Der Schlagzeuge Günter Baby Sommer und die Lyrikerin Nora Gomringer haben in der Alten Synagoge ihre Künste in einer sehr gelungenen Symbiose präsentiert. Eine Improvisation von Musikkünstler und Wortkünstlerin auf höchstem Niveau. Fotos: Stopper Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Nora Gomringer und Günter Baby Sommer überraschen in Alter Synagoge mit toller Symbiose

Schlagzeug-Beats und feine Lyrik? Passt das zusammen? Überraschend wunderbar – jedenfalls bei Nora Gomringer und Günter Baby Sommer, wie am Samstag in der Alten Synagoge zu erleben war.

Von Klaus Stopper

Hechingen. Bekanntlich gibt es im Hechinger Kunstverein, der Veranstalter des Abends war, einig Umbrüche. Wilfried Schenkel, bisher Cheforganisator im Konzertbereich, zieht sich zurück. Und da betreute er zum Abschluss noch einmal einen kulturellen Glanzpunkt, der die Besucher zutiefst begeisterte.

Dass der Jazz-Schamane Günter Baby Sommer am Schlagzeug für sich schon ein Erlebnis ist, hat er bei mehreren Konzerten in Hechingen schon gezeigt. Ein vollkommen neues, und vielleicht deshalb überwältigendes Element auf der Bühne der Alten Synagoge war Nora Gomringer, immerhin aktuelle Inhaberin des renommierten Bachmann-Preises. Die Frau ist eine Wortwucht, eine sensible, lustige und tiefsinnige Lyrikerin, deren Vortragsstil alleine schon eine Kunst ist. Bereits ihre höchst lebhafte Mimik drückt alles an Emotionen aus, was sich in ihren Texten wiederfindet, und sie kann gurren, blubbern, singen, gleichzeitig mit den Armen wedeln, dann wieder ganz leise werden. Hingerissen hingen alle an ihren Lippen.

Vollkommen begeisternd war aber das Zusammenspiel der beiden. Eigentlich hat Lyrik ja einen eigenen Sprachrhythmus. Hier floss beides in ein Gesamtkunstwerk zusammen, zwei sprühende Künstlerseelen trafen sich hier auf offener Bühne. Fast staunend fixierte Baby Sommer die Lyrikerin, fügte sich in ihre Sätze und Wortgebilde. Mit vor kreativer Abenteuerlust blitzenden Augen beobachtete die Lyrikerin ihren Kompagnon, fügte sich wippend in seine Rhythmen, ließ ihre Verse glitzern und glänzen.

"Ohne Zauber wird das nichts mit der Sprache", hatte sie schon zu Beginn angekündigt. Und diesen Zauber entfaltete sie bei verwinkelten Gedankenspielen über den Klang der deutschen Sprache, in einer feinen Märchenerzählung über die Bremer Stadtmusikanten.

Manchmal wurde sie richtiggehend angetrieben von der "Körper-Jukebox Baby Sommer", wie sie lächelnd erklärte, manchmal aber wurde das Duo auch sehr still, nahm auf ganz eigene Weise Bezug zum Aufführungsort der Alten Synagoge. Fast lustig noch beim Gedicht über Sportstunden von Lyon Feuchtwanger, dann bewegend und suggestiv beim Gedicht, das auf das Wort "Auschwitz" endete.

Seit 2008 arbeiten die beiden Künstler zusammen, und man kann nur hoffen, dass dieses Duo noch lange zusammenwirkt und noch viele Zuhörer glücklich macht.