Glühwein im Advent, Sekt in der Neujahrsnacht: Alkohol spielt zum Jahresende oft eine gewisse Rolle. Foto: Warnecke Foto: Schwarzwälder-Bote

Freundeskreis Suchtkrankenhilfe wirbt um Rücksichtnahme auf Betroffene

Von Klaus Stopper

Hechingen. Wein zu Weihnachten, Sekt zum Anstoßen in der Neujahrsnacht – Alkohol spielt zum Jahresende hin schon eine gewisse Rolle. "Wenn man da auf Alkoholiker etwas Rücksicht nehmen würde, wäre das schön", meint dazu Paul Stier.

Gemeinsam mit seiner Frau Beate sowie mit Engelbert Mangler und Anselm Schneider leitet er in Hechingen Selbsthilfegruppen des Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe, eine Institution der Diakonie. Dass um Weihnachten oder Neujahr die Rückfallgefahr für trockene Alkoholiker besonders groß wäre, kann er nicht bestätigen. Seine Überzeugung, obwohl er schon über 25 Jahre "trocken" ist: "Dieses Risiko besteht eigentlich immer, das hängt nicht von Zeiten ab."

Rücksicht nehmen aber könnte man in dieser Zeit schon, meint er. Aus purer Höflichkeit. So sollte man grundsätzlich bei privaten Veranstaltungen auch alkoholfreie Getränke bereitstellen und sich nicht lustig machen, wenn jemand "den ganzen Abend nur Sprudel trinkt". Schon gar nicht sollte man jemand aufdringlich zum Mittrinken auffordern. "Wenn mir einer einmal ein alkoholisches Getränk anbietet, antworte ich noch höflich, beim dritten Mal werde ich dann immer sehr deutlich", erklärt Stier.

Es gebe auch viele Leute, "die mögen einfach keinen Alkohol", es gebe aber auch einige, für die Alkohol ein gefährliches Suchtmittel sei. "Wenn alle, die bei uns in der Hechinger Gruppe schon mal dabei waren, sich versammeln würden, dann würde die Stadthalle fast aus den Nähten platzen", verdeutlicht er. Und aus Erfahrung – auch von vielen Schicksalen in der Gruppe der Anonymen Alkoholiker – wisse er, dass immer eine Rückfallgefahr besteht.

Genau deshalb seien auch die Sucht-Selbsthilfegruppen so wichtig. "Wer alleine von seiner Sucht loskommen will, hat eine Erfolgschance von 30 Prozent, mit Gruppe sind es 70 Prozent", erklärt er. Das Zuhören, das Berichten von eigenen Erfahrungen, die Solidarität der Gruppe, "das gibt einem enorm viel Kraft", berichtet Beate Stier. Derzeit kommen etwa 25 Betroffene in die Gruppenstunden.

"Wichtig ist, dass man das Ich in den Mittelpunkt stellt", erklärt Paul Stier. Nicht allgemein herumreden. Das eigene Schicksal, die eigene Verantwortung, die eigenen Entscheidungsmöglichkeiten müsse man sehen. Er helfe Betroffenen schon, wenn diese Rückfälle erleiden, aber nur ein Stück weit. "Ich helfe niemandem, als Alkoholiker zurecht zu kommen, ich helfe dabei, von der Sucht loszukommen", betont er. Die Gruppe sei übrigens nicht nur für Alkoholsüchtige, auch wer beispielsweise unter Spielsucht leide, finde hier ein offenes Ohr. Das Prinzip der Gruppe sei einfach, erklärt Paul Stier: "Zu uns darf jeder kommen, der ohne Sucht leben möchte".