Ingrid Rumpf, die Vorsitzende des Vereins "Flüchtlingskinder im Libanon", führte am Freitag in die Ausstellung ein; neben ihr der Vorsitzende des Fördervereins Villa Eugenia, Joachim Wien, der die umstrittene Ausstellung in der Villa ermöglichte. Foto: Maute

Kritiker versuchen erfolglos, "Nakba"-Ausstellung zu verhindern. Viele Gäste bei Eröffnung.

Hechingen - Die "Nakba"-Ausstellung ist am Freitagabend in der Villa Eugenia eröffnet worden. Aufgegriffen wird ein brisantes Thema, das auch in Hechingen für viel Wirbel sorgt.

"Ohne Verständnis für die berechtigten Anliegen beider Seiten kann es keinen Frieden geben", betonen Unterstützer der "Nakba"-Ausstellung, die sich mit Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948 befasst. Kritiker attestieren ihr hingegen, einseitig zu sein.

"Eine derart schmerzhafte Reise in die Vergangenheit ist der einzige Weg nach vorn, wenn wir eine bessere Zukunft für uns alle, Palästinenser wie Israelis, schaffen wollen." Dieser Satz des israelischen Historikers Ilan Pappe, auf dessen Bedeutung der Vorsitzende des Fördervereins Villa Eugenia, Joachim Wien, bei der Vernissage am Freitag verwies, prangt wie ein Mahnmal auf der Titeltafel der Ausstellung. Die im Jahre 2008 vom Verein "Flüchtlingskinder im Libanon" konzipierte Schau war bisher in 155 deutschen Städten zu sehen. In der Zollernstadt, wo sie in der Villa Eugenia im Beisein zahlreicher Gäste eröffnet wurde, wird sie von der Hechinger Amnesty-International-Gruppe präsentiert. Die musikalische Umrahmung übernahm der bekannte Liedermacher Thomas Felder.

Im arabischen Sprachgebrauch steht "Nakba", deutsch "Katastrophe", für die Flucht und Vertreibung der arabischen Palästinenser während der Gründung des Staates Israel. "Ohne die Kenntnis und ohne eine gebührende Anerkennung dieser Seite des Konflikts werden Aussöhnung, Gerechtigkeit und Frieden im Nahen Osten keine Chance haben", ist der Verein "Flüchtlingskinder im Libanon" überzeugt. 13 Tafeln thematisieren Geschehnisse und Folgen und beleuchten das Leid der palästinensischen Flüchtlinge.

Gleichwohl, so machte die Hechinger Amnesty-Vorsitzende Françoise Schenkel deutlich, beschäftige sich Amnesty nicht mit historischen Fakten. Anliegen der Organisation sei vielmehr, dass Menschenrechte grundsätzlich eingehalten würden. Eine Schlüsselposition nehme dabei das in der Menschenrechtserklärung verankerte Recht auf Rückkehr ein. "Amnesty fordert, dass es den Palästinensern, die geflohen sind, erlaubt ist, ihr Recht auf Rückkehr auszuüben", so Françoise Schenkel, die ausdrücklich betonte, dass Gleiches auch für israelische Bürger gelte. Denn Amnesty unterscheide nicht zwischen Israel oder Palästina, sondern prangere Menschenrechtsverletzungen in beiden Ländern an.

Mit dem Vorwurf einer einseitigen Darstellung müsse sich der Verein "Flüchtlingskinder im Libanon" bereits seit Jahren auseinandersetzen, erklärte dessen Vorsitzende Ingrid Rumpf. Immer wieder werde die Forderung laut, die Schau abzusetzen. "Wir würden uns stattdessen vielmehr eine Diskussion wünschen", so Rumpf. Seit 1996 unterstütze der Verein humanitäre Projekte in Flüchtlingslagern im Libanon und verfolge das Ziel, Aufmerksamkeit und Verständnis für das Leid dieser Menschen zu wecken. "Doch Verständnis erfordert in erster Linie Wissen", stellte sie klar. Und dieses beinhalte die Auseinandersetzung mit der Flucht und Vertreibung, die den überwiegenden Teil der Palästinenser zu einem "Volk von Flüchtlingen" gemacht habe. Den Vorwurf der "Geschichtsfälschung" wies sie mit dem Verweis auf internationale Quellen zurück.

Widerstand gegen die Ausstellung hatte sich auch in Hechingen geregt, wo Kritiker erfolglos versucht hatten, deren Absetzung zu erwirken. Wie Besucher der Vernissage berichteten, sei im Rundfunk zu einem Boykott der Schau aufgerufen worden. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft war am Freitag mit einem Informationsstand präsent. In ihrem Schreiben heißt es: "Die ›Nakba‹-Ausstellung stellt die Ursachen und die Verantwortung falsch dar und kommt deshalb zu falschen Schlussfolgerungen."

 Zu sehen ist die "Nakba"-Ausstellung in der Villa Eugenia noch bis zum 14. August, jeweils mittwochs, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Am 4. August findet um 19.30 Uhr eine begleitende Lesung statt.