Die in Jungingen aufgewachsene Schauspielerin Juliette Schenkel spielt in der "Golem"-Aufführung in Hechingen mit. Martin Thoms wird hier als Puppenspieler agieren. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder-Bote

"Golem"-Aufführung nutzt vielfältige Theatermittel / Heimspiel für Schauspielerin Juliette Schenkel

Von Klaus Stopper

Hechingen. Ein Urmythos der Menschen erwacht am Wochenende in der Alten Synagoge zum Leben. "Golem", das aus Lehm geschaffene seelen- und willenlose Wesen der jüdischen Mythologie ist hier Thema einer ungewöhnlichen Theaterinszenierung.

Heute, Freitag, und morgen, Samstag, sind jeweils von 20 Uhr an Aufführungen. Wird die aktuelle Auseinandersetzung um den Vortrag von Rolf Verleger, der nicht in der Synagoge stattfinden durfte, Auswirkungen auf die Vorstellung haben? Diese leise Sorge ist den Schauspielern anzumerken. Aber vielleicht ist die Geschichte, die sie erzählen, auch etwas, was die Wogen glätten könnte. Sie handelt von der Grundfrage, was Menschen ausmacht. Und sie wird auf eine Art erzählt, die nicht auf den Intellekt abzielt, sondern über Bilder auf die Gefühlsebene wirkt.

Wie ein Gebüsch ragen auf der Bühne Äste in den gemalten Sternenhimmel der Synagogenkuppel. Einem Segel gleich hängt ein weißes Leintuch im Raum sowie auch Geräte und Schnüre. Als "Stummfilmtheater" beschreibt die Theatergruppe aus Erfurt die Aufführung. Puppenspiel, Körpertheater, Musik, kein Text. "Die Geschichte wirkt sehr über das Gefühl", erklärt Juliette Schenkel.

Für sie ist es ein Heimspiel. In Jungingen aufgewachsen, hat sie 2011 die Schauspielschule in Berlin beendet. Vergangenes Jahr war sie für eine Zusatzausbildung für Körpertheater in Paris. "Dieser jüdische Golem-Mythos war mir am Anfang sehr fremd", räumt sie ein, "aber ich habe bald gemerkt, wie direkt uns das heute noch angeht."

Mythen, die die Erschaffung des Menschen schildern, gibt es überall auf der Welt. Sie berühren immer die Grundfrage, was das Menschsein ausmacht, wie die Mischung aus körperlichem Stoff und Seele zusammengesetzt ist, wie und weshalb eine göttliche Schöpfung fehlerhaft sein kann oder sogar sein soll.

Eine Geschichte aus dem Prager Ghetto

Das ist wohl die Urfrage, die sich hinter den zahlreichen Golem-Mythen verbirgt. Erzählt wird in dem Stück die uralte Version, wie Gott ein Menschenwesen aus Lehm erschafft und ihm Leben einhaucht. Es geht aber auch um die bekannte Geschichte, die vor 300 Jahren im Prager Ghetto spielt, wo ein Rabbi mit kabbalistischem Zauber diesen uralten Mythos wiederbelebt und ein Wesen schafft, dass seine Gemeinde vor Übergriffen schützen soll. Ein weiteres Element des Theaterstücks spielt in der Neuzeit, als in Israel der erste Computer-Großrechner entworfen wurde. "Golem 1" sollte er heißen. Ein seelenloser Diener der Menschen, der abstrakte Programme ausführt und dessen Ergebnisse ohne menschlichen Regungen zustande kommen.

Am Stück wirken ein Geiger, eine Akkordeonspielerin, ein Puppenspieler und eine weitere Schauspielerin mit.