Auf dem Leuchtturm der Nordseeinsel Pellworm heiraten jedes Jahr 200 bis 300 Paare Foto: dpa

Standesamt und Kirche sind langweilig? Dann kann man sich auch auf Leuchttürmen, auf Burgruinen, im Wald oder auf dem Schiff trauen lassen. Ein Überblick.

Sie schweifen in die Ferne, gehen in die Luft oder runter zum Meeresgrund. Immer mehr Paare heiraten ungewöhnlich oder stellen bei der Trauung ihr Hobby in den Mittelpunkt. Eine Auswahl:

Freie Trauungen

Ulla und Fred zum Beispiel. Sie lieben Lederjacken, Motorradfahren, Rockmusik. Bei ihrer Hochzeit wollen sie ihre Leidenschaft mit den Gästen teilen. Sie mieten eine Jagdhütte, aus der Musik dröhnt. In der Traurede erfahren die Gäste, dass Ulla und Fred sich im Motorradurlaub in Spanien kennengelernt haben. Viele der Gäste tragen Lederkleidung, fast alle Schwarz. Freie Trauungen machen Mottohochzeiten und Wünsche wie die von Ulla und Fred möglich.

Gewächshäuser, Obstplantagen, Waldlichtungen, Burgruinen, selbst Zirkuszelte oder Bungee-Sprünge sind denkbar: Oliver Bisanz aus Stuttgart ist freier Theologe und kommt an fast jeden Ort, an dem Paare sich trauen lassen wollen. Sofern der Ort in privater Trägerschaft ist.

"Einige wollen mit der Kirche nichts zu tun haben"

Viele freie Theologen haben zwar Theologie studiert. Sie arbeiten jedoch kirchenunabhängig und sind keine Pfarrer. Die Trauungen sind rechtlich nicht bindend. Die Verliebten müssen zuvor aufs Standesamt gehen.

In Burg- und Schlosskapellen heiraten Paare besonders gern. Mit den Orten verbinden sie nicht immer Erinnerungen. „Einige wollen mit der Kirche nichts zu tun haben“, sagt Bisanz. Eine freie Trauung sei aber nicht automatisch eine unchristliche Trauung. Manche Paare hätten zwar einen Bezug zu Gott, zum Pfarrer vor Ort jedoch keinen Kontakt. Ob die Rede nur weltliche oder auch religiöse Aspekte beinhaltet, bestimmt allein das Paar.

„Viele schätzen die Freiheiten, die freie Trauungen ermöglichen. In der Kirche hat man nur begrenzt Einfluss auf Dinge wie Musik“, sagt Bisanz, der pro Trauung rund 850 Euro verlangt. Fahrtkosten sowie Kosten für Raummiete, Essen oder Musik kommen hinzu.

Andere Zeremonien

Andere Zeremonien

Christoph Krell ist Druide. Bei dem Lübecker, der europaweit unterwegs ist, heiraten Paare nach keltischen Riten. Sie tragen klassisch Brautkleid und Anzug – oder mittelalterliche Kleidung. Keltische Hochzeiten beziehen die Natur und die Elemente mit ein – in Burgruinen, Wäldern, an Seen oder auf Burgen. Sie sind rechtlich nicht bindend.

Zu Beginn wird das Paar beim Ausräuchern rituell gereinigt, sagt Krell. „Dann folgt die Zeremonie mit Ansprachen, Schwert und Dolchgeschenk, das Paar teilt auch Brot und Wein.“ Beim sogenannten Handfasting werden die Hände der Eheleute mit einem Band verbunden. Wozu das Ganze? Rituale helfen Menschen „in Zeiten, in denen Beliebigkeit und Schnelllebigkeit dominieren, wieder Substanz im Leben zu finden“, sagt Krell.

Auch bei Cornelia Wetzel besinnen die Paare sich auf Rituale – „um die natürlichen Abläufe zu ehren und wertzuschätzen“. Die bis zu 20 Paare, die Wetzel im Jahr traut, bevorzugten neben keltischen und germanischen Hochzeiten Naturhochzeiten ohne religiöse Symbolik.

„Die Paare sind alle naturverbunden und glauben an eine neutrale Urkraft“, sagt Wetzel. Eine Urkraft, die nichts mit christlichen Mythen gemein habe. Die Accessoires bei der Zeremonie seien aus Naturmaterialien und rustikal. „Die Farbe Grün als Symbol der Naturkraft herrscht vor“, sagt Wetzel. Eine Naturhochzeit kostet 490 Euro plus Beratungskosten, Anfahrts- und gegebenenfalls Übernachtungskosten.

An ungewöhnlichen Orten

An ungewöhnlichen Orten

Mehr als 140 Stufen erklimmen Verliebte, die sich auf dem Leuchtturm der Nordseeinsel Pellworm das Jawort geben. Laut Hochzeitsveranstalterin Ursula Pelzl ist das Standesamt im neunten Leuchtturmdeck das höchste im Norden. Der Turm ist 41,5 Meter hoch. In dem Bauwerk lassen sich jedes Jahr 200 bis 300 Paare trauen. Sie sind aus aller Welt.

Pelzl bezeichnet den Leuchtturm daher als „weltoffenes Sinnbild und Ort internationaler Begegnungen“. Viele Paare seien vor ihrer Trauung noch nie auf Pellworm oder auf einem Leuchtturm gewesen. Wer sich dafür entscheidet, fährt meist mit der Fähre auf die nordfriesische Insel. Und sieht vielleicht sogar Seehunde.

Live-Übertragung aus dem Standesamt ins benachbarte Landhaus

Im Standesamt ist Platz für sieben Gäste. Der Rest der Gesellschaft muss künftigallerdings nicht mehr auf die Zeremonie verzichten. „Dieses Jahr sind erstmals Live-Übertragungen aus dem Standesamt ins benachbarte Landhaus möglich“, sagt Pelzl. Eine einfache Trauung kostet unter derWoche ab 299,50 Euro. Für die maritime Hochzeit mit Extras wie einem Rundgang auf der Aussichtsplattform zahlen Paare an Wochentagen 599 Euro.

Heiraten kann man auf vielen Leuchttürmen. Pelzl hat bei ihren Recherchen mindestens 13 gefunden. Etwa in Westerhever oder auf Sylt, ebenso auf Rügen und Borkum. Andere angesagte Orte im Norden sind Kutter, Halligen oder Windmühlen. Und Seehundbänke, sagt Pelzl. Dorthin fahren das Paar und die Gäste dann natürlich mit dem Schiff.

Standesbeamte trauen Paare an allen öffentlichen Orten, die Kommunen für Hochzeiten ausweisen, besonders Schlösser und Burgen. Die Gemeinden legen die Gebühren individuell fest, im Schnitt sind es ein paar Hundert Euro. In welchem Standesamt man heiratet, bleibt jedem Paar überlassen.

Im Ausland

Im Ausland

Rundum-Pakete für das Jawort im Ausland bieten verschiedene Reiseveranstalter wie Tui, Thomas Cook, Dertour, FTI und Jahn Reisen an. Laut einer Tui-Studie heiraten im Jahr mehrere Tausend Paare in der Ferne. Beliebte Ziele sind Südafrika, die Inseln im Indischen Ozean und die USA.

In den Vereinigten Staaten sei Heiraten sehr einfach. Vor allem für das Jawort in Florida steigt die Nachfrage, sagt Frank Nedderhoff, Tui-Hochzeitsplaner in Florida. Grundsätzlich seien die Trauungen auch nach deutschem Recht sofort gültig, sagt Tui-Deutschland-Sprecherin Anja Braun. „Sie müssen aber noch beim heimischen Standesamt eingetragen werden.“

Die Strandtrauung in Miami etwa kostet pro Paar bis zu 1200 Euro. Inklusive ist ein Transfer mit der Limousine, ein Rundflug über Miami oder ein Segeltörn entlang der Skyline von Miami.

Trauung im Ausland: im intimem romantischen Rahmen

Laut Alexander Wacker, der sich mit dem Internetportal „Hochzeit auf Reisen“ auf Auslandshochzeiten spezialisiert hat, entscheiden sich viele Paare für eine Trauung fernab der Heimat, weil sie einen intimen romantischen Rahmen ermöglicht. „Andere Paare haben zum Hochzeitsziel eine besondere emotionale Bindung“, sagt Wacker.

Auch trifft er Paare, die er Hochzeitsflüchtlinge nennt: Menschen, die Streit in der Familie vermeiden wollen, wenn die Ansichten über die Hochzeit auseinandergehen. Etwa 200 Paare fliegen im Jahr über das Portal vor allem nach Thailand, Griechenland, Italien, in die USA und Karibik.

Buchstäblich in den Hafen der Ehe schippern Verliebte mit Tui Cruises. Die Reederei bietet auf Kreuzfahrtschiffen Trauungen an, die in Deutschland anerkannt werden, solange die Kapitäne sie in internationalen Gewässern vornehmen. Die Trauung (Basispaket Europa und Kanaren für 1449 Euro pro Paar, Asien, Emirate und Karibik für 1549 Euro) erfolgt nach maltesischem Recht.

Für 2015 sind alle Termine ausgebucht – von gut 110 Paaren. Da Tui Cruises die Flotte bis 2017 auf sechs Schiffe erweitert, wird es bald noch mehr Möglichkeiten zum Jawort auf hoher See geben.