Caren Wagner Foto: Huger

Interview: Schnelles Internet braucht Zeit / Regierungspläne unrealistisch

Hechingen - Überall wird vom schnellen Internet gesprochen. Doch warum gestaltet sich die Umsetzung eher langsam? Bei dieser und anderen Fragen hilft Caren Wagner, die Breitbandbeauftragte der Stadt Hechingen weiter. Den ausgerufenen Zeitplan der Regierung sieht sie kritisch. Zudem erzählt sie im Interview, wie lange die neue Internetleitungen vermutlich Bestand haben werden und wo es Versorgungslücken gibt.

Alle reden immer vom schnellen Internet. Warum hat man denn vorher langsames verlegt?

Die Technik hat sich in den vergangenen 20 Jahren schon weiterentwickelt. Die alten Kupferkabel reichen für die Übertragungsmengen nicht mehr aus. Je länger ein Kupferkabel wird, desto mehr verliert es an Geschwindigkeit. Glasfaser ist schneller und zuverlässiger.

Ist "schnelles Internet" überhaupt die korrekte Bezeichnung? Sollte es nicht "schnelle Verbindung" oder "Schnelle Übertragungsrate" heißen?

Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Hauptsächlich geht es um die Übertragungsverbindung, aber letztlich kommt das schnelle Internet, also das schnelle Verbinden und die Daten beim Kunden an. Auch in Fachdiskussionen wird eigentlich nur vom schnellen Internet gesprochen.

Sind Sie oft bei solchen Diskussionen?

Seit Februar war ich bei vier oder fünf Seminaren und Fortbildungen. Es ist schon wichtig, sich da auszutauschen, um mitzukriegen, was bei den anderen Kommunen so los ist.

Wo und wann werden in Hechingen in nächster Zeit Glasfaserkabel verlegt?

Da haben wir als nächstes das Projekt Gewerbegebiete, also Lotzenäcker, Linsenäcker und Nasswasen sowie den Ortsteil Sickingen. Gerade sind wir an der Detailplanung, mit den Tiefbauarbeiten werden wir im nächsten Jahr beginnen.

Wie wird sich das mit dem schnellen Internet Ihrer Meinung nach entwickeln? Muss man in 20 Jahren alles wieder aufbuddeln?

Nein, muss man nicht. Im Moment ist das Ziel eine Übertragungsrate von 50 Mbits pro Sekunde. Das ist sehr ambitioniert. Und dass das nicht innerhalb von zwei Jahren geht, ist klar. Theoretisch sind Übertragungsraten bis zu 200 Mbits möglich. Von daher denke ich, dass es für die nächsten 20 Jahre ausreichen wird.

Und wenn nicht?

Gesetzt den Fall, es gäbe in 20 Jahren ein neue Methode, dann haben wir ja schon die nötige Infrastruktur. Es könnten also einfach die alten Kabel herausgenommen und neue verlegt werden.

Gibt es noch andere Möglichkeiten außer Glasfaser?

Andere zuverlässige Leitungen gibt es nicht. Man kann das über Funk machen. Das haben wir zum Beispiel in Beuren. Das ist aber gerade bei schlechtem Wetter nicht zuverlässig. Langfristig kommt Glasfaser in jeden Ortsteil.

Was genau versteht man eigentlich unter FTTB?

Das heißt, dass die Glasfaser direkt bis zum Gebäude verläuft. Beim FTTC geht die Glasfaser nur bis zu einer Kabelverzweigung und von dort aus dann ein Kupferkabel zum Haus – sofern die Leitung nicht länger als 500 Meter ist. Das langfristige Ziel ist, dass jedes Haus angeschlossen wird. Das ist natürlich ein hoher Kosten- und Zeitaufwand.

Von Kosten welcher Höhe reden wir da?

1,35 Millionen Euro sind dafür im Haushalt 2016 eingeplant. Über die Gesamtkosten 2016 lässt sich aber nicht viel sagen, da noch nicht alle Rechnungen da sind.

Können die Hechinger insgesamt zufrieden sein mit dem Internet-Angebot?

Ja, ich denke, es gibt schlechtere Gebiete. Die Kernstadt und einige Ortsteile sind schon gut versorgt. Die meisten haben sich mit dem arrangiert, was es gibt.

Gibt es Haushalte ohne Internet?

Ich weiß von niemandem, der kein Internet hat. Das Sorgenkind ist natürlich Beuren, auch Sickingen und Schlatt. Es ist auch relativ, was vor Ort ankommt. Es gibt einen Breitbandatlas, in dem steht, welche Geschwindigkeiten wo möglich sind. Doch wir wissen alle, dass die Wirklichkeit nicht immer damit übereinstimmt.

Da gibt es vermutlich auch manchmal Missgunst, wenn ein anderer Ortsteil schneller drankommt?

Natürlich möchte jeder sofort eine schnelle Verbindung haben, möglichst ohne Baustelle. Letztlich können wir aber nicht überall gleichzeitig das Netz aufbauen, sondern müssen an einer Stelle anfangen und dann das Netz ausweiten.

Ist das schnelle Internet denn auch schon für das neue Wohngebiet Killberg IV eingeplant?

Es werden auf jeden Fall Leerrohre mitverlegt. Dazu sind wir gesetzlich verpflichtet. Dass die Bewohner von vorneherein eine schnelle Verbindung haben, kann ich nicht versprechen. Sie müssen dann erst einmal über den nächsten Verteiler angeschlossen werden. Aber sie werden nicht auf dem Trockenen sitzen.

Bis wann haben denn nun alle Hechinger das schnelle Internet?

Auf Regierungsebene reden sie von 2018. So schnell geht es de facto nicht. Das ist technisch nicht machbar. Da steckt mehr dahinter, als sich alle vorstellen. Wir müssen Hechingen einmal komplett umgraben. Und allein auf die letzte Förderfreigabe habe ich ein halbes Jahr gewartet. Das lässt sich also nicht genau sagen, da es von vielen Faktoren abhängt.

Zum Beispiel?

Im Moment gibt es noch Gelder. Die Frage ist, ob auch in Zukunft Geld im Topf ist. Zudem hängt es davon ab, wie schnell die Ausschreibung funktioniert. Die Branche boomt und die Firmen reißen sich nicht gerade um Aufträge. Dann muss das Material beschafft werden und schließlich ein Betreiber gefunden werden.