Wie ein Klassiker modern inszeniert werden kann, erlebten die Zuschauer bei "Othello" in der Stadthalle. Foto: Wais Foto: Schwarzwälder-Bote

Modern-pfiffige Inszenierung von "Othello" in der Stadthalle

Von Eberhard Wais

Hechingen. Nein, das Globe Theatre ist das Hechinger Museum nicht, trotzdem vermittelte das Berliner Theater Shakespeare und Partner mit "Othello" ein echtes " Shakespeare-Feeling".

Die Inszenierung des Klassikers durch Markus Weckesser schien zunächst eine Verballhornung der jahrhundertealten Theater-Tradition. Dann aber bestach das Unterhaltsame, Freche, Intuitive. Es wurde eine unverkrampfte, eingängige Inszenierung ohne falschen Klassiker-Pathos.

Das Drama um einen angesehenen "Mohr", Berufssoldat und General im Dienste von Venedig, ist in eine zeitgemäße Sprache übersetzt, die Handlung hält sich weitgehend ans Original, die Bühnenausstattung reduziert sich auf ein großes rotes Tuch mit venezianischem Markus-Löwe.

Dass auch die Frauenrollen von Männern gespielt werden, war zu Shakespeares Zeiten normal. Ebenfalls ganz in der Tradition steht die zumindest anfängliche direkte Ansprache der Zuschauer, von denen allerdings nur etwa 40 den Weg ins Museum gefunden hatten.

Vor ihren Augen spielte sich das Drama um den herrischen Othello ab, dessen Neigung zu rasender Eifersucht der fiese Intrigant Jago für seine Zwecke nutzt. Jago ist ein intelligenter kalter Mörder, der sich seines schlechten Charakters durchaus bewusst ist.

Othello erstickt Desdemona, Jago ersticht Roderigo, Casio ist entehrt, Menschlichkeit bleibt auf der Strecke, Othello begeht Selbstmord. Das alles gespielt in direktem Kontakt zum Publikum, und manchmal auch mit Zeit für Improvisationen, wenn etwa Othello und Jago den Weihnachtsbaum am Bühnenrand begutachten. Pfiff erhält die Inszenierung durch die Zurschaustellung des Schauspiels. Geschminkt wird ganz einfach vor der Bühne, wohin sich die Akteure auch immer wieder zurückziehen.

Hatte mancher Besucher in der Pause noch Zweifel ob des ungewohnten Klassiker-Verschnitts, war die überwiegende Mehrheit am Ende angetan von der Schauspielkunst des Berliner Ensembles und der Wirkmächtigkeit des Shakespearschen Textes um Humanismus, Rassismus und menschliche Abgründe.