In Sachen Briefe und Pakete verschicken bietet Nebenerwerbs-Postler Mike Ludersdorfer am Marktplatz all das, was auch die Poststelle in der Hofgartenstraße im Programm hat. Foto: Stopper

Schließung: Post will in Unterstadt in einem Geschäft Unterschlupf finden. Mitarbeiter werden versetzt.

Hechingen - Schließt das Hechinger Postamt? Überraschende Antwort: Streng genommen gibt es hier schon lange keines mehr. Die Einrichtung in der Hofgartenstraße, die im Mai zu macht, gehört eigentlich der Deutschen Bank.

Die Nachricht, dass die Geschäftsstelle in der Hofgartenstraße zum 31. Mai schließt, hat in Hechingen vor allem die vielen treuen Kunden dieser Einrichtung betroffen gemacht. Das Personal hinter der Schaltertheke, das sich stets engagiert reingehängt hat, um die jeden Tag aufs Neue anbrandende Warteschlange nett und kompetent zu bedienen, ist vielen ans Herz gewachsen.

Die gute Nachricht: "Für alle gibt es Stellen in den anderen Finanzcentern", versichert Iris Laduch-Reichelt, Pressesprecherin der Postbank. Ihr Einsatzort wird aber nicht mehr in Hechingen sein.

Was kaum jemand wusste: Das "Postamt" an der Hofgartenstraße gehörte eigentlich zur Deutschen Bank, auch wenn hier ein Briefkasten vor dem Haus stand und innen Paket- und Briefmarken verkauft wurden. Das war aber eher ein Nebengeschäft, das im Auftrag der Post AG betrieben wurde. In Wirklichkeit war der Betrieb ein "Finanzcenter" der Postbank, die seit 2015 eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Bank ist.

Daraus erklärt sich auch, weshalb die Stelle geschlossen wird, obwohl hier ein hoher Kundenandrang herrschte. Die Leute wollten halt nur Briefe und Pakete aufgeben, "und daran verdient man nicht viel", erklärt Iris Laduch-Reichelt. Das reine Bankgeschäft aber sei an diesem Standort schon lange nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben gewesen.

Brief- und Paketgeschäft erledigt Einzelhandel

Das Geschäft mit dem Verschicken von Briefen und Paketen betreibt die Post mittlerweile fast völlig über Einzelhändler. In Hechingen gibt es viele "Nebenerwerbs-Postler". So verkauft das Reiselädle am Bahnhof im Auftrag der Post Briefmarken. "Regelmäßig, aber nicht jeden Tag", werde diese Dienstleistung verlangt, erklärt Inhaberin Gisela Morlok. Spielwaren Strobel an der Sigmaringer Straße ist ein Paketshop. Hier können Pakete innerhalb von Deutschland verschickt werden. "Das wird sehr gut nachgefragt", sagt Sylvia Strobel. Der zunehmende Online-Handel sei zu spüren. Die Parkplätze vor dem Haus seien ein Aktivposten ihres Geschäfts. Auch im Insider-Sport gibt es eine Paket-Station.

Als Rundum-Postamt präsentiert sich sogar der Tabak- und Zeitschriftenladen am Marktplatz von Mike Ludersdorfer. "Außer Bankdienstleistungen" biete er im Grunde das gleiche wie die Post an der Hofgartenstraße. Briefe nach Timbuktu, ein Paket nach Namibia, "überhaupt kein Problem", versichert er. Es habe etwas gedauert, bis er sich in das Postler-Geschäft eingearbeitet habe, "aber jetzt klappt das einwandfrei." Er habe auch viele Kunden aus der Unterstadt, "denen war es in der Hofgartenstraße zu hektisch." Auch in den beiden Kaufland-Niederlassungen in Hechingen gibt es Postfilialen wie auf dem Marktplatz.

Werden die künftig von den Kunden gestürmt, die bislang der Hofgartenstraße die Treue hielten? Schwer zu sagen. Die Post sucht nach Aussage ihres Pressesprechers derzeit in der Unterstadt ein Geschäft, das in seinem Laden eine Postfiliale eröffnen will. Man sei zuversichtlich, bis 31. Mai einen Ersatz anbieten zu können.

Auch Postbank-Geschäft soll möglich sein

Diese Postfiliale könnte dann wohl auch Bankgeschäfte tätigen, vorausgesetzt, der Geschäftsinhaber möchte das. Und wenn in Hechingen niemand Postbanker werden will? Iris Laduch-Reichelt verweist auf das "hervorragende" Online-Angebot der Postbank. Ob auch das gute alte Postsparbuch durch die Datenleitung passt, wird man sehen müssen.