Es wird etwas fehlen in der Goldschmiedstraße, wenn der Weltladen nicht mehr da ist. Foto: Stopper

Am Samstag macht Einrichtung an der Goldschmiedstraße endgültig zu. Kunden lernten viel.

Hechingen - Sie waren buchstäblich Weltverbesserer: Die vielen Aktivisten, die 28 Jahre lang den Hechinger Weltladen betrieben haben. Am Samstag macht er endgültig zu. "Es ist keine Katastrophe" sagt Sabine Wagner tapfer.

Aber die Traurigkeit ist zu greifen, als sie sich vor wenigen Tagen mit Helga Pooch, einer weiteren Weltladen-Aktivistin, im Laden in einem Fachwerkgebäude an der Goldschmiedstraße trifft. Ihr Blick schweift noch einmal über Hängematten, bunte Taschen, die Menschen auf den Philippinen aus Getränketüten genäht haben, Messing- und Holzschnickschnack aus aller Welt. Kaffee, Tee, Textilien.

Warum die Schließung keine Katastrophe ist? Die Welt hat sich tatsächlich ein Stück weit verbessert, auch durch den Einsatz der Weltläden. Als sie anfingen, dachte im Wirtschaftswunder-Deutschland noch niemand darüber nach, dass in Südamerika Kaffeebauern von Konzernen ausgebeutet werden, "Fair", das Wort gab es damals nur im Sport.

Heute gibt es fair gehandelten Kaffee und andere Produkte sogar bei Discountern. Und wenn auch von Chaotengewalt fast überdeckt – beim G 20-Gipfel setzten sich zigtausende Demonstranten friedlich dafür ein, dass Welthandel nicht nur reichen Staaten Vorteile bringen soll.

Genau für diese Ideen haben die Ladenaktivisten sich über Jahrzehnte eingesetzt. Kaffee aus Burundi haben sie hier verkauft, ein Produkt, das in dem ehemaligen Bürgerkriegsland zumindest einigen Menschen Arbeit und Hoffnung gibt. Ein Idealist aus Stuttgart kam oft mit dem Zug und packte viele Päckchen in seinen Rucksack, um ihn später in seiner Firma im Gemeinschaftsraum anzubieten.

Mit dem Kaffee verbreiteten die Weltladen-Helferinnen auch Informationen. Über die Zustände in den Ländern, aus denen die Produkte stammen. Wer den Verkaufserlös erhält, dass es Genossenschaften gibt, die ihre Waren selbst vermarkten und zumindest einen Teil des Gewinns selbst erhalten, den sonst Konzerne einstecken.

Nicht nur die Kunden haben hier etwas gelernt, auch Generationen von Schülerpraktikanten gingen ein- und aus, halfen für eine Woche im Laden mit, lernten, dass Waren nicht einfach vom Himmel fallen sondern von Menschen irgendwo auf der Welt mühsam hergestellt werden. Helga Pooch wird es warm ums Herz, wenn sie an die jungen Leute denkt, mit denen sie im Gymnasium getrocknete Mangos verkauft hat. Projekte, die Spaß machten. Ob die Ideen, die hier ausgesät wurden, Früchte tragen?

Bei den Helferinnen selbst war das auf jeden Fall so. Helga Pooch und Sabine Wagner wurden von Monika Seelig zum Weltladen gebracht. Ein paar Gespräche nach der Chorprobe, dann waren beide überzeugt, hier nach der Rente noch etwas sinnvolles machen zu können. Die Begeisterung hielt an. Über die Waren, die sie hier anboten, lernten sie viel über die Zusammenhänge in der Welt. Der Austausch untereinander war für alle interessant.

An fehlenden Helfern liegt es nicht, dass der Hechinger Weltladen nun schließen muss. Zuletzt waren immerhin noch 18 Helfer bereit, Ladendienst zu leisten. "Uns hat einfach der Umsatz gefehlt", erzählt Helga Pooch. Discounter verkaufen fair gehandelt Waren. Aber auch die exotischen Gegenstände wie selbst gewebte Hängematten oder selbst geflochtene Körbe, offener Tee und kunsthandwerkliche Figuren gibt es heute an vielen Stellen zu einem viel geringeren Preis. Wie die Sachen hergestellt werden, interessiert dabei niemand mehr. "Die Krimskramsläden haben uns das Wasser abgegraben", vermutet Helga Pooch.

Am Samstag ist von 9.30 bis 12.30 Uhr ist der Laden noch ein letztes Mal geöffnet. Dann endet eine kleine Epoche internationaler Solidarität in Hechingen.