Vom Auslandpraktikum profitieren beide Seiten, meinen Konstantin Bayer (links) und Stefan Heckhoff. Foto: Handwerkskammer Reutlingen Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausbildung: Auslandspraktikum bietet interessante Einblicke / Eigenständigkeit wird gefördert

Konstantin Bayer aus Hechingen hat vier Wochen in Dublin gelernt: "Vier Wochen mal etwas anders sehen, das fand ich schon spannend", sagt der angehende Kfz-Mechatroniker im zweiten Lehrjahr.

Hechingen. Als ihn Ausbilder Stefan Heckhoff im November auf das Projekt "Go for Europe" des Baden-Württembergischen Handwerkstages hinwies, ging deshalb alles ganz schnell. Einige Tage darauf war das auf Deutsch und Englisch verfasste Bewerbungsschreiben samt Lebenslauf fertig. Die Zusage und die Einladung zu einem Vorbereitungstreffen in Stuttgart folgten wenig später. Ende April war es dann soweit.

Der erste Eindruck war rundum positiv. "Dublin hat eine angenehme und entspannte Atmosphäre", berichtet Bayer. Die fand der 18-Jährige auch in seinem Gastbetrieb vor, den "White Knight Mechanics" im südlichen Teil der Innenstadt. Firmenchef Gavin Haughton und zwei Mitarbeiter reparieren und warten in ihrer freien Werkstatt Fahrzeuge aller Marken und Klassen.

Der erste eigenständig durchgeführte Motorentausch

Allein schon wegen der Vielfalt der Aufträge sei es ein echtes Kontrastprogramm zum Ausbildungsalltag daheim gewesen, meint Bayer. Und noch einen Unterschied stellt der Auszubildende im zweiten Lehrjahr fest: "Ich konnte sehr viel mehr selbst machen, zum Beispiel den Motorentausch bei einem Fahrzeug allein ausführen."

Eigenständigkeit frühzeitig zu fördern, darauf kommt es auch Stefan Heckhoff an, obwohl der Ausbildungsplan ein festes Schema verfolgt. "Die Auszubildenden durchlaufen bei uns alle drei Monate eine Station und werden jeweils durch einen Gesellen betreut. Die selbständige Arbeit ist erst ab dem dritten Lehrjahr vorgesehen", sagt der Kraftfahrzeugtechniker-Meister.

Ein Praktikum sei aber auch ideal, um mit anderen fachlichen Anforderungen in Berührung zu kommen, die sich im eigenen Ausbildungsbetrieb nicht stellen.

Was die technische Ausstattung des Gastbetriebs betrifft, konnte Bayer keine großen Unterschiede zum deutschen Fachbetrieb feststellen. Und auch die Eigenheiten der Fahrzeuge aus dem englischsprachigen Sprachraum, wie die Maßangaben in Inches, sind längst durch internationale Standards abgelöst.

Einen Satz Spezialwerkzeuge habe Firmenchef Haughton dennoch vorrätig, berichtet Bayer. Man könne ja nicht wissen, ob nicht irgendwann doch einmal wieder ein altes Fahrzeug auf der Hebebühne stehe.

Apropos Fahrzeuge in Irland – die seien im Schnitt zwar nicht älter als Deutschland, aber häufiger in schlechterem Zustand. "Der Stellenwert, den das Auto einnimmt, ist nicht so hoch wie bei uns", vermutet Bayer. Womöglich sei der Ire auch in dieser Frage einfach entspannter.

Zeit, um die grüne Insel zu erkunden, war ebenfalls vorhanden, sei es auf Wanderungen im ländlichen Umfeld der Großstadt, auf einem Trip nach Nordirland oder mit dem Bus einmal quer durchs Land zu den Cliffs of Moher, den berühmten Steilklippen an der Westküste. Bayers Fazit fällt knapp aus: "Es hat sich gelohnt."

Er freut sich darüber, dass sein Englisch besser geworden ist und natürlich über die Erfahrungen, die er sowohl fachlich als auch persönlich gemacht hat. Der finanzielle Aufwand sei mit einem Eigenanteil von 550 Euro überschaubar gewesen, zumal der Betrieb etwas "zugeschossen" habe. Alle weiteren Kosten für Reise, Unterbringung, Versicherungen und Sprachkurs wurden durch das EU-Projekt "Erasmus+" abgedeckt.

Das Programm "Go for Europe" ist eine Initiative der baden-württembergischen Wirtschaft. Die organisiert zwei Mal im Jahr vierwöchige Auslandspraktika für Auszubildende aller Branchen. Das Mindestalter beträgt 17 Jahre. Unabhängig vom Alter benötigen alle Teilnehmer die Zustimmung des Ausbildungsbetriebs und der Berufsschule.

Die Praktika werden über das EU-Programm "Erasmus+" gefördert. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.goforeurope.de.