Hans-Jürgen Kleiner vom Kunstverein Hechingen und Wolfgang Schmidt arbeiten auch bei Use your summer in diesem Jahr wieder zusammen. Foto: Ziegler Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunstverein plant bei Use your summer eine Skulptur im Zentrum des Geschehens / Oberfläche wird gestaltet

Hechingen. Kunstverein und Use your summer passt das überhaupt zusammen? Hans-Jürgen Kleiner vom Kunstverein Hechingen und Wolfgang Schmidt, Use your summer, erklären im Gespräch mit dem Schwarzwälder Bote, dass beides zusammen sehr gut geht.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Kleiner: Seit etwa fünf Jahren bringt sich der Kunstverein mit Projekten wie Holz-/Stein-/Drahtskulpturen, Video- und Druckarbeiten ein. So ist es mal mehr, mal weniger gelungen im Austausch mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gemeinsam ein "Kunstwerk" zu schaffen. Immerhin sind heute noch die Spuren im Fürstengarten zu sehen und zu bewundern. Schmidt: Eines der großen Anliegen unseres Spektakels war es immer nicht für, sondern mit den Besuchern ein Programm zu entwickeln. Von der ersten Stunde an haben wir versucht die Hechinger Vereine mit ins Boot zu holen. Der Kunstverein ist sofort aufgesprungen und dabei geblieben. Es ist schön, solche Partner zu haben, die ähnlich ticken.

Was ist in diesem Jahr geplant?

Kleiner: Wir werden eine "unendliche Säule", die in den Himmel ragt, schaffen. Ein vier Meter langer Baumstamm wird mit der Säge als leicht verdrehte Welle im Vorfeld filetiert, um eine natürliche, menschenähnliche Form zu erhalten. Am Samstag, 11. Juli, von 10 Uhr an können dann Kinder, Jugendliche, aber auch erwachsene Besucher mit dem Bildhauereisen die Oberfläche gestalten. Eine bildhauerische Erfahrung wird nicht vorausgesetzt – es geht vielmehr um ein gemeinsames "Werkeln". Am Spätnachmittag stellen wir die Skulptur ins Zentrum des Geschehens, sodass die "unendliche Säule" in den Nachthimmel beim "Langen Tisch" und dem nachfolgenden Konzert wachsen kann. Schmidt: Ich denke, das große Thema dieses Jahres sind die Flüchtlinge. Es ist nicht mehr möglich, hier abgeschottet von der Welt unseren Wohlstand weiter und weiter hochzutreiben, während die Zustände in der südlichen Weltkugel immer dramatischer werden. Die Flüchtlingsströme sollten uns veranlassen, unsere eigene Rolle in dem Weltgeschehen zu hinterfragen. Dies spiegelt sich auch in unserem Programm wieder. Wir wollen all denen eine Bühne geben, die es im Alltag nicht immer einfach haben. Use your summer 2015 beginnt mit dem Sommerfest des Arbeitskreises Asyl und endet mit dem Fest der eritreischen Community und mit anatolischer Folklore, die der alevitische Kulturverein organisiert. Dazwischen gibt es Musik aus Simbabwe und von den Wüstenblumen, einem interkulturellem Bandprojekt, in dem Flüchtlinge aus neun verschiedenen Nationen mitspielen. Um nur einige Programmpunkte zu nennen.

Was verstehen Sie unter Kunst?

Kleiner: Ich denke, Sie meinen Gegenwartskunst. Mein Verständnis von Kunst hat etwas mit Gesellschaft zu tun. Sie sollte neben der Schönheit etwas aussagen über das, zu dem wir nicht so gerne hinschauen. Sie sollte etwas über die Welt, in der wir leben, verraten und etwas aussagen. So sind mir Leute wie Banksy und J.R. näher, als die in der Kunstwelt mit diesen sich oft wiederholenden Ausstellungsritualen, den Auktionen mit horrend erzielten Preisen und einer marktorientierten Kunstproduktion: den "erfolgreichen" Künstlern. Schmidt: Das sehe ich ähnlich! Kunst sollte reflektieren, sich einmischen, vorausgehen, neue Wege suchen. Kunst gehört viel mehr auf die Straße, sie sollte sich aufmachen, die Museen zu verlassen. Insofern ist das Engagement im Fürstengarten für mich vorbildlich. Sie wollen Menschen, die "eher am Rande der Gesellschaft stehen", ins Zentrum des Geschehens holen.

Wen meinen Sie damit und wie wollen Sie das machen?

Kleiner: Ich würde mich freuen, wenn Menschen, ob jung oder alt, unterschiedlicher Herkunft und Schicht, schicksalhaft in Hechingen oder nicht, körperlich oder sozial benachteiligt oder nicht, kunstinteressiert oder nicht, der Einladung folgen, um im Fürstengarten vier Tage gemeinsam zu feiern und sich zu freuen – und vielleicht ihre Alltagssorgen ein wenig vergessen. Schmidt: Manchmal habe ich die Angst, dass unsere Gesellschaft zerfällt. In einzelne Schichten und Milieus, die so gar nichts mehr miteinander zu tun haben. Use your summer soll sie alle wieder näherbringen. Da gab es in den vergangenen Jahren wunderschöne Bilder. Biertische, an denen Väter und Mütter unterschiedlichster Herkunft zusammen mit ihren Kindern gegessen, getrunken und gelacht haben. Nicht zu vergessen natürlich die verschiedenen Workshops für Kinder und Jugendliche, in denen es keine Rolle spielt, ob die Beteiligten aus dem Gymnasium, der Förderschule oder dem Asylbewerberheim kommen. u Die Fragen stellte Gabrielle Ziegler.