Vom Netto-Parkplatz in Höfen über den Kindergarten hinweg ist die Kirche – links davon das bis 1907 genutzte alte Schulhaus – zu sehen. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Architektur: Vor 125 Jahren beginnen Höfener Kirchenarbeiten

Höfen. Wer durch Höfen fährt, dem entgeht die Kirche in der Ortsmitte nicht. Im Winter, wenn kein Laub die Sicht verdeckt, beeindruckt sie auch beim Blick vom Netto-Parkplatz über den Spielplatz des Kindergartens hinweg den Betrachter.

Sie wirkt wie eine architektonisch gelungene Stadtkirche. Dies kommt nicht von ungefähr. Begleitet wurde der Bau vor 125 Jahren, von 1892 bis 1894, durch den Münster-Baumeister August von Beyer. Das "von" ist ihm nicht angeboren. Geadelt wurde er für sein Schaffen vom württembergischen König.

In Höfen wurde von Beyer tätig, nachdem er wenige Jahre zuvor, 1890, mit dem Aufsetzen der Kreuzblume auf dem mit 161,5 Metern höchsten Kirchturm der Welt den Bau des Ulmer Münsters abgeschlossen hatte.

Schon 1864 leitete von Beyer als damals 30-Jähriger in Bebenhausen am Schloss größere Restaurierungsarbeiten. Er hatte das Vertrauen des Königshauses und musste alles auf Vordermann bringen, um den königlichen Jagdgesellschaften, zu denen auch ab und zu der Kaiser gehörte, ein entsprechendes Ambiente zu bieten.

Besonderes Können

Während des Kirchenbaus in Höfen lief teils parallel für den Baumeister – bekannt für sein besonderes Können um die neugotische Gestaltung – von 1886 bis 1894 auch die Durchführung einer umfassenden Renovierung und Umgestaltung der Heilbronner Kilianskirche. Von Beyer sorgte außerdem 1893 für die Fertigstellung des seit 1521 knapp 61 Meter über dem Boden unterbrochenen Turms des Berner Münsters, den er mit 100 Metern Höhe als höchsten Kirchturm der Schweiz vollenden ließ.

Das neue Schulhaus im Höfener Schönblickweg, das 1907 das vorherige – 1860 als Schul- und Rathaus Ecke Liebenzeller Straße/Alte Straße erbaut – ablöste, hatte ebenfalls einen berühmten Baumeister und kann als modernstes seiner Zeit gelten. Architekt war der Stuttgarter Hochschullehrer Theodor Fischer. Eine Dampfheizung und ein Schülerbad waren besondere Merkmale. Fischer gilt als geistiger Vater der in Baumeister-Kreisen berühmt gewordenen Stuttgarter Schule. An der Technischen Hochschule (TH) der Landeshauptstadt bildete er von 1901 bis 1908 mehr als ein Dutzend berühmter Architekten aus.

Unter ihnen war auch Paul Bonatz, der im Zusammenhang mit dem Stuttgarter Bahnhof in jüngerer Zeit wieder ins Gedächtnis gerückt wurde. Er war einst in ganz Deutschland gefragt. Mit Sicherheit hatte er auch mit dem Höfener Schulhaus zu tun. Er war nämlich von 1902 bis 1906 an der TH Stuttgart Assistent von Fischer und arbeitete anschließend bis 1908 in dessen Stuttgarter Architektenbüro. Deshalb wäre es nicht vermessen, wenn die Höfener behaupten, dass zwei berühmte Baumeister ihr neues Schulhaus architektonisch erarbeitet und baulich begleitet haben.