Bahnhofshotels erbaut worden war. Nach der in den Jahren 1974/77 erfolgten Elektrifizierung der Strecke Stuttgart-Singen verschwanden die Dampf- und Diesellokomotiven mehr und mehr von der Bildfläche. 1979 wurde der Horber Rangierbahnhof aufgehoben und zwei Jahre später erfolgte eine größere Renovierung des Bahnhofshauptgebäudes.

Nach der Stilllegung des Rangierbahnhofs siedelte sich dort 2011 die Eisenbahnerlebniswelt an, deren Museum die Eisenbahngeschichte genauso lebendig erzählen kann wie Heinz Schmid beim Vortragsabend des Kultur- und Museumsvereins. Der zweite Vorsitzende Heinrich Raible bedankte sich für den eindrucksvollen Vortrag zum Schluss beim Referenten mit einem Weinpräsent.