Klosterleben: Die indische Franziskanerin Schwester Paulina hat das künftige Ordenshaus in Starzeln bezogen

Sie ist 62 Jahre alt, ihr Händedruck ist fest, ihre Stimme klar und ihr Lächeln jung und gewinnend. So, genau so habe ich mir als "Wüschtgläubige", wie mein Schwiegervater mich, das nicht-katholische Familienmitglied einst zu bescherzen pflegte, eine Nonne vorgestellt.

Burladingen-Starzeln. Schwester Paulina ist die erste von jenen Ordensschwestern, die das einstige Schelkle-Haus in der Killertalstraße 29 mit neuem Leben erfüllen sollen. Hier hatte der bedeutende katholische Tübinger Theologe Karl-Hermann Schelkle bis zu seinem Tod 1988 seinen Altersruhesitz, hier lebt seine Erbin und Nachlassverwalterin Evita Koptschalitsch, und hier soll es in kurzer Zeit ein Konvent der indischen Franziskanerinnen der Immaculata geben.

Schwester Paulina mag Tracht tragen, aber darunter steckt so etwas wie eine Vorkämpferin für Frauenrechte. Denn ihr Orden kümmert sich in Indien vor allem um Frauen und junge Mädchen, hat Schulen und Fortbildungsstätten errichtet, sorgt für Witwen die dort nicht erbberechtigt sind, und sie hilft mit Arbeitsplätzen dabei, ihren Kindern ein Auskommen und eine Ausbildung zu geben.

Hier in Deutschland wird das Aufgabenfeld der Schwestern ein anderes sein. Alten- und Krankenpflege. Bereits jetzt arbeitet die tamilische Schwester halbtags im Burladinger Seniorenpflegeheim St. Georg, den Rest der Zeit soll sie, weil sie die erfahrenste unter den Schwestern ist, die anderen einweisen und anleiten. Schwester Christine wird die nächste sein. Sie soll nach den Sommerferien kommen und hat derzeit ihre Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis eingereicht. Selva Judith ist die Dritte, macht gerade ihre letzte Deutschprüfung im Goetheinstitut und soll Anfang nächsten Jahres eintreffen. Zwei weitere Schwestern werden im Juni die zweijährige Ausbildung im Goetheinstitut in Indien beginnen und sollen dann ebenfalls nach Starzeln kommen und von hier aus ihre Arbeit aufnehmen.

Kirchliche Anerkennung

Wenn es drei Schwestern sind, die in dem Haus leben, kann die kirchliche Anerkennung folgen, dann ist es kirchenrechtlich ein Konvent. Über den Witz von den Schwaben, die, sobald sie zu dritt zusammen sind einen Verein gründen, lachen wir beide herzlich. Ich frage Schwester Paulina nach ihrem Werdegang und staune nicht schlecht. Zum einen über ihr schon recht passables Deutsch, zum anderen weil sie als katholische Ordensschwester ganz schön rumgekommen ist in der Welt.

Sie hat Sozialpädagogik studiert, ihr Examen zur Altenpflegerin einst in Schüttenwald in Offenburg gemacht und dort neun Jahre gearbeitet, war danach Bischofssekretärin in Papua-Neuguinea und dann in Italien in der Altenbetreuung tätig. Ja, die Franziskanerin ist weit davon entfernt sich hinter Klostermauern zu verstecken. Sie scheint stattdessen der Welt ganz zugewandt.

In ihrem Gebetbuch kennt sie sich genauso so gut aus, wie mit den Tasten ihres Smartphones, mit Whatsapp und Skype. Sie freut sich über den WLAN-Anschluss im einstigen Schelkle-Haus. "Ich habe ja noch leibliche Geschwister in Indien, mit denen ich gerne mal spreche", erzählt sie mir und auch, dass sie mit den anderen Ordensschwestern, die ihr folgen werden und die sie aus dem Mutterhaus im indischen Bundesstaat Tamil Nadu schon kennt, in regem Kontakt steht. Dort hat die katholische Kirche noch keine Personalprobleme, es gibt viele Schwestern, viele Priester – in Europa ist das längst anders. Es herrscht Nachwuchsmangel.

Noch ist manches provisorisch in dem großen Haus mit den vielen Zimmern. Um zu sparen, heizen die beiden Frauen nur jene Räume, in denen sie sich aufhalten. Aber auf dem Dachboden, der viele Jahre Abstellkammer war, soll eine kleine Kapelle für die Nonnen entstehen. Die Zellen der Schwestern sollen nach und nach eingerichtet werden und bereits jetzt betet Schwester Paulina zusammen mit Evita Koptschalitsch jeden Morgen gemeinsam die viertelstündige Laudes.

Wer hilft beim Renovieren?

Über Hilfe beim Renovieren und Anstreichen der Zimmer, würden sich die beiden Frauen freuen, sagen sie. "Vielleicht ein Rentner, der uns ein bisschen unter die Arme greift, wenn es ums Handwerkliche geht", hofft Evita Koptschalitsch. Und der bekommt für seine Hilfe vielleicht auch eine warme Mahlzeit. Denn, so verrät mir Schwester Paulina, mittlerweile fast ein Fan der deutschen Küche: "Frau Koptschalitsch kocht fantastisch."