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Drei Frauen – Drei Geschichten – Ein Dolmetscher

"Ich bin ein Mensch wie ihr, ich liebe Äpfel" – auf dieses Zitat des ehemaligen lybischen Diktators Gaddafi beruft sich der Titel des Theaterstücks von Theresia Walser, das vom Euro-Studio Landgraf in der Hechinger Stadthalle inszeniert wurde.

Hechingen. Die Besucher in der Stadthalle hatten an diesem Abend die Möglichkeit, Weltpolitik mal aus der Perspektive von Diktatorenfrauen kennenzulernen. Margot Honecker, Leila Ben Ali und Imelda Marcos waren die drei Hauptfiguren der satirischen Aufführung. Die drei Frauen – Gattinnen der ehemaligen Politiker Erich Honecker (DDR), Zine Ben Ali (Tunesien) und Ferdinand Marcos (Philippinen) – treffen sich im Vorfeld einer gemeinsamen Pressekonferenz und kommen miteinander ins Gespräch. Politische und auch sonstige Ansichten treffen krachend aufeinander, mit dem Dolmetscher Gottfried als einziger Instanz, die zwischen den charismatischen Frauen steht. Dieser entwickelt sich mit der Zeit zum Dreh- und Angelpunkt der Konversation – und sorgt mit seiner zum Teil sehr freien Übersetzungen immer wieder für Verwirrung bei den Protagonisten und für Lacher im Publikum.

Zu Beginn des Stücks befinden sich die drei Frauen mithilfe des Dolmetscher in einer Small-Talk-Runde, in der sie Geschichten und Erlebtes austauschen. Auf einer Geburtstagsfeier Stalins habe Frau Margot das erste Mal mit ihrem Mann geschlafen, Frau Imelda erzürnt sich darüber, dass ein Attentäter einmal mit einem alten, rostigen Messer auf sie eingestochen hat, wo sie doch absolut allergisch gegen Hässlichkeit sei. Frau Leila kann es nicht verstehen, dass ihr Mann Zine Ben Ali wegen Verbrechen gegen die Menschheit vor einem holländischen Gericht steht.

Schusssichere Büstenhalter und Freiheitswunsch

Themen wie schussichere Büstenhalter, Opern und der menschliche Wunsch nach Freiheit werden angeregt diskutiert, wobei der Dolmetscher Gottfried bei seinen Übersetzungen immer wieder auch seine eigene Meinung durchblicken lässt – zu Beginn versteckt, gegen Ende immer auffälliger. Vor allem eines haben die drei Frauen trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten gemeinsam: Sie sind voll und ganz von der Politik ihrer Männer überzeugt. "Was kann ich dafür, wenn Leute denken, sie müssten über die Mauer klettern", meinte Margot Honecker auf die Frage des Dolmetschers, ob es ihr nicht leid täte, dass diese Menschen sterben mussten. Und so schweiften die vier Portagonisten von der bevorstehenden Pressekonferenz immer weiter ab, bis zum Schluss Frau Margot für Entsetzen sorgte, als sie eine Urne mit den Überresten ihres Mannes Erich aus ihrer Tasche holt.

Die Darbietung regte das Hechinger Publikum in der Pause und nach dem Stück definitiv zum Nachdenken an. Von allen Seiten waren Gespräche über die ehemalige DDR, die anderen beiden – bei vielen eher unbekannteren – Diktatoren und auch über die aktuelle Weltpolitik zu hören. Für die vielleicht lautesten Lacher des Abend sorgte nicht das satirische Stück, sondern einer der Zuschauer in der Pause. Während der ersten Hälfte der Handlung hatte sich Frau Honecker beschwert, dass für sie keine Cola bereitgestellt worden war. Um ihr diesen Wunsch zu erfüllen, kaufte ein Mann in der Pause eine Cola und platzierte diese vorne auf der Bühne. Ein Spaß, der von den Schauspielern zwar nicht aufgegriffen wurde, aber beim Publikum sehr gut ankam.